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Quelle: imago images/Joko

Vorwahlbefragung

Jeder zweite Brandenburger fühlt sich als Bürger zweiter Klasse

Wächst da zusammen, was zusammen gehört? Ja und Nein. Eine Vorwahlumfrage in Brandenburg kommt zu dem Schluss: Ost und West werden anders bleiben. Das zeigt sich vor allem bei der Zufriedenheit mit der Demokratie.

Drei Jahrzehnte nach der Wende hadern viele Ostdeutsche mit ihrer Wahrnehmung und Teilhabe in der Öffentlichkeit. Einer Vorwahlbefragung von infratest dimap zufolge stimmen 59 Prozent der Brandenburger der Aussage zu, dass sie an vielen Stellen noch immer Bürger zweiter Klasse seien. Politik und Wirtschaft würden immer noch zu stark von Westdeutschen bestimmt (70 Prozent). Mehr als ein Drittel sieht sogar noch wachsende Unterschiede zwischen Ost und West in den vergangenen Jahren.

Dass sich darin in absehbarer Zeit etwas ändern könnte, glaubt nur eine Minderheit: Fast drei Viertel aller Befragten ist der Überzeugung, dass Kultur und Mentalität in Ost und West unterschiedlich sind und bleiben.

Allerdings scheint die Ost-West-Frage insgesamt keinen so zentralen Stellenwert mehr einzunehmen. Für immerhin 73 Prozent der Befragten spielt die Unterscheidung zwischen Ost und West keine große Rolle mehr.

Grundlage der Studie ist eine repräsentative Telefon-Befragung unter 1.003 wahlberechtigten Brandenburgern vom 26.-28. August 2019.

Wie siehts unterm Strich aus mit der Demokratie?

Aufschlussreich sind auch die Antworten auf die Frage nach der Zufriedenheit mit der Demokratie. Lediglich 52 Prozent der Befragten sind mit der Art und Weise, wie Demokratie in Deutschland alles in allem funktioniert, sehr zufrieden oder zufrieden.

Besonders unter Anhängern der Grünen überwiegen hohe Zustimmungswerte (73 Prozent). Unter AfD-nahen Wählern hingegen sind 87 Prozent unzufrieden.

So gut/schlecht schneidet die Landesregierung ab

Die Regierungsbilanz der Brandenburger fällt durchwachsen aus – und deutlich schlechter als noch vor fünf Jahren. Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent ist mit der Arbeit des Woidke-Kabinetts wenig bis gar nicht zufrieden. Vor allem AfD-Anhänger (87 Prozent), FDP-Wähler (66 Prozent) und CDU-Anhänger (55 Prozent) stellen der Landesregierung ein überwiegend schlechtes Zeugnis aus.

Zur letzten Landtagswahl 2014 überwog noch die Zufriedenheit mit der damaligen ebenfalls rot-roten Landesregierung mit 60 Prozent noch deutlich.

Wer ist das noch mal?

Zwar hat die SPD in der vergangenen Legislatur offenbar an Strahlkraft eingebüßt. Für ihr Spitzenpersonal lässt sich das allerdings so nicht sagen. Befragt nach der Zufriedenheit mit der politischen Arbeit der Spitzenkandidaten landet Ministerpräsident Dietmar Woidke unangefochten auf Platz 1 (55 Prozent). Im bundesweiten Vergleich rangiert er unter den Länderchefs damit zwar im unteren Drittel, aber in Brandenburg gibt ihm die Mehrheit der Menschen gute Noten.

Alle anderen Spitzenkandidaten der Parteien haben vor allem ein Problem: Kaum jemand kennt sie. Zu Hans-Peter Goetz von der FDP etwa sagen 76 Prozent der Befragten: kenne ich nicht, kann ich nicht beurteilen, weiß ich nicht, keine Angabe. 

Die Braunkohle-Frage zwischen Grünen und AfD

Interessant ist auch, wie die Brandenburger zu ihrer größten und umstrittensten Infrastrukturfrage stehen. Vier von zehn Brandenburgern sind der Studie zufolge mit dem gefundenen Kohlekompromiss zufrieden. Sie wünschen sich, dass die Braunkohleförderung bis zum Jahr 2038 allmählich auslaufen soll. Jeder Dritte hingegen würde wegen des Klimawandels einen früheren Ausstieg befürworten, während 23 Prozent eine Verlängerung über 2038 hinaus wünschen.

Die Bandbreite der Meinungen ist breit gefächert: Während unter Grünen-Anhängern fast drei Viertel einen beschleunigten Ausstieg wünschen, vertritt mehr als jeder zweite AfD-nahe Wähler einen Weiterbetrieb nach 2038.

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