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Audio: Inforadio | 23.03.2020 | Interview mit Björn Fromm, Handeslverband Berlin-Brandenburg | Quelle: dpa/Robert Michael

Interview | Corona-Schutz in Supermärkten und Drogerien

"Plexiglas ist derzeit im Rennen"

Wie schützt man Mitarbeiterinnen, die jeden Tag Kontakt mit hunderten Menschen haben? Darüber machen sich gerade Marktleiter von Supermärkten und Drogerien Gedanken. Da darf auch Kreativität gefragt sein, sagt der Handelsverband.

rbb: Herr Fromm, keine Menschenansammlungen, Abstand halten, Hände waschen, das sind die allgemeinen Schutzregeln. Wie sieht es mit Abstand an Kasse IN Supermärkten und Drogenrien aus?

Björn Fromm: Es klappt ehrlicherweise jeden Tag besser, weil die Kundinnen und Kunden sich auch mehr darauf einstellen. Es gibt verschiedene Lösungen: Ein Teil der Supermärkte stellt Kunden-Begrenzungen auf oder verwendet "Bitte Abstand halten"-Aufkleber. Andere waren ganz schnell und haben aus den Baumärkten Klebeband geholt. Dabei ist es nicht wichtig, wie es aussieht, sondern dass es was bringt. In den Geschäften sehen wir schnelles Handeln, um die Kunden aufmerksam zu machen, Abstand zu halten und aufeinander zu achten.

Wie schützen Sie die Kassiererinnen und Kassierer?

Ein hundertprozentiger Schutz ist schwierig. Die meisten Kolleginnen und Kollegen haben sehr schnell angefangen, Abstände zu erhöhen und Hinweisschilder aufzustellen. Einige kassieren nur noch mit EC-Karten und nehmen kein Bargeld an. Seit einigen Tagen rüsten sehr viele auf und bauen sogenannte Plexiglasscheiben ein. Das geht auch sehr unbürokratisch und schnell. Wir sind auch froh, dass benachbarte Handwerker mithelfen. Vermutlich ist Plexiglas derzeit im Rennen.

Gut zu wissen

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Das heißt, konkrete Angaben, Empfehlungen oder Regeln vom Landesamt für Arbeitsschutz erwarten Sie nicht?

Das Ganze muss man mit einem gewissen Pragmatismus sehen. Wir sind vielleicht sogar froh, dass wir jetzt nicht in einen Wahn kommen, erst noch Normen zu erfinden, sondern man miteinander spricht und zumindest gute Anforderungen gemacht werden. Wir als Handelsverband geben das an die Genossenschaften weiter, die Märkte betreiben, an Einzelhändler selber oder Filialunternehmen. Daraus machen alle das Beste.

Im Zweifel sage ich: Wenn der Glaser nebenan eine Scheibe hat, die vielleicht ein Stück zu breit oder zu hoch ist, besser diese montieren als gar keine. Und deswegen sind wir froh, dass der Pragmatismus ganz weit oben steht und wir probieren, uns bestmöglichst zu schützen und nicht Normen erst drei Wochen miteinander entwickeln müssen.

Das heißt vom Handelsverband her empfehlen Sie Supermarktbetreibern oder Betreibern kleinerer Läden, eine Scheibe vor die Kasse zu setzen?

Eine Scheibe ist eine gute Maßnahme. Baumärkte verwenden beispielsweise Markierungen oder Kundenstopper, um Abstand zu halten. Das EC-Gerät wird weiter nach vorne geholt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Die Glas- oder Plexischeibe wird jetzt eine gute Möglichkeit sein. Und es ist gut, dort keine Vorgaben zu machen, sondern die Leute auch kreativ sein zu lassen. Damit sie das, was sie am schnellsten realisieren können, auch umsetzen. Wir haben die Scheiben empfohlen. Viele machen das auch nach. Aber auch andere Maßnahmen können sehr gut sein.

Wie sorgen Sie dafür, dass nicht zu viele Kunden auf einmal im Supermarkt sind?

Ja, auch das ist eine spannende Frage. Natürlich kann man jetzt die Eingänge strikt überwachen. Hier müsste man sich darum kümmern, dass vor den Supermärkten, Discountern, Drogeriemärkten oder Fachgeschäften keine Schlangen entstehen. Sonst würde man das Problem nach außen verlagern, vielleicht auf öffentliches Straßenland. Das ist sehr frequenzabhängig. Dabei ist die Vernunft zum Glück vielfach ganz weit oben. Es gibt Märkte und Filialen, die schwächere Besucherzahlen haben. Dort braucht man keine Eingangsbeschränkung. Dann gibt es Hochfrequenz-Standorte, die von sich aus angefangen haben, einen Security-Dienst oder Kassierer abzustellen, die eine bestimmte Anzahl von Personen gleichzeitig reinlassen, je nach Größe. Es ist gut, dass man dort kein Gießkannenprinzip hat. Das bringt in der Regel auch wenig, sondern jetzt ist Einsatz gefragt. Den erleben wir im Handel, und das funktioniert gut.

Zur Person

Björn Fromm ist Präsident des Handesverband Berlin Brandenburg und Inhaber von zwei Supermärkten in Berlin.

Was wünschen Sie sich zum Beispiel vom Berliner Senat?

Der Senat hat in den letzten Tagen besonnen gehandelt. Es ist gut, wenn wir Vorgaben möglichst zentral machen. Beispielsweise in Brandenburg oder auch in anderen Bundesländern probieren alle zu handeln. Vielleicht setzt ein Landrat nochmal schärfere Bestimmungen durch. Das mag auch hier und dort geboten sein, weil es vielleicht ein Krisengebiet ist oder eine höhere Gefahr ausgeht. Es ist aber wichtig, sich nicht zu überbieten, sondern besonnen zu handeln, das in Ruhe zu kommunizieren, mit der gebotenen Eile.

Wir müssen aber auch an die Kolleginnen und Kollegen denken, die jetzt nicht jeden Tag öffnen, sondern vielleicht gar nicht mehr öffnen dürfen und auch auf Hilfen angewiesen sind. Auch daran muss gedacht werden und der Austausch ist gut zurzeit.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Björn Fromm führte Irina Grabowski, Inforadio.

Bei dem Text handelt es sich um eine redigierte und gekürzte Fassung. Das komplette Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Inforadio, 23.03.2020, 13:45 Uhr

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