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Quelle: imago images/Nordphoto

Profisport in der Corona-Krise

Weshalb Hertha und Union wieder trainieren dürfen

Die Profiteams von Hertha BSC und Union Berlin haben das Training wieder aufgenommen. Dabei bleiben die Sportanlagen der Stadt weiterhin geschlossen. Wieso dürfen die Bundesligisten das? Und welche Auflagen müssen sie beachten? Von Ilja Behnisch

Wenn der bayerischen Torwart-Legende und Stimmungskanone Sepp Maier der Spaß vergeht, muss die Lage wirklich ernst sein. "Was soll den das Herr Ministerpräsidenten Söder und Andy Scheuer […]. Kümmert Euch lieber, das wir bald wieder etwas Sport treiben dürfen, Tennis oder Golfen, da sind wir weit genug auseinander", schrieb der Weltmeister von 1974 am 8. April auf seinem Facebook-Account in kreativer Rechtschreibung.

Diese Frage stellt sich nicht nur der 76-Jährige, auch wenn er seinen Post inzwischen gelöscht hat. Zumal Maier kurze Zeit später (mit einem inzwischen ebenfalls gelöschten) Zusatz nachlegte: "Wenn einige Fußballvereine wieder trainieren dürfen, wenn auch nur in fünfer Gruppen, warum dürfen wir dann zu Zweit keinen Sport betreiben"?

Hintergrund

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Anonyme Anzeigen

Eine Frage, die man sich offenbar auch in Niedersachsen stellte. Denn sowohl bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig als auch in Hannover gingen anonyme Anzeigen gegen den VfL Wolfsburg (Bundesliga) und Hannover 96 (2. Liga) ein. Die Kernfrage der Beschuldigung: Warum trainieren die Profimannschaften beider Klubs und das trotz der wegen der Corona-Krise beschlossenen Verordnung zur Beschränkung sozialer Kontakte?

Die Antwort der Klub-Verantwortlichen: Bereits im März hätten die entsprechenden Behörden Ausnahmeregelungen genehmigt.

In Berlin hat bis dato noch niemand eine Anzeige erstattet - und das obwohl auch bei Hertha BSC und Union Berlin der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen wurde. Dabei fragen sich in der Hauptstadt nicht nur mit dem Stollen scharende Hobbykicker: Warum dürfen also die Profis gemeinsam trainieren?

Nicht ohne Auflagen

Die Antwort kommt aus der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. "Ausnahmegenehmigungen werden auf Grundlage der Rechtsverordnung (§ 4 Abs. 2) ausschließlich für die Profimannschaft (Kaderliste inkl. Trainer / Betreuer) – in Ausübung ihres Berufs (Sportbetrieb als wesentlicher Lebensinhalt bzw. zum Einkommenserwerb) erteilt", so ein Sprecher der Innenverwaltung auf Nachfrage von rbb|24.

Die Genehmigung sei von den jeweiligen Vereinen zu beantragen - unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien. So müssen die Klubs eine "Einzelauflistung der Profisportler" und "verantwortliche/r Trainer/in / Betreuer" leisten, zudem "Nutzungstag und Nutzungszeit (z.B. Trainingsplanung)" sowie "Trainingsstätte(n) inkl. Funktionsräumlichkeiten (z.B. Fußballplatz, Fitnessraum, Physioräume, Umkleiden)" benennen.

Quarantäne? Kein Problem

Weiterhin gelte die "Einhaltung der Abstandsregelungen (mindestens 1,5 Meter) und der Hygienevorschriften nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts" und die Beschränkung auf "Kleinstgruppen bis maximal acht Spieler auf dem Platz". Die Trainingszeiten und -orte dürften "zur Vermeidung von Zuschaueransammlungen" nicht veröffentlicht werden. Darüber hinaus sei das Training der gesamten Gruppen "bei Auftreten eines Infektionsfalles sofort einzustellen".

Dass Spieler wie Marius Wolf und Niklas Stark (beide Hertha BSC) oder Yunus Malli (Union Berlin) sich derzeit in Quarantäne befinden, weil sie Kontakt zu Infizierten hatten, bleibt davon unberührt. Und ebenso, dass zumindest die Trainingsorte von Hertha BSC und Union Berlin kein allzu gut gehütetes Geheimnis sind.

Berlin ist im Vorteil

Und auch wenn sich Herthas neuer Trainer Bruno Labbadia wegen des einzuhaltenden Mindestabstands ab Montag nicht daran machen kann, sofort mit intensivem Zweikampftraining loszulegen, darf er sich doch über Berliner Großzügigkeit freuen. Der Bremer Senat etwa hat Bundesligist Werder Bremen nach zähem Ringen zwar ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung erteilt, dort allerdings dürfen die Gruppen nicht mehr als vier Spieler plus einen Trainer umfassen.

Die Möglichkeit auf Erteilung einer Ausnahmeregelung ist im Übrigen nicht nur Fußballklubs vorenthalten. So habe laut Innenverwaltung auch der Handball-Bundesligist Füchse Berlin einen Antrag gestellt und genehmigt bekommen.

Es gibt also noch Hoffnung für all jene, die voller Neid zu den nun wieder Sport treibenden Bundesligisten blicken. Sie müssten nur eben als Profisportler durch das Leben gehen. Wie genau das funktioniert, kann ja vielleicht Sepp Maier verraten. Er hat ja gerade Zeit.

Beitrag von Ilja Behnisch

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