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Audio: rbb88,8 | 03.06.2020 | Swetlana Oheim | Quelle: dpa

Reproduktionszahl und Infektionszahl steigen

Kalayci sieht "Trendwende" in Berlin - erste Corona-Ampel auf rot

Auch wenn die Zahlen Schwankungen unterworfen sind: Der Mut machende Trend bei den Corona-Infektionen scheint gestoppt. Die erste der drei Warnampeln des Berliner Senats sprang am Dienstag erneut auf rot. Die Gesundheitssenatorin zeigt sich besorgt.

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus ist in Berlin wieder gestiegen: Am Dienstag wurden 6.873 bestätigte Fälle registriert, das sind 35 mehr als am Vortag und 23 mehr als am Tag davor, wie aus der Statistik der Senatsgesundheitsverwaltung vom Abend hervorgeht. Auch die aktuelle Reproduktionszahl ist das dritte Mal in Folge gestiegen, sie liegt nun bei 1,95. Das bedeutet, dass ein Infizierter durchschnittlich knapp zwei andere Menschen mit dem Virus ansteckt.

Die erste von drei Corona-Ampeln, das Warnsystem des Berliner Senats, springt damit erneut über die kritische Schwelle auf rot. Das war gut eine Woche zuvor zum ersten Mal passiert, als die Reproduktionszahl auf 1,37 gestiegen war. Danach aber sank sie wieder. "Zwar ist die Reproduktionszahl Schwankungen ausgesetzt, aber auch die Zahl der Neuinfektionen nimmt zu, sodass man doch eine Trendwende erkennen muss", sagte die Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag über die neue Entwicklung.  

Auch die Berechnungen von anderen wissenschaftlichen Einrichtungen und die rbb|24-Berechnung sehen den R-Wert über 1. Allerdings muss beachtet werden, dass bei niedrigen Infektionszahlen der R-Wert schnell schwanken kann. Hätten sich zum Beispiel vor vier Tagen nur zwei Menschen neu angesteckt und vier Tage darauf wären es vier, würde R bei 2 liegen. Wären es aber nur drei Neuinfektionen, wäre R nur noch bei 1,5.

"Man denkt, die Gefahr ist vorbei. Das ist mitnichten so"

Zuvor hätten es die Berlinerinnen und Berliner geschafft, mit viel Disziplin die Zahl der Neuinfektionen in der Stadt deutlich zu senken, sagte Kalayci am Abend im rbb. "Unser eigener Erfolg, die niedrigen Infektionszahlen – da denken viele: Ach Gott, da ist die Pandemie nicht, wir können wieder loslegen. Aber das ist ein Trugschluss. Deswegen ist es ganz wichtig, dass die Grundregeln von ganz vielen beachtet werden." Die zahlreichen Lockerungen bedeuteten nicht, dass Schutzmaßnahmen wie die Abstandsregeln nicht mehr gälten.

Als Negativbeispiel kritisierte die Gesundheitssenatorin die Demo-Party vom vergangenen Wochenende auf dem und am Landwehrkanal, als 3.000 Menschen in fast 400 Booten und am Ufer Party feierten, am Schluss direkt vor dem Urban-Krankenhaus. "Es hat mich insofern entsetzt, weil das zeigt, dass mit der Freiheit sich frei bewegen zu können nicht verantwortlich umgegangen wird und dass man denkt dass die Gefahr vorbei ist. Das ist mitnichten so", sagte Kalayci. Wie die Corona-Schutzmaßnahmen angesichts der aus ihrer Sicht deutlich gesunkenen Disziplin einiger Menschen besser durchgesetzt werden könnten, sagte die Senatorin nicht. 

Zahl zeigt die Situation vor etwa eineinhalb Wochen

Im Bund ist die Reproduktionszahl den Angaben zufolge von 1,04 am Montag auf 1,2 am Dienstag gestiegen. Insgesamt müsse der R-Wert in Zusammenhang mit den beiden anderen Indikatoren betrachtet werden, der Zahl der Neuinfektionen sowie der Auslastung der Intensivbetten. Diese beiden Ampeln stehen in Berlin weiterhin auf Grün. 

Die Reproduktionszahl von 1,95 bildet nicht das Infektionsgeschehen in Berlin von heute oder gestern ab, sondern ist ein Blick etwa eineinhalb Wochen zurück - also in etwa auf das Wochenende vom 23. Mai. 

Bei den Neuinfektionen hat sich der insgesamt rückläufige Trend laut der Gesundheitsverwaltung in der Vorwoche nicht fortgesetzt. Die Fallzahl in der vergangenen Meldewoche liege etwas über der Zahl der Vorwoche und könne sich in den kommenden Tagen noch geringfügig auffüllen. Man müsse nun die nächsten Tage abwarten, sagte die Gesundheitssenatorin im rbb. "Wenn R weitgehend oben bleibt, werden sich auch die Neuinfektionen drehen, wir haben in der letzten Woche auch einen leichten Anstieg gesehen." 

Die Zahl der Patienten, die in Krankenhäusern betreut werden, ist laut der Gesundheitsverwaltung rückläufig beziehungsweise stagniert auf einem niedrigen Niveau. Auch die Zahl der Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssten, sei "stabil auf niedrigem Niveau". Im Krankenhaus isoliert und behandelt werden derzeit 130 Personen, 42 davon liegen auf einer Intensivstation. Alle anderen Personen sind häuslich isoliert. Insgesamt ist die Zahl der Patienten, die auf Intensivstationen wegen der Covid-19-Erkrankung behandelt werden müssen, zurückgegangen. 198 mit Sars-CoV-2 Infizierte sind bislang in Berlin gestorben.

Sendung: rbb|24, 02.06.20, 22 Uhr 

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