rbb24
  1. rbb|24
  2. Sport
Quelle: imago images/Jürgen Ritter

Bewegungsdrang und Risiken

Warum Sport während Corona wichtiger denn je ist

Unter den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus leidet sowohl der Spitzen- als auch der Breitensport. Warum der nicht nur angesichts einer Pandemie an Bedeutung gewinnt und wieso nun auch die Chef-Etagen gefragt sind.

Der Spitzen- und Breitensport steht erneut vor schweren Einschränkungen. Vereins- und Mannschaftssport werden untersagt, im Amateurbereich wird im November nur noch Individualsport möglich sein - allerdings nicht in Fitessstudios, auch sie werden geschlossen.

Wolfgang Ruf, Studiengangsleiter Soziale Arbeit und Sport an der Deutschen Hochschule für Gesundheit und Sport, mahnte im Vorfeld der Bund-Länder-Konferenz im Gespräch mit dem rbb: "Man sollte die öffentlichen Sportplätze so lange wie möglich unter Einhaltung der Hygiene-Maßnahmen geöffnet lassen, um den Zugang zu Bewegungsangeboten möglichst lange aufrecht zu erhalten. Auch aufgrund der sozialen Unterschiede. Manche haben einen Garten zu Hause, für andere sind öffentliche Sportplätze jedoch sehr wichtig."

Für "Körper und Geist" sei der Sport gleichermaßen wichtig, so Ruf, der zudem auf die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation verweist, auf denen auch die Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums basieren und die besagen, dass man sich "mindestens 150 Minuten mit mindestens mittlerer Intensität pro Woche bewegen soll, um die Gesundheit zu erhalten oder zu verbessern."

Mehr zum Thema

Amateursport in Vereinen untersagt

Profisport im November nur noch ohne Zuschauer erlaubt

Wichtig für die Covid-19-Therapie

Kinder seien sogar noch viel mehr auf Bewegung angewiesen, so Ruf: "Kinder haben grundsätzlich einen sehr hohen Bewegungsdrang. Man empfiehlt zum Beispiel Kindergartenkindern drei Stunden pro Tag Bewegung, während es für Erwachsene zweieinhalb Stunden pro Woche sind."

Auch in unmittelbarer Hinsicht auf Covid-19 ist Sport von Bedeutung, so Ruf. So sei körperliche Inaktivität laut Studie des Robert Koch-Instituts ein Risikofaktor für Krankheiten wie Adipositas, Diabetes-2 oder Herzerkrankungen, welche wiederum einen schweren Verlauf von Covid-19-Erkrankungen begünstigen können.

Bewegungsrückgang um elf Prozent

Wie sehr die Einschränkungen auf das Bewegungsverhalten der Menschen Einfluss nimmt, zeigt eine Auswertung eines Fitnessband-Herstellers, die Ruf zitiert und nach der ein "Bewegungsrückgang um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum festgestellt werden konnte." Immerhin: "Das Bewegungsverhalten in Deutschland hat sich im Vergleich zu Ländern wie Italien oder Spanien, in denen die Einschränkungen stärker waren, moderater verringert."

Bewegung also hilft, und die alte Weisheit, nach der jeder Schritt zähle, treffe immer noch zu. "Die Regelmäßigkeit ist wichtiger als der Umfang", so Ruf. Auch der Sportwissenschaftler, Athletik- und Personaltrainer Björn Kadlubowski mahnt im Gespräch mit dem rbb, Belastungen nur "langsam zu steigern, weil es sonst zu einer Überlastung des Organismus kommen kann."

Mehr zum Thema

Hallensport unter Corona

Vereine turnen unter erschwerten Bedingungen

Appell an die Chefs

Dabei muss es nicht das Fitness-Studio oder der Sportplatz sein, so Kadlubowski, der insbesondere auf die Kniebeuge schwört, denn: "Sie ist für mich mit die elementarste Übung, weil dabei die gesamte Beinmuskulatur beansprucht wird. Auch die Rumpfmuskulatur wird bei der Ausführung gestärkt. Richtig ausgeführt, kann man im gesamtes Bewegungsausmaß die Mobilität verbessern. Somit haben wir eine Übung, die uns sehr weiterbringt."

Zumal die Kniebeuge auch im womöglich bald wieder noch mehr genutzten Homeoffice machbar ist. Oft genug eine Dreifachbelastung aus Arbeit, Haushalt und Familie. Da helfe der Sport, "auch mal auf andere Gedanken zu kommen", so Kadlubowski. Aber auch im Büro sei regelmäßige Bewegung wichtig, denn der Körper sei nicht für das Sitzen gemacht: "Da appelliere ich an die Chef-Etagen, dass man den Angestellten zumindest eine kurze Bewegungspause gestattet."

So oder so: Allzu lange sollte man nach der möglichen Schließung der Sportstätten nicht damit warten, sich alternativ Bewegungsmöglichkeiten zu suchen. "Generell kann man schon davon ausgehen, dass wenn man ein bis zwei Wochen inaktiv ist die Verletzungsanfälligkeit stark erhöht wird und gleichzeitig das Fitness-Level stark sinkt", so Kadlubowski.

Sendung: rbb UM6, 28.10.2020, 18:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

Artikel im mobilen Angebot lesen