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Audio: Inforadio | 11.05.2020 | Lisa Splanemann | Quelle: dpa/Fabian Strauch

Mängel auf Toiletten und in Räumen

Schlechte Noten für Hygiene an Berliner Schulen

In dieser Woche können weitere Jahrgänge wieder in die Schulen. Dort müssen strenge Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Und häufig stoßen die Verantwortlichen an ihre Grenzen, wie die Bestandsaufnahme von Lisa Splanemann in einigen Berliner Schulen zeigt.

Über den Schulhof, in den ersten Stock, durch das Treppenhaus zurück in das Erdgeschoss, wieder hinauf in das erste Stockwerk. Vorbei an Absperrbändern, Desinfektionsmittelspendern und einer Lehrkraft, die prüft, ob die Hände 20 Sekunden lang gewaschen wurden. So beschreibt Abiturient Miguel Góngora die verschärften Hygienemaßnahmen, die vor einigen Tagen zu den Abiturprüfungen an seiner Schule in Charlottenburg-Wilmersdorf durchgeführt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren nur einige Schüler vor Ort an den Berliner Schulen, viele wurden durch Home-Schooling unterrichtet.

Das wird sich nun ändern. Seit Montag können an den Schulen wieder vermehrt Schüler unterrichtet werden. Laut der Bildungsverwaltung sollen nun auch Erst-, Fünft- und Siebtklässler an Grund-, Sekundar-, Gemeinschafts- und entsprechenden Förderschulen wieder Unterricht erhalten. Ziel ist es, möglichst alle Klassenstufen bis Ende Mai im Präsenzunterricht zu unterrichten. Doch was passiert, wenn zu Corona-Zeiten wieder vermehrt Schüler durch die Schulgänge strömen, die Toiletten in den Pausen nutzen und häufig die Klassenräume wechseln?

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Hygiene-Bedingungen waren schon vor der Corona-Krise problematisch

Schon vor der Corona-Krise seien die Hygiene-Bedingungen an einigen Schulen problematisch gewesen, bemängelt Philipp Dehne von der Bürgerinitiative "Schule in Not". Reinigungskräfte hätten häufig wenig Zeit zum Reinigen gehabt. "Dadurch ist eine verlässliche Reinigung auch vor Corona-Zeiten nicht gewährleistet gewesen", so Dehne.

Der Landesschülerausschuss berichtet darüber hinaus von fehlenden Hygieneartikeln. Vor den Schulschließungen hat der Berliner Schülerausschuss eine Umfrage unter Berliner Schülern durchgeführt – 66 Prozent hätten angegeben, dass in den Schultoiletten nicht genügend Handtücher zur Verfügung gestellt wurden. Über die Hälfte bemängelte, dass kaum oder gar keine Seife vorhanden gewesen sei. Ein Drittel hätte sich nach Informationen des Schülerausschusses aus diesen Gründen nicht die Hände gewaschen.

"Schule in Not" kritisiert Beschäftigungsverhältnis der Reinigungskräfte

Der Berliner Senat hat nun zur schrittweisen Schulöffnung in Corona-Zeiten einen Musterhygieneplan für die Schulen veröffentlicht. In diesem Schreiben wird beispielsweise empfohlen, "Türklinken und Griffe, Treppen- und Handläufe, Lichtschalter, Tische sowie Computermäuse, Tastaturen und Telefone" besonders zu reinigen. In den Sanitärbereichen müssen "ausreichend Seife, Einmalhandtücher und Toilettenpapier bereitgestellt und regelmäßig aufgefüllt werden".

Tatsächlich ist der Musterhygieneplan aber nur eine Richtlinie für die Schulen. Auf dieser Grundlage entwickelt jede Schule ihren eigenen Hygieneplan. Das funktioniere "mal mehr, mal weniger gut", berichtet Dehne von "Schule in Not". Als besonders problematisch sieht er das derzeitige Beschäftigungsverhältnis der Reinigungskräfte. Diese würden häufig von Privatfunternehmen beschäftigt und "haben oft nicht genügend Zeit für die Reinigung". So habe ihm vor einiger Zeit eine Reinigungskraft berichtet, dass sie gebeten worden sei, "zusätzlich zu reinigen – aber nicht für mehr Geld". Zum Teil seien in der jüngsten Vergangenheit sogar Lehrkräfte aufgefordert worden, Schulräume zu reinigen. Denn noch immer gebe es an vielen Berliner Schulen keine Tagesreinigung.

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf hat inzwischen auf eine tägliche Unterhaltsreinigung an den Schulen umgestellt, zudem wird nach Angaben der Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur, Heike Schmitt-Schmelz, jeder Schule in dem Bezirk zusätzlich "eine Reinigungskraft für vier Stunden von 10 bis 14 Uhr zur Verfügung gestellt", um vor allem nach Vorgaben des Musterhygieneplans zu reinigen.

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Anzahl der Toiletten häufig nicht ausreichend

Problematisch werden könnte es auch in den Schultoiletten. Die Anzahl der WCs ist für die Schülerzahl auch außerhalb von Corona-Zeiten häufig nicht ausreichend. "An einigen Schulen sind viel zu wenig Toiletten vorhanden", erzählt Abiturient Miguel Góngora, der auch Vorsitzender des Landesschülerausschusses ist, "da kann es dazu kommen, dass der Mindestabstand nicht eingehalten wird."

Der Musterhygieneplan empfiehlt allerdings, "dass sich in den Toilettenräumen stets nur einzelne Schülerinnen und Schüler aufhalten dürfen". "Da werden sich sicherlich auch Schlangen vor den Toiletten bilden", sagt Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses. Dies führe möglicherweise zu Verzögerungen im Unterrichtsablauf. Viele Toiletten seien zudem in einem äußerst schlechten Zustand. Gute Nachrichten gebe es hingegen bei der Hygiene-Ausstattung an den Berliner Schulen. "Die Schulen hatten während der Schulschließungen ausreichend Zeit, um Hygieneartikel wie Seife oder Einmalhandtücher zu beschaffen", berichtet Heise. Zudem wurden nach Informationen der Senatsverwaltung 5.000 Liter Desinfektionsmittel gestellt.

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Es gibt auch positive Ansätze

Nachbesserungsbedarf sehen Philipp Dehne von "Schule in Not" und der Landeselternausschuss-Vorsitzende Heise bei der Raumsituation an den Berliner Schulen. Mehr Schüler an den Schulen bedeutet auch, dass die Räume häufiger genutzt und viele Raumwechsel durchgeführt werden. "Die meisten Klassen werden derzeit wegen der Abstandsregelung geteilt", sagt Heise. Dadurch komme es zu einem höheren Raum- und Reinigungsbedarf. Dehne sieht zudem Probleme in der maroden Ausstattung der Klassenräume: "Das Lüften in den Räumen ist zum Teil gar nicht möglich, weil sich die Fenster nicht öffnen lassen." Dabei empfiehlt der Musterhygieneplan regelmäßiges Stoßlüften.

Vorbildlich sind derweil offenbar die Vorbereitungen am Albert-Einstein-Gymnasium in Neukölln vorangekommen. Jörg Tetzner ist dort Philosophie- und Lateinlehrer. Er berichtet, dass es an seiner Schule bei der Umsetzung der Hygienemaßnahmen sehr gut laufe. "Wir haben viel Energie in unseren Hygieneplan gesteckt, die Reinigungsfirma reinigt inzwischen beispielsweise mehrmals täglich." Für die Zukunft könnten die derzeit verschärften Hygienemaßnahmen für Berliner Schulen bedeuten, dass diese auch künftig eine größere Rolle spielen werden, sagt er.

Sendung: Inforadio, 11.05.2020, 6:45 Uhr

Beitrag von Lisa Splanemann

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