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Video: Brandenburg aktuell | 11.06.2020 | Ludger Smolka | Quelle: (Symbolbild) imago images / Carsten Thesing

Beamtenrecht

Darf eine verbeamtete Lehrerin auf Hygiene-Demos protestieren?

Polizistinnen, Beamte und Lehrer stehen im Staatsdienst und haben dadurch eine gewisse Vorbildwirkung. Was aber gilt, wenn eine Lehrerin auf einer sogenannten Hygiene-Demo gegen die Corona-Regeln pöbelt? Experten sagen: Der Ton macht die Musik.

Mitte April in Berlin: Auf einer sogenannten Hygiene-Demo bezichtigen Demonstranten die Bundesregierung der Lüge, protestieren gegen die Hygiene-Beschränkungen, es ist von "Corona-Diktatur" die Rede. Unter ihnen: Eine Lehrerin aus Falkensee. An ihrer Schule ist sie dafür bekannt, ihre Ansichten zu verbreiten. Auch auf der Demonstration habe sie sich laut geäußert und soll gegen Polizisten gepöbelt haben. 

So berichten es Schülerinnen und Schüler der Schule, an der die Lehrerin unterrichtet hat. Es ist ausgerechnet jene Schule, an der im März zwei Schulklassen und einige Lehrer wegen eines Corona-Ausbruchs unter Quarantäne gestellt werden mussten. 

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Schulamt prüft disziplinarische Maßnahmen

Nachdem die Lehrerin auf der Hygiene-Demo und bei ihren Schülern mit ihren Aussagen auffiel, reagierten die Eltern besorgt. Nun wird der Fall offiziell untersucht: "Im Fall einer Lehrerin aus Falkensee prüft das Schulamt in Neuruppin die Einleitung disziplinarischer Maßnahmen", heißt es aus dem Brandenburger Bildungsministerium. 

Für den Landeselternrat Jan Alexy ist der Fall klar. "Gerade wenn ich eine Schule mit Corona-Fällen habe, wenn da schon Menschen in Quarantäne waren, ist es aus unserer Sicht äußerst bedenklich, noch diese Grundstimmung mit reinzubringen." Alexy verweist auf die Neutralitätspflicht, die die Lehrerin gehabt habe, wenn sie Schüler direkt anspreche. "Wenn ich das so einseitig verbreite, ist das falsch."

Meinungsäußerung: Eine Frage des Wie.

Die Frage gilt für alle demonstrierenden Staatsdiener gleichermaßen, ganz gleich, ob Lehrerin, Verwaltungsbeamter, Polizist oder Soldatin: Wie können Beamte zum Beispiel auf einer Klimademonstration gegen die Braunkohlepolitik der Landesregierung protestieren? Und dürften sie sich auf einer asylkritischen Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik des Staates aussprechen?

Im Beamtenrecht ist dabei von Mäßigung und Rücksicht die Rede. Das heißt: Meinungsäußerungen sind erlaubt. Wichtig sei, wie das geschieht, erklärt der Berliner Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Christian Pestalozza. "Die dürfen über ihren Dienstherren oder das Grundgesetz nicht pöbeln. Sie dürfen sich verhalten kritisch äußern."

Die Frage sei, so Pestalozza, wie weit man seine Meinung anderen mitteile und aufdränge. "Je öffentlicher Sie das tun, müssen Sie bedenken, was für Rückschlüsse derjenige zieht, der das beobachtet und hört. Stellt der meine Loyalität in Frage?" So empfiehlt der Verwaltungsrechtler denjenigen, die die Loyalität nicht aufbringen können, ihr Arbeitsverhältnis zu lösen. 

Gesundheitsgefährdendes Verhalten kann dienstrechtlich geahndet werden

Für Pestalozza ist das Anzweifeln der Corona-Maßnahmen eine klare Sache. "Wer mit Verschwörungstheorien ankommt und sie privat oder auch im öffentlichen Umfeld auf Demonstrationen äußert, gefährdet den Schutz der Gesundheit aller anderer." Deshalb könne dieses Verhalten auch dienstrechtlich geahndet werden. 

Die betroffene Lehrerin ist derzeit krank geschrieben. Eine Entscheidung in der Sache ist noch nicht gefallen. 

Sendung: Brandenburg Aktuell, 11.06.2020, 19:30 Uhr

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