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Audio: Inforadio | 06.10.2018 | Nachrichten 10.20 Uhr | Quelle: dpa/Paul Zinken

Vor Gerichtsverhandlung

Wirtschaftsvertreter warnen vor Diesel-Fahrverbot in Berlin

Die Berliner Industrie- und Handelskammer warnt vor Fahrverboten in der Stadt: Rund 40 Prozent der gewerblich genutzen Fahrzeuge hätten einen Dieselmotor, hieß es. Ein Umstieg auf Benzin oder Elektro sei nicht immer möglich.

Die Wirtschaft warnt vor einem Diesel-Fahrverbot in Berlin. Das dürfe nur die "letzte aller möglichen Maßnahmen bleiben", forderte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer, Beatrice Kramm. Nach Schätzung der Kammer haben rund 40 Prozent der Fahrzeuge, die gewerblich genutzt werden, einen Dieselmotor. Bei Lastwagen und Bussen seien es fast 100 Prozent.

"In den meisten Fällen können Lieferanten und Dienstleister mangels Angebot nicht einfach auf Benzin- oder Elektrofahrzeuge umsteigen beziehungsweise die Fahrzeuge nachrüsten", teilte Kramm der Deutschen Presse-Agentur mit. Deshalb müsse Berlin alles tun, um die Luft mit anderen Maßnahmen zu verbessern.

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Kritik äußerten auch Wirtschaftsvertreter aus Brandenburg, wie die "Märkische Oderzeitung" am Samstag berichtete. Demnach kritisierte Peter Dreißig, Präsident der Handwerkskammer Cottbus, Handwerker könnten bei einem Fahrverbot Kunden in Berlin nicht mehr mit ihren Fahrzeugen erreichen - das käme einer Enteignung gleich, zitiert ihn das Blatt. Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, forderten für Brandenburger Handwerker Ausnahmegenehmigungen.

Verwaltungsgericht verhandelt über Fahrverbote

Das Verwaltungsgericht Berlin verhandelt am Dienstag (9. Oktober) darüber, ob Dieselfahrzeuge nicht mehr überall in der Stadt fahren dürfen. In der Hauptstadt werden an vielen Stellen die Grenzwerte für gesundheitsschädliche Stickoxide überschritten.

Nach rbb-Recherchen bereitet sich die Umweltverwaltung des Berliner Senats bereits auf Fahrverbote für Dieselautos auf 20 Berliner Straßen vor. Aus internen Dokumenten des Berliner Senats, die dem rbb vorliegen, geht hervor, dass die Leipziger Straße, die Brückenstraße und andere Hauptverkehrsstraßen ab September 2019 für Dieselautos mit der Schadstoffklasse Euro 5 oder niedriger gesperrt werden könnten. Betroffen wäre davon fast jeder sechste Berliner Autofahrer.

Hintergrund

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Der Deutschen Umwelthilfe gehen streckenbezogene Fahrverbote nicht weit genug - sie will nach Möglichkeit durchsetzen, dass viele Diesel innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings nicht mehr fahren dürfen, also in der sogenannten Umweltzone.

"Prüfung noch nicht abgeschlossen"

Die Berliner Senatsumweltverwaltung teilte dazu mit: "Ob und in welchem Umfang Fahrverbote eingeführt werden, hängt (…) von umfassenden Untersuchungen ab, die sich nicht allein auf Fahrverbote beschränken, sondern alle sonstigen geeigneten Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte mit einschließen. Die Prüfung alternativer Maßnahmen ist aber noch nicht abgeschlossen."

Berlins Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos/für Grüne), sagte am Freitag der rbb-Abendschau, sie gehe davon aus, dass zonenbezogene Fahrverbote - also ein Fahrverbot innerhalb des S-Bahnrings - vermieden werden könnten. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre seien die Straßenkilometer mit Grenzwert-Überschreitungen deutlich reduziert worden. Ein Fahrverbot für die gesamte Berliner Umweltzone halte sie daher für nicht verhältnismäßig.

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