rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Video: Abendschau | 19.05.2020 | Sylvia Wassermann | Quelle: dpa/ Hendrik Schmidt

Neue Corona-Strategie

Berlin will verstärkt auch Menschen ohne Symptome testen

Bislang galt bei Corona-Tests die Maßgabe: Ohne Symptome kein Test. Das sollte eine Überforderung der Labore verhindern. Doch die haben mehr Kapazitäten als gedacht. Nun reagiert der Senat mit einer neuen Strategie.

Berlin wird die Zahl der Coronatests ausweiten und verstärkt auch Menschen ohne Symptome testen. Das hat der Senat am Dienstag beschlossen. Das Konzept wurde von der Charité entwickelt und wird dort auch wissenschaftlich begleitet.

Es seien zwar "keine flächendeckenden Testungen" geplant, so der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), "sondern Stichproben nach einer bestimmten Systematik". Aber es sollen Tests in sensiblen Bereichen wie etwa den Kitas, Schulen, bei der Polizei oder in Teilen der Gastronomie durchgeführt und alle zwei Wochen wiederholt werden. "Dort, wo sich Kontakt nicht vermeiden lässt", sagte Müller am Dienstag. Dabei soll sich die eingesetzte Steuerungsgruppe Beratung von Experten holen, etwa von den Amtsärzten oder dem Team rund um den Charité-Virologen Christian Drosten.

Auch interessant

Busfahrer bald hinter Plexiglas?

BVG rechnet mit lange anhaltender Maskenpflicht

   

Kapazitäten derzeit nur zu 36 Prozent ausglastet

Auch in Pflegeheimen und Krankenhäusern sollen die Tests ausgewertet werden, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD). So sollen alle Mitarbeiter in sämtlichen Pflegeheimen einmal getestet werden, sofern das nicht schon geschehen ist. Zudem soll das Personal in Kliniken mindestens einmal pro Woche untersucht werden. Kalayci fügte allerdings hinzu: Jeden Berliner und jede Berlinerin zu testen "macht keinen Sinn". Stattdessen sollen die Tests auf freiwilliger Teilnahme basieren. Die acht Corona-Untersuchungsstellen des Landes sollen zu "Teststellen" werden, in denen man sich melden kann.  

Die derzeit nicht einmal zur Hälfte ausgelasteten Testkapazitäten in Berlin sollen Kalayci zufolge stärker ausgenutzt werden. "Wir wollen mehr positive Menschen rausfischen", sagte die Senatorin. Derzeit könnten in Berlin 58.200 Tests pro Woche durchgeführt werden, doch die Auslastung liege bei nur 36 Prozent.

Die geplante Test-Strategie im Überblick

Kitas und Schulen: Hier soll es Stichprobenuntersuchungen von Kindern und des Personals geben. Über die Methode sollen Experten entscheiden, so Kalayci. Die zeitliche Abstände richteten sich nach der Entwicklung des Infektionsgeschehens in der Bevölkerung.

Kliniken: Medizinisches Personal soll komplett mindestens einmal in der Woche getestet werden, in Bereichen mit besonders gefährdeten Patienten wie der Geriatrie und Onkologie auch zweimal die Woche. 

Pflegeheime: Einrichtungen des landeseigenen Klinikkonzerns Vivantes werden bereits getestet, in anderen Häusern führt die Charité Tests durch. Für die verbleibenden Pflegeeinrichtungen ist ein einmaliges flächendeckendes Testen aller Mitarbeiter vorgesehen.

In der Gastronomie sind Stichproben nach dem Zufallsprinzip vorgesehen.

Polizei/Feuerwehr: Wegen der vielen Personenkontakte soll stichprobenartig getestet werden.

Auch im Justizvollzug soll es wiederholte Stichproben nach dem Zufallsprinzip geben.

Die aktuelle Corona-Ampel in Berlin (19.05.) | Quelle: Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung

Kalayci an Bezirke: "Einstellen, einstellen, einstellen"

Für die Umsetzung der neuen Strategie sei nun allerdings noch eine Rechtsverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nötig, sagte Kalayci. Zuvor war auf Bundesebene ein neuese Gesetz verabschiedet worden, dass die Kostenübernahme von Corona-Tests durch die Krankenkassen ermöglicht.

Zuletzt hatte es wegen der Corona-Teststrategie Streit zwischen Kalayci und den Amtsärzten gegeben. Diese hatten sich wiederholt dagegen ausgesprochen, Menschen ohne Symptome zu testen. In einem offenen Brief kritisierten sie außerdem die neue "Corona-Ampel" und die Kommunikation der Gesundheitssenatorin: Man werde in die aktuellen Überlegungen nicht ausreichend einbezogen, so die Mediziner.

"Die Amtsärzte sind eingebunden", sagte der Regierende Bürgermeister nun in Bezug auf die neue Teststrategie. Die sei auch kein Streitpunkt innerhalb des Senats, so Müller. Kalayci rief derweil die Bezirke auf, verstärkt Personal in den Gesundheitsämtern einzustellen. Derzeit seien mehr als 200 Stellen dort unbesetzt. Die Voraussetzungen seien nun geschaffen worden, so Kalayci, der Senat habe außertarifliche Bonuszahlungen von bis zu 1.500 Euro im Monat ermöglicht.

Zudem seien 7,5 Millionen Euro bereitgestellt worden, damit die Gesundheitsämter Studierende einstellen können, zur Nachverfolgung von Corona-Kontaktpersonen zum Beispiel. "Die Bezirke können einstellen", sagte Kalaci, "einstellen, einstellen, einstellen."

Artikel im mobilen Angebot lesen