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Quelle: imago-images/Sotiris Dimitropoulos

Rückkehrer aus Risikogebieten

Corona-Tests an Flughäfen: "absurd" oder "angemessen"?

In zweieinhalb Wochen beginnt die Schule - und bis dahin werden Zehntausende Urlauber aus Spanien, der Türkei oder Asien wieder in Berlin und Brandenburg landen. Das Corona-Risiko ist unbekannt hoch. An Flughäfen könnte es Tests geben - doch einige Fragen sind offen.

Der Berliner Amtsarzt Patrick Larscheid hat die geplanten Corona-Tests an Flughäfen für Rückkehrer aus Risikogebieten kritisiert. "Fachlich ist das überhaupt nicht nachvollziehbar", sagte der Mediziner am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Er ist als Amtsarzt für den Bezirk Reinickendorf mit dem Flughafen Tegel zuständig. "Diese Testung schafft es nicht, Sicherheit herzustellen."

Larscheid verwies darauf, dass die angestrebten Tests eine Momentaufnahme seien. Theoretisch müssten die Menschen über Tage und Wochen mehrfach getestet werden. Die Betreffenden würden jedoch nach dem Test am Flughafen von der eigentlich vorgeschriebenen 14-tägigen häuslichen Quarantäne befreit, ohne dass es Sicherheit gebe. "Das ist ein schwerwiegendes Problem. Es ist nicht sicher, dass auf diese Weise das Zeitfenster der Infektion erfasst wird." Weiteres Problem: Eine Vielzahl von Tests habe mehr falsche positive Tests zur Folge.

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"Auf Kosten der Allgemeinheit"

Bestes und sicherstes Mittel sei weiter eine Quarantäne von 14 Tagen, sagte Larscheid. In dem Zeitraum könnten Menschen regelmäßig getestet werden und am Ende sicher sein, nicht mit Sars-CoV-2 infiziert zu sein. "Absurd ist, dass wir eine entsprechende Rechtsverordnung haben und nun gleichzeitig dafür sorgen, dass diese umgangen werden kann", so Larscheid. "Niemand wird gezwungen, in ein Risikogebiet in Urlaub zu fahren. Wer dieses Risiko dennoch auf sich nimmt auf Kosten der Allgemeinheit, der soll nach Rückkehr in Quarantäne gehen."

Die Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern hatte sich am Mittwoch darauf verständigt, dass Reisende aus Risikogebieten im Ausland künftig unmittelbar nach Rückkehr auf das Coronavirus getestet werden sollen. Dazu sollen an Flughäfen Teststellen eingerichtet werden. Ein Gesamtpaket zum Umgang mit Rückkehrern soll am Freitag beschlossen werden. Unklar ist bisher, wer für diese Tests zahlen soll.

Am Mittwoch wurde ebenfalls bekannt, dass sich eine vierköpfige Familie aus Cottbus mit Corona infiziert hatte. Sie war am Sonntag mit einem Flugzeug aus Mallorca in Nürnberg gelandet und dann mit dem Auto gefahren.

Die Flughafenbetreiber fordern unterdessen klare Zuständigkeiten für möglicherweise verpflichtende Corona-Tests für Reisende. Wenn diese Tests angeordnet werden, müssten sie Behörden durchführen. Flughafenmitarbeiter seien nicht befugt, Passagiere zu untersuchen. Außerdem müsse geklärt werden, wie man mit positiv getesteten Reisenden umgehen solle.

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"Niemand nimmt Schaden daran"

Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio am Donnerstag, er finde die Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten "vernünftig" und "angemessen". "Wenn man sie erst einreisen lässt und sie dann durch die Gegend fahren, sich in den Zug setzen, an Raststätten anhalten, dann vergeht natürlich Zeit, in der sie ansteckend sein können, dann ist es das Sinnvollste und wahrscheinlich auch Vernünftigste, sie direkt bei der Einreise zu testen." Es gehe darum, die Bevölkerung zu schützen. Es nehme niemand Schaden daran. "Wenn, dann muss man es verpflichtend machen."

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich ebenfalls dafür aus. "Dringend notwendig" seien Coronatests von Urlaubsheimkehrern aus dem Ausland. "Wir sind sonst im Blindflug unterwegs" und die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Welle steige deutlich. Man solle nicht trennen zwischen Risiko- und Nichtrisikoländern. Es sei gut, wenn jeder getestet werde, auch Urlauber aus dem europäischen Ausland, sagte er insbesondere mit Blick auf Bilder aus Spanien, Österreich oder den Niederlanden, "die allesamt bestürzend gewesen sind". Er empfehle sowohl Rückkehrern im Flugzeug als auch im Auto, sich testen zu lassen.

Sendung: Inforadio, 23.07.2020, 12:00 Uhr

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