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Audio: radioeins | 24.06.2020 | Interview mit Stefan Spieker | Quelle: dpa/Vennenbernd

Interview | Kita-Träger Fröbel

"Es reicht nicht aus, 'Danke' zu sagen"

20 Millionen Euro müssen die Kita-Träger dem Berliner Senat an Zuschüssen zurückzahlen. Dafür werden sie jetzt an ihre Rücklagen gehen müssen, sagt Stefan Spieker vom freien Kita-Träger Fröbel. Er spricht von Erpressung.

rbb: Seit dieser Woche sind die Kitas in Berlin zurück im Regelbetrieb. Wie läuft es bei Ihnen?

Stefan Spieker: Es läuft super. Alle Kolleginnen und Kollegen freuen sich total, dass die Kinder wieder da sind. Wir haben bis auf elf Mitarbeiter auch wieder alle an Bord. Das ist gerade mal ein Prozent, die ausfallen, weil sie wegen Risikobelastung nicht zur Arbeit kommen können. Und wir wissen auch von vielen, die kommen, weil sie sagen, sie wollen die Kinder wiedersehen.

Stefan Spieker, Geschäftsführer der Fröbel Bildung und Erziehung GmbH. | Quelle: Stefan Spieker

Während der Corona-Zeit seien die Kitas weniger ausgelastet gewesen und hätten weniger Kosten gehabt - so begründet der Senat die Rückzahlungsforderungen eines "solidarischen Finanzierungsbeitrags". Statt der geforderten 40 Millionen sind es jetzt zwar nur 20 Millionen, die die Kita-Träger zahlen sollen - aber ist die Summe gerechtfertigt?

Also ehrlich gesagt ist Berlin das einzige Bundesland beziehungsweise die einzige Stadt, in der wir mit einer Rückforderung konfrontiert sind. Das ist schon sehr irritierend. Wir hatten viele Sonderausgaben für Hygienematerial und Atemschutzmasken, wir haben in Berlin 800 Tablets an Kinder verteilt, die sonst keinen Kontakt gehabt hätten. Und das hat dann 120.000 Euro gekostet. Es waren Ausgaben, die wir getätigt haben, weil wir gedacht haben, wir hätten Mittel und im Nachgang wird das alles gestrichen. Das war schon ein harter Schlag. Und was auch nicht stimmt, war die Kalkulation: Wir zumindest haben allen Eltern nur das Geld für die Essen berechnet, die die Kinder auch wirklich erhalten haben. Der Senat geht von zwei Monaten aus, in Wahrheit waren es aber mindestens drei. Das ist wirklich eine sehr unglückliche Situation.

Was heißt das konkret? Wie viel müssen Sie zurückzahlen?

Auf Berlin bezogen wären das 250.000 Euro.

Info

Fröbel ist ein überregionaler Träger von Kindertageseinrichtungen. Er betreibt mehr als 190 Krippen, Kindergärten und Horte sowie weitere Einrichtungen in zehn Bundesländern. Rund 25 davon befinden sich in Berlin.

Ist das Geld da? Oder haben Sie es bereits ausgegeben?

Wir gehen an unsere Rücklagen heran. Man versucht ja immer, ein bisschen zu sparen, um etwas Wasser unterm Kiel zu haben und wir haben dieses Thema einer "Heldenprämie" gehabt, das der Regierende Bürgermeister angedeutet hat, also dass wir unsere Mitarbeiter auch mit einer Vergütung ausstatten wollten. Das hatten wir eigentlich auch vor. Das kostet uns in Berlin bei knapp 800 Mitarbeitern um die 700.000 Euro. Und die Mittel sind jetzt nicht da.

Das ist ja eine versprochene Prämie, die der Senat zahlen wollte, jetzt aber doch nicht zahlen möchte. Gleichzeitig sagt er aber, die Kita-Träger sollen es doch bitte machen. Werden Sie es denn dann tun?

Wir werden es unbedingt tun. Also zuerst haben sich alle gefreut darüber, dass der Regierende Bürgermeister gesagt hat, man muss die Menschen, die systemrelevant sind und ihren Mann oder Frau stehen, entsprechend würdigen. Und dafür sollte eine Corona-Prämie kommen. Dann waren auch relativ schnell tausend Euro im Raum. Was uns wirklich frustriert und irritiert hat, war die Tatsache, dass es dann hieß: Das kriegen nur die Mitarbeiter, die bei öffentlichen Trägern waren, und die freien Träger kriegen es nicht. Und dann gab es lange Streitereien, wieviel Geld es insgesamt gibt und wer überhaupt davon profitieren sollte.

Es wäre nicht fair, wenn ein kleiner Anteil der Mitarbeiter Geld bekommt und die anderen gar nichts. Und für uns war dann klar: Wir müssen für dieses Versprechen einstehen. Es reicht nicht aus, 'Danke' zu sagen. Und so schön es ist, wenn man auf dem Balkon Lieder singt, aber an irgendeiner Stelle muss es auch eine monetäre Wertschätzung geben.

Hintergrund

Streit über Zuschüsse in Berlin

Kita-Träger zahlen nach Corona-Ausfällen knapp 20 Millionen Euro

Nun sind sowohl die Heldenprämie als auch dieser solidarische Finanzierungsbeitrag von dann jetzt 20 Millionen Euro in Sack und Tüten. Gibt es etwas, was Sie vom Senat erwarten, vom Senat fordern? Oder wird da jetzt nicht weiter dran gedreht?

Also ich hatte den Eindruck, dass die Verbände erpresst wurden. Es wurde gesagt, entweder die Finanzierung wird insgesamt aufgekündigt und dann machen wir alles neu auf - oder Ihr gebt uns was zurück. Und das war eine wahnsinnig schwierige Situation, denn niemand weiß, wie es weitergeht. Es kann ja weiterhin Lockdowns geben. Und da brauchen wir halt sichere Verhältnisse, und das stand bei den Verbänden im Vordergrund. Von daher ist es gut, dass das Thema jetzt vom Tisch ist, aber man fühlt sich halt auch erpresst.

Und ich glaube schon – unser Betriebsrat hat das zumindest auch immer wieder gesagt – es ist klar identifizierbar, von wem und woher das kommt. Und es ist wirklich sehr, sehr, sehr frustrierend, einerseits immer zu hören, ja es ist toll, Ihr werdet gewertschätzt, und auf der anderen Seite mit so einer Situation konfrontiert zu werden. Ich sage noch einmal: Berlin ist das einzige Bundesland, wo das stattfindet.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Frauke Oppenberg, radioeins. Der Text ist eine redigierte und leicht gekürzte Fassung. Das gesamte Gespräch können Sie hören, wenn Sie auf das Audiosymbol im Titelbild des Beitrags klicken.

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