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Quelle: dpa/Dedert

Hintergrund | Die Organisation, die für Diesel-Fahrverbote klagt

Wie finanziert sich die Deutsche Umwelthilfe?

Nicht nur Berlin, auch andere deutsche Städte müssen Diesel-Fahrverbote einführen. Geklagt hatte jeweils die Deutsche Umwelthilfe. Die Organisation steht wegen ihrer Finanzierung in der Kritik. Was ist dran an den Vorwürfen? Von Roberto Jurkschat und Robin Avram

Diesel-Fahrverbote in etlichen Städten Deutschlands gibt es nicht allein deshalb, weil die erlaubten Stickstoff-Grenzwerte dort überschritten werden - sondern weil die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Politik mit zahlreichen Klagen zum Handeln zwingt.

Im Oktober haben die Umweltschützer am Berliner Verwaltungsgericht erneut einen Erfolg errungen: In acht Straßen der Hauptstadt sollen ab Sommer 2019 Fahrverbote für alte Dieselautos und Lkw gelten. Außerdem muss die Senatsverwaltung an rund 60 weiteren Straßen Fahrverbote prüfen. 

Mit dem Verweis auf die seit 2010 EU-weit gültigen Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid hat die DUH Verkehrsbehörden von 30 deutschen Städten verklagt. In neun Städten ordneten Gerichte wegen dieser Klagen bereits Diesel-Fahrverbote an: In Bonn, Gelsenkirchen, Hamburg und Mainz müssen - so wie in Berlin - stark belastete Straßen gesperrt werden. Frankfurt, Essen, Köln und Stuttgart müssen ältere Diesel-Fahrzeuge sogar aus der gesamten Innenstadt aussperren.

CDU-Bezirksverband fordert, der DUH die Gemeinnützigkeit abzuerkennen

Vor Gericht hat die DUH noch keine einzige Klage auf Fahrverbote verloren – doch wegen der teils brachialen Rhetorik ihres Frontmanns Jürgen Resch ist die Organisation umstritten. "Herr Laschet opfert die Lungen der Bürger den Profitinteressen der Autoindustrie", ätzte Resch beispielsweise jüngst bei einer Verhandlung in Köln. Daimler-Chef Zetsche warf er "tausendfache Körperverletzung mit Todesfolge" vor.  

Nicht nur AfD- und FDP-Politiker kritisierten die DUH heftig – auch Steffen Bilger, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Vorsitzender des CDU-Bezirksverbands Nordwürttemberg, unterstellte der DUH kürzlich die Absicht, mit Diesel-Klagen die deutsche Autoindustrie schwächen zu wollen.

In einem Antrag für den Bundesparteitag fordert sein CDU-Bezirksverband nun sogar, der Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Das hätte unter anderem zur Folge, dass Spenden an den Verein nicht mehr steuerlich absetzbar wären. Die Umwelthilfe gibt sich gelassen: "Die CDU wird mangels Zuständigkeit wenig Glück mit ihrem Antrag haben. Zuständig in unserem Rechtssystem ist das Finanzamt", sagt Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch | Quelle: imago/Jürgen Heinrich

Die DUH nimmt pro Jahr 50.000 Euro von Toyota an

Den Verdacht, dass es die DUH gezielt auf deutsche Autoherstelller abgesehen habe, speist sich daraus, dass der japanische Hersteller Toyota zu den Sponsoren der Umwelthilfe gehört. Toyota ist vom Dieselskandal weit weniger betroffen, weil es früher als die deutsche Konkurrenz auf spritsparende Hybrid-Motoren setzte - und zahlt der DUH pro Jahr 50.000 Euro.

Allerdings habe die DUH auch ein Dieselauto von Toyota getestet und die überhöhten Abgaswerte angeprangert, rechtfertigt sich die DUH. Zudem habe die Umwelthilfe 48 Gerichtsverfahren gegen Toyota wegen Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht beim Energieverbrauch geführt. "Wir sind unabhängig", betonte Geschäftsführer Jürgen Resch in einem Interview mit ZEIT online.

Auch Geld von Filterherstellern angenommen

Bereits im Jahr 2005 hatte die Umwelthilfe Kritik auf sich gezogen, als sie sich mit ihrer Kampagne "Kein Diesel ohne Filter" für die Einführung von Dieselpartikelfiltern einsetzte – und zugleich Spenden in sechsstelliger Höhe von Dieselrußfilter-Herstellern angenommen hatte.

Die Notwendigkeit, sich solche Finanzquellen zu suchen, ergibt sich auch aus der geringen Mitgliederzahl der Organisation: Nur 350 Mitglieder überweisen regelmäßig Beiträge. Vereine mit vergleichbarer Ausrichtung wie der Nabu kommen auf rund 660.000, Greenpeace sogar auf drei Millionen Mitglieder.

Die DUH hingegen mussw den Löwenanteil ihrer Einnahmen in Höhe von rund acht Millionen Euro jährlich aus anderen Quellen speisen. In erster Linie sind das Zuwendungen der EU-Kommission und der Bundesregierung.

Rund 2,5 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr durch Abmahnungen

Zur Finanzierung der Organisation trägt aber auch das Versenden hunderter Abmahnungen pro Jahr bei. Beispielsweise überprüft die DUH den Quecksilbergehalt von Energiesparlampen oder die Energieverbrauchsangaben von Elektrogeräten. "Wir setzen uns damit für den Einhaltung von Verbraucherschutzvorschriften ein", begründet Jürgen Resch.

Für jede erfolgreiche Abmahnung erhält die DUH allerdings hunderte Euro Gebühren, im Wiederholungsfalle mehrere tausend Euro Vertragsstrafen. Das läppert sich: Laut n-tv nahm die Organisation auf diesem Wege 2016 rund 2,5 Millionen Euro ein - rund ein Drittel ihrer gesamten Einnahmen in diesem Jahr.

Den Vorwurf, die DUH sei deshalb ein "Abmahnverein", weist Geschäftsführer Jürgen Resch strikt zurück. "Bußgelder gegen Handel und Industrie zu verhängen, trauen sich die meisten bis heute nicht. Dieselgate zeigt, wohin das behördliche Wegsehen führt", rechtfertigt sich Resch.

Sendung: Inforadio, 21.11.2018, 11.00 Uhr

Beitrag von Roberto Jurkschat und Robin Avram

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