rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Video: Abendschau | 29.04.2020 | Hanno Christ | Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup | Quelle: dpa/Andreas Gora

Passagiereinbruch in der Corona-Krise

Aufsichtsrat will Flughafen Tegel vorübergehend schließen

Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg will Tegel wegen der Corona-Krise für zwei Monate vom Netz nehmen. Die Betreiber stellten am Mittwoch einen Antrag auf Schließung - die Gesellschafter wollen aber in zwei Wochen erneut beraten.

Der Berliner Flughafen Tegel soll nach dem Willen der Betreibergesellschaft vorübergehend vom Netz gehen. Der Aufsichtsrat stimmte am Mittwoch einstimmig dafür, für den Flughafen einen Antrag auf temporäre Befreiung von der Betriebspflicht bei der Luftfahrtbehörde zu stellen. Das teilte Engelbert Lütke Daldrup, der Chef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB), mit. Berlins Flugbetrieb würde für mindestens zwei Monate am Flughafen Schönefeld konzentriert.

Mit der vorübergehenden Schließung Tegels will die FBB auf die extrem stark gesunkenen Passagierzahlen in der Corona-Krise reagieren - und auf diese Weise 200.000 Euro pro Tag einsparen. "Wir haben alle Kosten auf den Prüfstand gestellt. Wir müssen natürlich auch dafür sorgen, dass wir nicht Terminals oder technische Anlagen betreiben, die von keiner Verkehrsnachfrage gedeckt sind", erklärte er in der rbb-Abendschau. Ein Großteil der Mitarbeiter sei in Kurzarbeit. Zwei internationale Flughäfen im Abstand von 30 Kilometern in der Region Berlin zu betreiben, sei angesichts dessen nicht sinnvoll. "Wir haben im Moment wenig Flugverkehr. Es ist nicht absehbar, dass wir wieder auf die alten Zahlen kommen", sagte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) dem rbb zur Situation in Tegel.

FBB braucht Zustimmung der Eigentümer nicht zwingend

Nun hat auch der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) seinen Widerstand gegen eine vorübergehende Schließung aufgegeben: Ein Vertreter des Bundesministeriums habe sich nicht gegen die Schließung gestellt, sondern enthalten. Um Tegel vorübergehend zu schließen, ist die Zustimmung der Flughafen-Eigentümer formal nicht notwendig. Allerdings wären die Gesellschafter, der Bund (26 Prozent) und die Länder Berlin und Brandenburg (je 37 Prozent), gegenüber der Geschäftsführung weisungsbefugt.

Dass sich die Eigentümer noch einmal gegen eine Schließung stellen, zeichnete sich am Mittwoch allerdings nicht ab, sagte Lüdke Daldrup. In 14 Tagen wollen die Gesellschafter noch einmal tagen - sollte es dann keine Überraschung geben, wird Tegel ab dem 1. Juni für zwei Monate schließen. "Wir werden Tegel nur so lange vom Netz nehmen wie wir keinen Verkehr haben. Nichts täten wir lieber, als Tegel am Netz zu halten, wenn wir Verkehr hätten", sagte Lütke Daldrup am Mittwoch dem rbb. Dass die Zahlen in der nächsten Zeit stiegen, sei aber nicht abzusehen.

Der Flughafen Tegel Anfang des Jahres bei vollem Betrieb. | Quelle: rbb/Tino Schöning

Fluggastzahlen massiv eingebrochen

Über eine vorübergehende Schließung des größeren Flughafens der Hauptstadtregion wird bereits seit einigen Wochen gestritten. Engelbert Lütke Daldrup setzt sich vehement für eine vorübergehende Schließung ein, insbesondere aus finanziellen Gründen. Ende März hatte Lütke Daldrup vorgerechnet, dass die Flughafengesellschaft bis zu sieben Millionen Euro pro Monat sparen könne, würden alle An- und Abflüge vorübergehend am Flughafen Schönefeld konzentriert. Diese Kostenersparnis würde sich auch für zwei bis drei Monate rechnen. Schönefeld sei als Allein-Standort für Berlin besser geeignet als Tegel, weil es dort kein Nachtflugverbot gebe, sagt der Flughafenchef.

Der Berliner Finanzsenator Kollatz plädierte am Mittwoch nicht nur aus wirtschaftlichen Aspekten, sondern auch angesichts möglicher Corona-Infektionen für eine vorübergehende Schließung: "Wenn sie Krankenstände in den Belegschaften haben, ist es leichter, einen Flughafen zu betreiben als zwei." Prominentester Befürworter einer Offenhaltung war bislang der Bundesverkehrsminister Scheuer. Im März bezeichnete er eine Schließung eines der Berliner Flughäfen während der Pandemie als Fehler. Gerade in Zeiten der Krise müsse eine stabile Grundversorgung gewährleistet werden, so seine Begründung für eine Offenhaltung. Derzeit verzeichnen die Flughäfen Tegel und Schönefeld etwa fünf Prozent ihres normalen Flugaufkommens.

Am 31.Oktober 2020 soll der BER eröffnen, nach etlichen Fehlschlägen hat am Dienstag die zuständige Verwaltung des Landkreises Dahme-Spreewald den Bau abgenommen und die Nutzungsfreigabe erteilt. Tatsächlich spricht zum ersten Mal nur noch sehr wenig gegen eine Eröffnung. Am 8. November, so der jetzige Plan, soll die letzte Maschine in Tegel abheben. Spätestens sechs Monate nach der BER-Eröffnung muss der Flughafen TXL dauerhaft schließen.

Sendung: Abendschau, 29.04.2020, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen