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Audio: Inforadio | 18.05.2020 | Magdalena Bienert | Quelle: imago images/Emmanuele Contini

Corona-Lockerungen

So könnte der Club-Sommer in Berlin werden

Mit den zunehmenden Lockerungen bei den Corona-Beschränkungen haben auch ein paar wenige Clubs erstmals wieder ihre Außenanlagen geöffnet. Doch die Szene steht nach wie vor still. Kreativität ist nun gefragt. Von Magdalena Bienert 

Die Berliner Clubs wurden mit als Erstes geschlossen und werden nun vermutlich die Letzten sein, die wieder geöffnet werden. An wohl keinem anderen Ort sind Virus-Übertragungen naheliegender als dort - und Clubs zählten in Berlin auch zu den ersten bekannten Orten, an dem sich das neuartige Coronavirus verbreitete.

Zumindest die schwitzigen Indoor-Veranstaltungen wird es noch längere Zeit nicht geben. "Durch die schrittweisen Lockerungen der Begegnungsverbote ergeben sich auch Möglichkeiten für die Außenbereiche der Clubs", sagt nun aber Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission, dem Sprachrohr der Clubszene.

Die aktuellen Lockerungen seien auch kein Grund zum Aufatmen. Die Situation der Berliners Clubs ist immer noch sehr prekär und angespannt. "Auch wenn die Soforthilfe-Programme uns ein bisschen Luft verschafft haben, ist es so, dass wir keine Planungssicherheit haben und gerade auch mit den Festivals die Letzten sein werden, die wieder öffnen dürfen, beziehungsweise durchgeführt werden können", so Leichsenring.

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Viele Festivals im Spätsommer sind noch nicht offiziell abgesagt. Ein Schwebezustand, den der diffuse Begriff der untersagten "Großveranstaltungen" hervorruft und die Veranstalter verunsichert. Nur, wenn es ein amtliches Verbot gibt, sind die Macher nicht regresspflichtig gegenüber den gebuchten Künstlern und Dienstleistern.

Am Wochenende haben einige wenige Clubs, die über einen Open-Air-Bereich verfügen, erstmals wieder aufgemacht. Im "Birgit und Bier" in Kreuzberg, im "Sisyphos" oder in der "Rummelsbucht" gab es maskierte Kellner, die Drinks, und Pizza servierten, dazu Musik vom DJ. Offiziell dürfen nicht  mehr als zwei Haushalte an einem Tisch sitzen und zur Party darf das Ganze natürlich auch nicht ausarten. Ein kurzer Blick durch die eigene Timeline in den sozialen Netzwerken zeigt sofort: Nicht alle halten sich daran - Gruppenfotos, Wange an Wange.

"Wir werden es überleben"

Sage-Club-Betreiber Sascha Disselkamp hatte Anfang Mai schnell reagiert und auf dem Gelände des Sage-Restaurants in Kreuzberg eine Drive-in-Erlebnis-Gastronomie geschaffen. Bei der "Food Safari" geht es zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto, vorbei an Feuershow und Skulpturen hin zum Take-away-Essen. Das soll auch erstmal so bleiben.

Trotz der Lockerungen in der Gastronomie will Disselkamp das Sage-Restaurant aktuell nicht komplett öffnen. "Wir lassen es zu, weil wir finden, dass es mit den Abstandsregelungen im Restaurant nicht so wirklich toll sein wird. Wir haben den Luxus, dass wir an der Spree liegen und hier einen großen Strand haben." Der wird nun zu einer Art Strandbar: Besucher können ihre Füße im Sand eingraben und unter Palmen sitzend, Pizza, Gegrilltes und Getränke zu Musik von DJs genießen.

Wer jetzt Besitzer eines Stadtstrands ist, ist klar im Vorteil. "So werden wir unseren Sommer verbringen, weil wir sehen, dass wir keine Open Airs, keine Club-Öffnungen und großen Veranstaltungen haben werden. Und auch, wenn die Zeichen für die Club-Landschaft gerade nicht gut stehen – wir werden es überleben", sagt Sascha Disselkamp.

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Das wird nicht jeder Club-Betreiber behaupten können. Nur wer über genügend Außenfläche verfügt, könnte den Sommer über ein Programm auf die Beine stellen. Und auch das hängt in den Bezirken von der Gunst des jeweiligen Amtes ab.

Und: Nicht für jeden rechnet sich das unsichere Biergarten-Konzept. Das "Yaam" am Ostbahnhof beispielsweise mit gut 5.000 Quadratmetern Außenfläche könne sich eine Öffnung gerade nicht leisten, erzählt Lutz Leichsenring, denn das würde bedeuten, die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen und die gestundete Miete zurückzahlen zu müssen – ohne zu wissen, ob diese Kosten auch wirklich eingespielt werden.

Gästeerfassung muss kommen

Um mehr Spielräume eingeräumt zu bekommen, überlegt man in der Szene,  wie Gäste zukünftig am besten erfasst werden können. Laut Leichsenring könnte das über Ticketing-Systeme geschehen. Selbst wenn das Event kostenlos ist, muss man sich vorab online ein Ticket ausstellen lassen. Oder, datenschutzrechtlich sicherer als manche Papierlisten in Restaurants, könnten sich Besucher per QR-Code selbst vor Ort einchecken. Die Daten können verschlüsselt direkt ans Gesundheitsamt geschickt werden. Damit wäre die Kontaktmöglichkeit gewährleistet,  sollten sich herausstellen, dass infizierte Personen zur gleichen Zeit im Biergarten-Club waren.

"Auf jeden Fall ist jetzt Kreativität gefragt", meint Leichsenring und sagt etwas, dass man in dieser Zeit nicht allzu häufig hört: "Insgesamt fühlen wir uns doch gut abgeholt von der Politik, man nimmt wahr, dass wir in einer sehr schwierigen Situation sind, wahrscheinlich der schwierigsten für die Kulturlandschaft seit dem 2. Weltkrieg." Dennoch sind alle Club-Betreiberinnen und -Betreiber gewillt, ihren Beitrag dazu zu leisten, um die Ausbreitung des Virus weiter zu verhindern. "Aber gleichzeitig brauchen wir auch die Solidarität der Gesellschaft."

Sendung: Inforadio, 18.05.2020, 07:55 Uhr

Beitrag von Magdalena Bienert

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