rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: Inforadio | 08.12.2020 | Dietmar Ringel | Quelle: imago images/TSP/Doris Spiekermann-Klaas

Interview | Anne Helm (Linke)

"Wir haben einfach keine juristische Grundlage für ein Böllerverbot"

Mit dem Vorstoß, Silvester komplett böllerfrei zu halten, ist Berlin gescheitert. Es fehlt, so Anne Helm von der Linken, die juristische Grundlage. Denn die Regelung müsste auf Bundesebene getroffen werden. Berlin muss also sehen, wie es klarkommt.

rbb: Frau Helm, im vergangenen Jahr gab es in Berlin drei Böllerverbotszonen. Jetzt sollen es – obwohl Corona-bedingt nur sehr eingeschränkt gefeiert werden darf – mit Alexanderplatz und Pallasstraße nur zwei sein. Warum gibt es nur diese zwei Verbotszonen?

Anne Helm (Linke): Die dritte Verbotszone (die Straße des 17. Juni, Anm. der Red.) hatte einen anderen Anknüpfungspunkt, einen privaten, der so juristisch in diesem Jahr nicht wiederherzustellen war. Deswegen hat die Polizei mitgeteilt, dass sie die rechtliche Grundlage nur für die zwei Zonen haben. Und dass es auch sinnvoll ist, diese wieder einzurichten, damit es eine dauerhafte Akzeptanz für diese Verbotszonen gibt. So ist es uns im Innenausschuss am Montag berichtet worden.

Mehr zum Thema

Ankündigung des Innensenators

Berlin bekommt zu Silvester nur noch zwei Böller-Verbotszonen

Berlin wollte ja sogar ein allgemeines Verkaufsverbot für Pyrotechnik durchsetzen. Damit wäre es schwer geworden, überhaupt zu böllern. Das hat nicht funktioniert. Woran ist das gescheitert?

Das ist eine Regelung, die auf Bundesebene getroffen werden müsste. Da konnten wir uns mit unserer Position nicht durchsetzen. Es waren vor allem die CDU-geführten Länder, die sich darauf nicht einlassen konnten. Ein solches Verbot müsste über den Bundesinnenminister verfügt werden. Das haben wir schon letztes Jahr probiert – und auch dieses Jahr haben wir es im Zuge der Corona-Verhandlungen mit den anderen Ministerpräsidenten darauf insistiert, konnten uns aber leider nicht durchsetzen.

Auf welcher gesetzlichen Grundlage kann man solche Zonen überhaupt einrichten?

Das können wir in Berlin nur über das allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz verfügen – also über das Polizeirecht. Da sind die rechtlichen Anknüpfungspunkte, dass es eine tatsächliche Gefahr und gewalttätige Auseinandersetzung gibt. Das heißt, bei den bestehenden Verbotszonen müssen wir das auch gerichtlich nachweisen können. Dass es Angriffe zu Silvester gegeben hat und dass diese an die Örtlichkeiten geknüpft sind.

Wir haben darüber auch mit der Polizeiführung gesprochen und die Frage analysiert, ob es eher ent- oder belastend ist für die Einsatzkräfte, weitere Verbotszonen einzurichten. Die selbstverständlich dann auch kontrolliert werden müssten. Ingesamt sind bei Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften die Einsatzkräfte extrem belastet. Darum müssen wir überlegen, was am effektivsten ist. Eine bundesweite Regelung hätte da zu einer tatsächlichen Entlastung führen können. Aber diese Möglichkeit haben wir eben nicht.

Berlin muss also sehen, wie es klarkommt. Einerseits belastet es die Einsatzkräfte ja, wenn es an vielen Stellen zu Unfällen und Problemen kommt, andererseits belastet es insbesondere die Polizei auch, etwaige Verbotszonen zu kontrollieren. Aber ist es nicht doch ein Einknicken, wenn man die Leute böllern lässt, weil es noch schwerer fällt, die Kontrolle zu bewahren?

Das sehe ich so nicht. Wir haben einfach keine juristische Grundlage. Ob man böllern darf oder nicht ist im Sprengstoffgesetz hinterlegt und das ist nun mal Bundesrecht. Das heißt, wir haben gar keine Möglichkeit, es zu verbieten. Auch nicht durch die Infektionsschutzverordnung gibt uns da keine Möglichkeiten. Zumindest nicht, wenn wir das rechtssicher machen wollen. Ich persönlich finde das extrem unbefriedigend. Meine Lieblingsvariante wäre gewesen, dass es ein bundesweites Verbot gibt. Dann hätten nur professionelle Feuerwerke, die man auch dezentral von Zuhause aus genießen kann und die weniger gefährlich sind, stattfinden können. Das wäre angebracht gewesen dieses Jahr.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dietmar Ringel, Inforadio. Die ungekürzte Version finden Sie als Audio hinter dem Headerbild dieses Beitrages (Interview nachhören).

Sendung: Inforadio, 08.12.2020, 07:05 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen