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Audio: Inforadio | 01.10.2020 | Nina Amin | Quelle: dpa/Carsten Koall

Friedrichshain-Kreuzberg

Kritik an Ablehnung der Bundeswehr-Hilfe wächst

Die Bundeswehr unterstützt die Berliner Gesundheitsämter bei der Verfolgung von Infektionsketten. Aber nicht in Friedrichshain-Kreuzberg: "Aus ideologischen Gründen" werde die Hilfe dort abgelehnt, kritisiert Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer.

Die Weigerung des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Hilfe der Bundeswehr bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie anzunehmen, stößt zunehmend auf Kritik. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte dem "Tagesspiegel" am Donnerstag: "Mir fehlt jedes Verständnis, dass Rot-Rot-Grün es eher riskiert, dass es rasant steigende Infektionen gibt, dass Infektionsketten nicht nachverfolgt oder nicht eingedämmt werden können, als sich von der Bundeswehr helfen zu lassen - und das aus ideologischen Gründen."

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"Das ist kein Kampfeinsatz im Inland"

Den Vorwurf, die Bundeswehr-Unterstützung aus ideologischen Gründen zurückzuweisen, erhob auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Entscheidung von Friedrichshain-Kreuzberg "wundere ihn schon", sagte Spahn am Mittwochabend in der ARD-Sendung "Extra" zur Corona-Situation.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte am Dienstagabend in der rbb-Nachrichtensendung rbb24 angekündigt, der Senat werde noch einmal auf die Bezirke zugehen und darüber sprechen, wie man die Gesundheitsämter unterstützen könne. "Und was Friedrichshain-Kreuzberg da entschieden hat, will ich ganz klar sagen, ist nicht klug", betonte Müller. Die Bundeswehr habe angeboten, bei der Nachverfolgung von Infektionsketten zu helfen. "Das ist kein Kampfeinsatz im Inland, das ist konkrete Hilfe."

Am Donnerstag verwies Müller im Abgeordnetenhaus darauf, dass Berlin bei der Corona-Pandemie schon viel Unterstützung von der Bundeswehr bekommen habe. Das betreffe etwa den Aufbau eines Notfallkrankenhauses, die Beschaffung von Schutzkleidung, den Betrieb von Teststellen oder Lagerkapazitäten. "Ich werde es an jeder Stelle deutlich machen, dass wir die Hilfe auch weiterhin sehr gerne annehmen", sagte Müller.

Hilfe bereits im Juni abgelehnt

Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg kündigte für Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag an, mit dem der Einsatz der Soldaten doch ermöglicht werden soll, wenn Personalnöte entstehen. Derzeit sei die Kontaktverfolgung im Bezirk noch gesichert, sagte Fraktionschef Sebastian Forck dem rbb. "Wir wissen aber alle nicht, wie der Herbst läuft, wie es weitergeht mit dieser Pandemie." Dann könnte es sein, dass vorhandene Personal nicht mehr ausreiche.

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat sich laut "Tagesspiegel" inzwischen für einen Bundeswehr-Einsatz ausgesprochen: "Jede helfende Hand wäre uns in dieser Lage willkommen und wenn die Bezirksverordneten sich heute Abend für einen Einsatz entscheiden, soll mir das sehr recht sein", zitiert sie die Zeitung.

Die Bundeswehr hatte zuletzt 180 zusätzliche Soldaten zur Verfügung gestellt, die bei Kontaktverfolgung und Tests helfen sollen. Friedrichshain-Kreuzberg und auch Lichtenberg hatten eine Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bereits im Juni abgelehnt. Dort gebe es "keine mehrheitliche politische Untersützung" dafür, hatte eine Sprecherin mitgeteilt.

Sendung: Inforadio, 01.10.2020, 15.00 Uhr

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