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Audio: Antenne Brandenburg | 26.03.2020 | John-Alexander Döring | Quelle: www.imago-images.de

Quarantäne-Regelung

Brandenburg bietet polnischen Pendlern Geld fürs Bleiben

Wegen der neuen Quarantäne-Regelung für polnische Pendler fürchtet die Regierung in Brandenburg, dass benötigte Arbeitskräfte das Land verlassen. Mit Geld aus der Landeskasse sollen sie vom Verbleib überzeugt werden.

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) hat an die polnischen Arbeitspendler appelliert, trotz der veränderten Quarantäre-Regelung in Brandenburg zu bleiben. Ab Freitag würden sie pro Tag 65 Euro aus der Landeskasse erhalten sowie jedes Familienmitglied, das sich in Brandenburg aufhält, täglich 20 Euro, sagte Lange am Donnerstag dem rbb.

Jeden Tag würden tausende polnische Arbeitspendler gebraucht, und zwar in vielen unterschiedlichen Berufszweigen. Das betreffe zum Beispiel neben der Landwirtschaft auch die Pflege und die Logistik-Branche. Sie appellierte an die Arbeitgeber, ebenfalls einen Beitrag zu leisten.

Hintergrund

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Brandenburg auf polnische Pendler angewiesen

Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) betonte, dass das Ausbleiben polnischer Pflegekräfte und Ärzte ein großer Schlag gerade für die Kliniken an der polnischen Grenze wäre. Jede medizinische Fachkraft werde derzeit händeringend gebraucht. Das brandenburgische Europaministerium und das Auswärtige Amt seien in intensiven Verhandlungen mit Polen und Tschechien über Ausnahmeregelungen für medizinisches Personal.

Auch Nonnemacher betonte, dass Pendler großzügige Unterstützung etwa bei Übernachtungskosten bekommen würden, wenn sie in Brandenburg blieben. Die polnische Regierung hat verfügt, dass eine Ausnahmeregelung für polnische Arbeitspendler in der Nacht auf Freitag ausläuft und ab dann alle Rückkehrer in Polen 14 Tage in Quarantäne gehen müssen.

Viele Polen wollen Familie nicht zurücklassen

Die mögliche lange Trennung von der Familie ist das Hauptproblem für die viele der ungefähr 14.000 Polinnen und Polen, die nach Brandenburg pendeln. "Die Familie zuhause zu lassen und nicht zu wissen für wie lange, ist für die Leute ganz schlecht", sagt etwa Zbigniev K., der für den Geflügelhersteller Plukon arbeitet. Dessen Betriebsrat Michael Kressin betont, das Unternehmen wolle "alles probieren", damit die Produktion weiterläuft. "Wir haben den Leuten angeboten, dass sie hier ein Hotelzimmer mit Versorgung kriegen können." Zbigniev K. ist dennoch unsicher, ob er bleiben soll. 

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Folgen für Krankenhäuser wären verheerend

Der Präsident der Landesärztekammer, Frank Ullrich Schulz, begrüßt die Ankündigung der Landesregierung, polnischen Berufspendlern, die bleiben, eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Zudem warnte er vor einem Aderlass im Gesundheitswesen durch die Corona-Quarantäne-Verordnung für die Arbeiter aus dem Nachbarland. In manchen Kliniken vor allem in Grenznähe kämen mehr als 30 Prozent der Beschäftigten aus Polen zur Arbeit, sagte Schulz. Dabei handele es sich um rund 280 Mediziner. Dazu kämen noch Krankenschwestern und Hebammen.

Am Asklepios-Klinikum Uckermark in Schwedt an der Oder werden derzeit Vereinbarungen mit den Pendlern getroffen, sagte Geschäftsführer Ulrich Gnauck auf Anfrage. Im Gespräch sei, 14 Tage im Block zu arbeiten und dann für die Quarantäne wieder nach Hause zu fahren. Andere wollten die arbeitsfreie Zeit weiter hier verbringen. Für die Kosten der Unterkunft komme die Klinik auf, sagte er. In dem Haus betreffe es 50 Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen. Der Ärztliche Direktor der Klinik, Rüdiger Heicappell, forderte im Gespräch mit rbb von der Landesregierung, sich dafür einzusetzen, dass das medizinische Personal von der Quarantäne-Regel ausgenommen werde.

Das Kreiskrankenhaus in Prenzlau teilte am Donnerstag mit, dass fast alle der 22 polnischen Mitarbeiter bereit seien, in Brandenburg zu bleiben. Woanders, etwa im Klinikum Frankfurt (Oder) oder im Krankenhaus Seelow, ist derzeit noch nicht bekannt, wieviele polnische Mitarbeiter am Freitag wiederkommen werden.

Entscheidung am Freitagmorgen

Polnische Angestellte bei deutschen Unternehmen können laut Landesverband des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV) am Donnerstagabend noch ungehindert nach Polen zurückkehren. Der Grund: Die verschärften Regeln für Pendler treten erst Mitternacht in Kraft. Freitagmorgen könnten die Pendler dann noch einmal auf der Arbeit erscheinen. Sie müssten sich dann aber entscheiden, ob sie sich zu Hause für 14 Tage in Quarantäne begeben oder im Land bleiben, um ab Montag weiterarbeiten zu können.

Sendung: Inforadio, 26.03.2020, 15:30 Uhr

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