Steigender Energiebedarf - Stromnetz Berlin schließt Lage wie in Oranienburg aus

Mi 17.04.24 | 17:46 Uhr
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Archivbild: Hochspannungsmast mit Freileitung in Berlin am 11.08.2023. (Quelle: dpa/Jürgen Heinrich)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.04.2024 | Carsten Krippahl | Bild: dpa/Jürgen Heinrich

Oranienburg wächst so schnell, dass die Stadwerke nicht mit den Stromanschlüssen hinterher kommen. Die Berliner Stadtwerke bezeichnen solche Engpässe für die Hauptstadt als unrealistisch.

Nach dem Engpass im Stromnetz der Stadt Oranienburg (Oberhavel) hat Stromnetz Berlin eine solche Situation für die Hauptstadt ausgeschlossen. Das Unternehmen analysiere seit Jahren einmal jährlich detailliert den Netzausbaubedarf. "Wir machen dabei verschiedene Simulationen, wie sich die Kunden verhalten könnten. Diese Simulationen führen dazu, dass wir für jedes einzelne Betriebsmittel wissen, wie stark deren Belastung wäre", sagte Stromnetz-Geschäftsführer Erik Landeck am Mittwoch in Berlin. "Dass wir da überrascht werden von den Entwicklungen, halte ich nicht für realistisch."

Archivbild: Der Chef von Stromnetz Berlin Erik Landeck in Interview in Berlin am 26. Januar 2023.(Quelle: IMAGO/Emmanuele Contini)
Stromnetz-Geschäftsführer Erik Landeck | Bild: IMAGO/Emmanuele Contini

Stromnetz in Berlin muss deutlich wachsen

In Oranienburg gibt es laut der Stadt Kapazitätsengpässe im Hochspannungsnetz der Stadtwerke, so dass keine neuen Anschlüsse mehr genehmigt werden. Weitere Wärmepumpen und E-Ladesäulen sind nicht mehr möglich, auch neue Gewerbe- und Industrieflächen können derzeit nicht mit Strom beliefert werden. Nach Angaben der Stadt stieg der Strombedarf zuletzt unter anderem wegen Unternehmensansiedlungen, Zuzug und einem verstärkten Einbau von Wärmepumpen.

Um einen Engpass in der Hauptstadt zu vermeiden, muss das Stromnetz in Berlin in den kommenden Jahren deutlich wachsen. Derzeit liegt die Höchstlast bei 2,2 Gigawatt. Bis 2033 soll sie auf 4,1 Gigawatt steigen - womöglich ist sogar ein noch größerer Bedarf nötig. Unter anderem die Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung, mehr E-Mobilität und die fortschreitende Digitalisierung sorgen stetig dafür, dass mehr Strom gebraucht und durch die Netze übertragen wird.

500 zusätzliche Kilometer Hochspannungskabel vorgesehen

"Ein Rechenzentrum, das heutzutage angeschlossen wird, hat eine Leistung von 90 bis 120 Megawatt. Das ist einmal Potsdam", sagte Landeck zur Verdeutlichung des künftigen Bedarfs. Im Augenblick warteten 26 Rechenzentren darauf, von Stromnetz Berlin ein Angebot zu bekommen oder angeschlossen zu werden. Großer Bedarf entstehe auch durch die Fernwärme, die künftig in Landeshand liegt und dekarbonisiert werden soll.

Um auch in Zukunft die Nachfrage nach Strom bewältigen zu können, brauche es mehr Kabel, mehr Transformatoren und mehr Umspannwerke - "und das auch noch schneller, als wir es bisher geschafft haben", sagte Landeck. In den aktuellen Planungen bis 2033 sind 29 neue Umspannwerke und circa 500 zusätzliche Kilometer Hochspannungskabel vorgesehen. "Zurzeit haben wir weniger als 1.000 Kilometer", sagte Landeck zur Einordnung.

Grüne: Bauordnung der Stadt behindert Energiewende

Derweil kritisierten die Grünen den Senat für seine Energiepolitik. "Trotz frühzeitiger Hinweise hatte die Koalition es zunächst versäumt, die notwendigen Mitteln für den Ausbau des Stromnetzes bereitzustellen. Erst auf Druck von uns Grünen wurde dies zum Glück im Nachtragshaushalt korrigiert", sagte Stefan Taschner, energiepolitischen Sprecher. Es bleibe noch viel zu tun. "Bestehende Hindernisse wie zum Beispiel in der Bauordnung bezüglich Mindestabstände für Solaranlagen müssen korrigiert werden. Auch bei Balkonkraftwerken werden den Mieterinnen und Mietern immer noch viel zu viele Steine in den Weg gelegt, auch von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.04.2024, 19:30 Uhr

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26 Kommentare

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  1. 26.

    Sie wissen wo die Eigentumsgrenze zum Netzbetreiber verläuft und wofür Eigentümer einer Immobilie zuständig sind?
    Als Hauseigentümer wären Sie bzw. Ihre Großeltern in der Pflicht sich um einen neuen eigenen von den Nachbarn unabhängigen Hausanschluss zu kümmern, wenn Ihnen der jetzige Zustand nicht ausreicht oder gefällt. Der Netzbetreiber lässt das dann sicher gerne aber auch nicht umsonst bauen.
    Warum sollte der Netzbetreiber die elektrische Anlage hinter einem HA prüfen? Dass da mehrere WE dranhängen, spielt keine Rolle. In einem Mehrfamilienhaus gehört dem Hauseigentümer auch das Kabel ab HA-Kasten und natürlich auch der Zählerschrank. Ähnliche Konstellation dürfte das in einem historischen Häuserreihe sein, die man offensichtlich seinerzeit sparsam erschlossen hat.

  2. 25.

    "Das das ganze klimatechnisch vorteilhaft ist, kommt noch oben drauf." Da irren Sie. Prof. Dr. Gerd Ganteför erklärt, warum die Wärmepumpe NICHT klimafreundlicher ist als die Gasheizung, die er nach dem GEG herausreißen soll. Und weshalb der zweite "Lebensast" des Habeck-GEG, die Fernwärme, CO2 einsparen soll, habe ich bisher überhaupt noch nicht verstanden.

  3. 24.

    Haben Sie sich den Artikel über Oranienburg durch gelesen?
    Die Stadt hat sich seit 2000 nahezu verdoppelt. Die Wärmepumpen in Oranienburg beheizen also vorrangig neugebaute Häuser und arbeiten dort hocheffizient.
    Das man alles mögliche elektrifizieren sollte, wusste schon Lenin und ist keine Erfindung von Hr. Habeck sondern einfach dem geschuldet, dass ein brennstoffarmes Land so wenig bzw. so effizient wie möglich mit seiner Primärenergie umgehen muss. Und da ist die Elektroenergie nunmal unschlagbar.
    Wärmepumpe und E-Auto können zumindest perspektivisch mit nahezu 100% einheimischer Primärenergie versorgt werden. Gas und Öl haben wir bei weitem nicht ausreichend bzw. sind von schwierigen Partnern abhängig.
    Sonne, Wind und deren abgewandelte Formen (Wasserkraft, Biomasse) in Summe haben wir mehr als ausreichend.
    Das das ganze klimatechnisch vorteilhaft ist, kommt noch oben drauf.

  4. 23.

    Der regionale Netzbetreiber kann Stadtwerke nur beraten, auf bestehende oder drohende Probleme hinweisen. Die Entscheidungen, was, wann und wie gebaut wird, werden bei den Stadtwerken getroffen. So ist einfach die Struktur. Die sind selbständig in ihrem handeln, denen kann und darf niemand hineinreden. Und wer nicht hören will, muß fühlen.

  5. 22.

    Die Probleme, mit denen zur Zeit Oranienburg kämpft, resultieren aus mangelnder Versorgungsinfrastruktur, um die hohen elektrischen Leistungen an den Endverbraucher zu bringen. Die hohen elektrischen Leistungen werden von der sogenannten Energiewende benötigt. Man stellt mit Schrecken fest, dass die übliche Luft- Wasserwärmepumpe einen relativ bescheidene thermodynamischen Hebefaktor liefert und nur dann einigermaßen Wärmeenergie aus der Luft hoch pumpt, wenn es nicht so kalt ist. Denn die Luft-Wasserwärmepumpe ist die einzige, die für Ottonormalverbraucher laut Habeck GEG noch zulässig und bezahlbar ist, aber sie ist thermodynamisch auch die schlechteste Wärmepumpe. Sie wird bei höheren Vorlauftemperaturen, die über "pumpslau" hinaus gehen zu einem richtigen Stromfresser. Wenn dann noch durch die "Energiewende" weitere hohe elektrische Verbraucher, wie etwa Auto-Ladestationen versorgt erden müssen, treten halt solche Effekte wie in Oranienburg auf.

  6. 21.

    Wollte man Fernwärme "dekarbonisieren", ginge das über Grünen Wasserstoff. Allerdings wäre diese Energie für Heizzwecke unbezahlbar. So wird es dabeibleiben. Fernwärme ist nur wirtschaftlich, wenn industrielle Abwärme zur Verfügung steht, die ansonsten ungenutzt bliebe. Niemand wärmt teuer zentral heißes Wasser bis zu hundert Grad auf, um es über lange und damit auch verlustreiche Warmwasserleitungen an den Endverbraucher zu bringen.

  7. 20.

    typisch berlin. den mund wieder voll nehmen ....und dann...dieses (stromausfall) haben wur nicht voraus gesehen, wir bitten um Verständnis....

  8. 19.

    Dass es nach der langen und zähen Energie-Debatte, in der die interessierte Bevölkerung bspw. den Unterschied zwischen Grundlast und Spitzenlast gelernt hat... dass es da immernoch Kommentatoren gibt, die im Fall Oranienburg jetzt dem Bundeswirtschaftminister die Schuld geben, lässt mich fassungslos zurück.
    Da könnte man 20 Atomkraftwerke in Brandenburg bauen, aber im Neubaugebiet von Oranienburg kommt trotzdem kein Strom an, wenn die Stadtwerke ihren Job nicht machen.
    Wenn man sich eine Gasheizung einbaut, und die nicht warm wird, weil keine Gasleitung verlegt wurde, dann ist der Grund ja auch nicht, dass der Russe kein Gas mehr liefert.

  9. 18.

    Grüne Energiewende hin und her hier ist eindeutig die Kommune dran wissen seit Jahren das mehr Zuzug kommt und die Infrastruktur der Stromleitungen werden nicht beachtet .Was macht eigentlich der regionale Netzbetreiber nur Netzentgelte kassieren für die Aktionäre etc. da scheinen ja auch Helden zu sitzen mit dickem Gehalt.

  10. 16.

    An Speicherbatterien ist keiner interessiert.
    Dann fließt weniger Geld in die Kassen

  11. 15.

    Nichts funktioniert richtig, aber immerhin das Stromnetz :)
    Dit is Berlin.

  12. 14.

    "Und woher kommt der Strom?"

    Meinen Sie den Ort oder wie der Strom hergestellt wird? Es konkret zu benennen wird für beides schwierig sein, aber vereinfacht dürften Brandenburg und Wind, Kohle, Solar die Antworten sein.

  13. 13.

    ...sollen die jetzt schreiben: " ...erwägt auch Ausfall wie in Oranienburg "?.....ok' Berlin hat ja solche eine Selbststellerart, neben der Selbstdarstellerart...lustig

  14. 12.

    Wir reden in ein paar Jahren wieder. Bei den langen Planungs- und Ausbauzeiten des Netzes und dem steigenden Bedarfen auf Grund Wachstum kann ich mir durchaus vorstellen das auch in Berlin irgendwann Strom fehlt ... aber wir haben dann ja die Berliner die wieder am Verbrauch sparen, sparen und sparen (wir sind ja solidarisch) um allem gerecht zu werden.

  15. 11.

    Glauben Sie ernsthaft, dass Habeck dafür verantwortlich, dass seit Jahren allein schon das Bevölkerungswachstum von den Stadtwerken Oranienburg ignoriert worden ist? Wissen Sie wirklich nicht, dass Habeck und die Grünen gar nicht im Bund regiert hat, als 2011 der Atomausstieg vorgezogen worden ist?

  16. 10.

    @rbb "Oranienburg wächst so schnell, dass..." klingt so als wäre das nicht einfach ein katastrophaler Planungsfehler der Oranienburger Stadtwerke gewesen. Seit 2005 ist Oranienburg etwa ein Prozent pro Jahr gewachsen. Das ist jetzt kein Hexenwerk sowas in der Stromnetzplanung zu beachten.

  17. 9.

    Wenn Sie die Nachrichten verfolgen, werden Sie wahrscheinlich schon von der "Energiewende" gehört haben. Dabei ist der Plan im großen Stil Wind- und Solarenergie auszubauen und dann mit Hilfe von Batterien und bei Stromüberschuss erzeugtem Wasserstoff die fossilen Energieträger abzulösen.

  18. 8.

    Und woher kommt das Geld? Für Berlin werden 2 Mrd. Euro veranschlagt, für Deutschland 350-500 Mrd. Sondervermögen ick hör' dir trapsen...

  19. 7.

    "Grüne: Bauordnung der Stadt behindert Energiewende"
    Genau ... Solarfelder auf Stelzen am Tempelhofer Feld. Oben Stromerzeugung, unten Schatten zum grillen und dem Wind steht auch nichts im Weg.

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