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Quelle: dpa/Hase

Beschäftigte in Supermärkten

Corona-Dankeschön kommt oft als Rabatt - anstatt Cash

Supermarktmitarbeiter halten in der Corona-Krise den Laden am Laufen und bekamen dafür viel Lob und Anerkennung. Doch das konkrete finanzielle Dankeschön, das manche nun bekommen, stößt auf Kritik, auch bei der Gewerkschaft Verdi. Von Efthymis Angeloudis

Supermarkt-Mitarbeiter leisteten und leisten während der Corona-Krise Überstunden und Sonderschichten, teils bis an ihre Grenzen. Egal ob beim Kassieren oder beim Auffüllen der Regale sorgten sie - trotz Infektionsgefahr - dafür, dass sich die Kundschaft reichlich mit Pasta, Seife und Toilettenpapier eindecken konnte.

Für ihre Arbeit gab es selbst von der Bundeskanzlerin Lob: "Lassen Sie mich auch hier Dank aussprechen an Menschen, denen zu selten gedankt wird. Wer in diesen Tagen an einer Supermarktkasse sitzt oder Regale befüllt, der macht einen der schwersten Jobs, die es zurzeit gibt. Danke, dass Sie da sind für ihre Mitbürger und buchstäblich den Laden am Laufen halten", sagte Angela Merkel (CDU) in ihrer TV-Ansprache am 18. März 2020 [tagesschau.de].

Doch von Lob allein kann man nicht leben. Während der Umsatz von Supermärkten im Vergleich zum März 2019 um 13,2 Prozent gestiegen ist [handelsblatt.de], landete bis jetzt wenig davon bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Läden. Supermarktketten und Discounter versprachen deshalb den Beschäftigten ein finanzielles Dankeschön.

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Einkaufsrabatt statt Corona-Zuschlag

Einige Wochen später, bereits nach den ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen, nimmt das Versprechen Form an - führt nach Informationen von rbb|24 aber auch teilweise zu Enttäuschung bei Betroffenen.

So bietet der Discounter Netto Mitarbeitern bis zum 14. Juni als Zeichen der "Wertschätzung" einen Einkaufsrabatt von 20 Prozent bei Einkäufen an. Wie der rbb von Betroffenen erfuhr, soll dieser Rabatt auf einen Einkaufswert bis zu 600 Euro gewährt werden - das wäre umgerechnet ein Betrag von 120 Euro. Auf Anfrage von rbb|24 teilte ein Sprecherin von Netto mit, der 20-prozentige Rabatt solle bis 1.000 Euro Einkaufswert gelten.

Verdi: "Netto sollte sich schämen"

Gegenüber dem rbb und in sozialen Medien äußerten sich Mitarbeiter jedoch kritisch. Von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi heißt es, dass Netto sich "schämen sollte". "Wenn man den Gutschein über 600 Euro einlöst, ist man gerade bei 120 Euro Prämie, aber auch dann stellt sich die Frage: Wer kauft denn bitteschön in knapp über einem Monat für 600 Euro Lebensmittel bei Netto", sagte Erika Ritter, Sachbereichsleiterin Handel für Verdi in Berlin und Brandenburg, dem rbb.

Grundsätzlich sei die materielle Anerkennung für systemrelevante Berufe wichtig, betonte Ritter. Die Form allerdings sei "entwicklungsbedürftig". "Die Kollegen im Einzelhandel müssen ihre Haut tagtäglich zum Markte tragen und sind den Auswirkungen der Pandemie besonders ausgesetzt." Die Bundesregierung habe allen systemrelevanten Berufen steuerfreie Prämien in Höhe von 1.500 Euro ermöglicht. "Man könnte den Mitarbeitern Geld in die Hand geben. Damit könnten sie mehr anfangen", fügte Ritter hinzu. "Jetzt machen die Ketten das mit Gutscheinen. Das begünstigt natürlich zuerst die Unternehmen selber, die damit Umsätze machen."

Auch Bargeldzuschüsse wären steuerfrei

Nicht nur Netto hat sich entschieden Corona-Prämien als Gutscheine auszuschütten. Auch Lidl und Kaufland belohnen ihre rund 140.000 Beschäftigte für ihren Einsatz in der Corona-Krise mit einem Warengutschein: in Höhe von 250 Euro, wie eine Sprecherin von Lidl dem rbb mitteilte. Insgesamt sollen die beiden Tochtergesellschaften der Schwarz-Gruppe rund 35 Millionen Euro für diese Maßnahme bereitgestellt haben.

Auch Rewe und Penny haben einen Danke-Bonus als Guthaben auf die Mitarbeiterkarten ihrer Arbeitnehmer gebucht. Die Konzerne würden auf diese Art 20 Millionen Euro ausschütten. In welcher Höhe die Prämie an jeden einzelnen geht, teilte die Rewe Group auf Anfrage nicht mit. Die Auszahlung als Guthaben auf der Mitarbeiterkarte habe den Vorteil, dass der Betrag den Beschäftigten praktisch als Netto-Zahlung zugutekomme, sagte ein Sprecher dem rbb. Dabei sind Corona-Sonderzahlungen laut einem Erlass des Bundesfinanzministeriums auch in Form von Bargeldzuschüssen bis Ende 2020 steuerfrei - netto wären sie also so oder so.  

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Verdi: "Den Supermarktketten den Spiegel vorhalten"

"Wir haben im Einzelhandel Prämien zwischen 100 und 300 Euro", sagt Verdi-Funktionärin Ritter. Im Vergleich zu den Umsätzen der Supermärkte, die bei über 50 Prozent ihrer normalen Umsätze liegen sollen, sei das zu wenig. "Drei Mal 500 Euro hätte ich für angemessen gehalten." Das entspreche sowohl der steuerfreien Prämie, die die Bundesregierung angekündigt habe, als auch der Forderung, die Verdi erarbeitet habe.

Im Moment hat die Gewerkschaft jedoch keine Möglichkeit, Druck auf die Supermarktketten zu machen. Die Tarifverträge im Handel gelten noch bis nächstes Jahr. Bis dann herrsche Friedenspflicht, sagte die Sachbereichsleiterin. "Das einzige, was wir machen können, ist Öffentlichkeit zu schaffen, den Ketten den Spiegel vorzuhalten, um ihnen zu zeigen, wie knauserig sie sind."

Beitrag von Efthymis Angeloudis

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