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Audio: Inforadio | 05.11.2020 | Sebastian Schöbel | Quelle: Tegel Projekt GmbH/gmp Architekten

Zukunft des Flughafens Tegel

Das Hochschul-Hexagon in der "Stadt der Zukunft"

Kaum jemand freut sich über die Schließung des Flughafens Tegel so sehr, wie die Beuth-Hochschule: Denn sie soll ins berühmte Terminal A einziehen, sozusagen als akademisches Juwel in Berlins neuestem Stadtquartier. Nun ist es soweit. Von Sebastian Schöbel

Werner Ullmann macht nicht den Eindruck, ein besonders ungeduldiger Mensch zu sein. Aber die acht Jahre, die seine Beuth-Hochschule nun schon auf die Schließung des Flughafens Tegel wartet, haben Spuren hinterlassen: Denn das Terminal A als neuer Campus-Standort werde dringend gebraucht, sagt der Hochschul-Präsident. "Das kann man sich als Außenstehender vielleicht gar nicht vorstellen: Wir haben 26.000 Quadratmeter zu wenig Fläche, und das zieht sich seit 2010, 2012 hin. Wir leben mit Behelfsmöglichkeiten, mit angemieteten Flächen, mit Laboren, die kaum betriebsfähig sind."

Hochschule als Kern der "Urban Tech Republic"

Zumal die Beuth-Hochschule als neuer Nutzer des berühmten Terminal A ein zentrales Element der neuen "Urban Tech Republic" werden soll: als akademischer Anker in Berlins neuestem Stadtquartier. Die Forschungsgebiete, die nach Tegel ziehen sollen, habe man passend dazu ausgesucht, sagt Ullmann. "Urbane Technologien: Architektur für die Stadt der Zukunft, Heizungs-Klima-Lüftungstechnik, Mobilität, erneuerbare Energie, alles was mit Ressourcen zu tun hat." Und Gartenbauliche Phytotechnologie, eine Mischung aus Biologie, Mathematik und Betriebswirtschaftslehre, bei der es unter anderem um neuartige Anbaumethoden in der Stadt geht. "Wir haben da ganz hervorragende Kompetenzen", so Ullmann.

Insgesamt zwölf Studiengänge, darunter auch Maschinenbau und Elektrotechnik, das Gründerzentrum der Beuth-Hochschule, sowie rund 2.500 Studienplätze werden nach Tegel ziehen. Um sie herum soll das vielleicht größte Labor des Landes entstehen: eine vernetzte "Smart City" mit Sensoren in den Straßen, Teststrecken für moderne Fortbewegungsmittel, dazu großzügige Parkanlagen, modernste Energieversorgungssysteme sowie ein Industrie- und Gewerbepark, in dem laut den Hochglanzbroschüren nur Unternehmen Platz finden, die sich der "Stadt der Zukunft" verschrieben haben. "Wer nicht ins Profil passt, hat schlechte Karten", heißt es.

Allerdings wird die Beuth-Hochschule nicht so bald umziehen, sagt Philipp Bouteiller. Er ist Chef der Tegel Projekt GmbH, die die Nachnutzung des Flughafens organisiert. Erst einmal müsse das Terminal A komplett umgebaut werden. "Wir rechnen mit einem Abschluss 2026, so dass die Hochschule 2027 einziehen könnte."

Baubeginn: 2022

Beuth-Präsident Ullmann rechnet sogar erst mit einem Umzug im Jahr 2028. "Wir haben noch eine weite Durststrecke vor uns." Denn das Terminal A müsse umfassend saniert und zum Teil zurück- oder umgebaut werden. Wo früher Reisende auf ihre Flieger warteten oder Duty-Free-Shops waren, soll künftig in High-Tech-Laboren geforscht werden. Die Substanz des Terminals sei jedoch "bis an die Schmerzgrenze ausgereizt worden", sagt Ullmann, der TXL habe länger durchgehalten und mehr geleistet als je geplant war. Dennoch ist die Freude auf das einmalige Hexagon-Gebäude groß. "Das gibt es, glaube ich, nirgendwo nochmal so."

Bekannte Teile der Inneneinrichtung, zum Beispiel die Gate-Beschilderung oder der große Fallblattanzeiger für ankommende und abfliegende Maschinen, sollen in den späteren Hochschulbetrieb integriert werden, sagt Philipp Bouteiller.

Richtig gebaut wird voraussichtlich erst ab 2022 - und zwar zunächst nicht im, sondern vor dem Terminal A: Dann wird nämlich die Zufahrt geöffnet, um Bauabschnitt 1 westlich vom Hexagon vorzubereiten. Parallel sollen die Bauarbeiten für das Schumacher-Quartier im Osten des Flughafengeländes beginnen. Es wird das weltweit größte Stadtquartier in Holzbauweise sein - und zugleich Anschauungsobjekt für die Werkstoffspezialisten der Beuth-Hochschule.

Bis zu dreißig Jahre Bauzeit

Bis die "Urban Tech Republic" fertig ist, wird es allerdings dauern, sagt Bouteiller. "Für die wesentlichen Baumaßnahmen rechnen wir mit 20 bis 30 Jahren." Grund seien Unsicherheitsfaktoren jenseits der Baustelle: Vor allem die konjunkturelle Lage spiele eine Rolle. Wirklich fertig sei man aber ohnehin nie, sagt Bouteiller, nicht bei so einem Projekt. "Wir bebauen kein Eckgrundstück, sondern eine ganze Stadt."

Bis zu acht Milliarden Euro werde in die "Urban Tech Republic" wohl gesteckt, rechnet Bouteiller vor, aus öffentlichen und privaten Mitteln. Doch das sei nur der Anfang, der gesamte Berliner Nordwesten wird laut Boutellier zur Boom-Region: Gleich um die Ecke baut Siemens seinen riesigen Innovationscampus in Spandau, direkt nebenan sind auf der Insel Gartenfeld mehr als 4.000 neuen Wohnungen und Gewerbeflächen geplant. "Am liebsten würden die Planer der drei Standorte ihre Areale mit einer Schwebebahn verbinden", schreibt die Tegel Projekt GmbH.

Die Kosten für den Umbau des Terminal A zum Hochschulstandort wurden zuletzt auf 150 bis 160 Millionen Euro geschätzt. 2014 war man noch von 80 Millionen Euro ausgegangen - allerdings dachte man damals auch noch, dass die ersten Studierenden bereits 2019 am Standort Tegel lernen. Es kam bekanntlich anders. Umso mehr sehnt Beuth-Präsident Ullmann die nun endgültige Schließung des Flughafens Tegel herbei. "Jeder Tag, den es voran geht, wird ein Tag der Freude sein."

Quelle: mappa.pro

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