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Audio: Antenne Brandenburg | 12.01.2020 | Eva Kirchner-Rätsch | Quelle: rbb / Eva Kirchner

Wochenserie | Tagebuch aus dem Home-Schooling

Mathe, Deutsch und Englisch zwischen Küchentisch und Wohnzimmer

Selbst erst lernen, was man seinen Kindern beibringen soll: Die meisten Brandenburger Schulkinder und deren Eltern improvisieren daheim derzeit so etwas wie Schule. rbb-Autorin Eva Kirchner sitzt mit ihrem Sohn Anton im Home-Schooling. Ein Erfahrungsbericht.

Anton geht in die 6. Klasse einer Fürstenwalder Grundschule. Er muss Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und sogar Kunst und Sport noch mindestens zwei Wochen zu Hause machen. rbb-Autorin Eva Kirchner über die Tücken in ihrem Familien-Schul-Alltag.

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Unser großes Thema in Mathe ist im Moment die Bruchrechnung. Brüche addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren - alles bisher kein Problem. Das krieg ich noch zusammen und mit etwas Hilfe packt Anton das auch ganz gut. Bis heute. Denn jetzt heißt es Bruch- und Klammerrechnung. Klammerrechnung geht vor Punktrechnung und so weiter. Also alles zusammen und doch eins nach dem anderen.

Wir entscheiden uns Mathe heute als Erstes zu machen. Dann hab ich es hinter mir, lautet Antons Begründung. Mir ist das auch recht. Am Morgen, so meine Hoffnung, ist Anton, der auch sehr ungeduldig sein kann, noch aufnahmefähig.

Doch vor dem Rechnen kommt das Erklären. Und das fällt mir ehrlicherweise schwer. Schon bei der ersten Rechenaufgabe, die drei Klammern und fünf verschiedene Brüche umfasst, die dann auch noch addiert und multipliziert werden müssen, streikt mein Sohn. Er versteht die Welt nicht mehr. Und ich versuche mit Händen, Füßen und auf dutzenden Schmierzetteln zu erklären, welche Brüche in welcher Reihenfolge wie gerechnet werden müssen.

Dabei geraten wir beiden heute ziemlich aneinander und an unsere Grenzen. Ich werde ungeduldig und kann nicht verstehen, warum er diese – aus meiner Sicht - einfachen Aufgaben nicht lösen kann.

Aber es ist eben ein Unterschied, ob eine Lehrerin mit pädagogischer Ausbildung oder ich, also ein Laie, was das angeht, den Rechenweg erklärt. Dazu kommt die Ungewissheit, ob ich es auch so mache, wie Anton es in der Schule lernen würde?

Hilflosigkeit macht sich breit. Schließlich macht Anton dicht, er hat keine Lust mehr.

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Ich verordne eine Pause und recherchiere im Internet nach Lernvideos. Und werde tatsächlich fündig. Es gibt eine ganze Reihe solcher Clips. Doch bevor ich die Anton zeige, muss ich sie mir selbst erst einmal angucken. Und das kostet Zeit. Zeit, in der Anton sich lieber seinen Dinosauriern widmet als seinen Hausaufgaben. Seine Prioritäten sehen eben ganz anders aus als meine.

Ich entscheide mich schließlich für ein Video und beende die Pause, die uns beiden gut getan hat.

Gemeinsam gucken wir die Anleitung und versuchen es dann erneut mit dem Rechnen. Diesmal klappt es und Anton nimmt sich auch den Rest seiner Mathe-Aufgaben vor. Ich sitze daneben und helfe dort, wo er Hilfe braucht. Das gilt nicht nur für Mathe, sondern auch für die anderen Schulfächer.

Der heutige Unterrichtstag hat mir meine Grenzen gezeigt. Aber ich habe auch gelernt, ich muss nicht alles können, ich muss nur wissen, wo ich Hilfe bekomme.

Teil 1 der Wochenserie finden Sie hier.

Teil 3 folgt am Mittwoch.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.01.2020, 15:40

Beitrag von Eva Krichner

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