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Video: Brandenburg aktuell | 24.03.2020 | Quelle: dpa/Woitas

Paketboten in Corona-Zeiten

"Ich kann mir bei der Arbeit nicht einmal die Hände waschen"

Paketdienstleister haben derzeit ein großes Arbeitspensum - und Angst. Die Branche trifft Sicherheitsvorkehrungen gegen eine Infektion - doch Paketboten beklagen eine andere Realität. Ein Blick in die Branche der Frei-Haus-Lieferanten. Von Efthymis Angeloudis, Tina Friedrich, Ansgar Hocke

Nach der weiteren Verschärfung der Kontaktbeschränkungen in Berlin und Brandenburg sind viele Menschen ins Home-Office gewechselt - oder stehen ganz ohne Aufträge und damit Arbeit da. Da zeitgleich fast alle Geschäfte geschlossen sind, könnte die Branche derer, die Waren frei Haus befördern, an Fahrt gewinnen.

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Bisher normale Sendungsmengen

Ein Blick auf DHL: Fünf Millionen Pakete werden derzeit pro Tag vom Marktführer transportiert. Das entspricht dem durchschnittlichen Tageswert eines Jahres - trotz Coronavirus lassen Paketzustellungen nicht nach. Über Prognosen für die Zukunft hält sich DHL zurück: "Wir sehen bisher normale Sendungsmengen und keinerlei Engpässe durch erhöhte Mengen", erklärt Tina Birke von der Deutschen Post DHL Group.

Es gebe zurzeit Planungen, mit denen temporär auch deutliche Mehrmengen bewältigt werden könnten. Wie dies umgesetzt werde, dazu gibt das Unternehmen keine Antwort. In Berlin und Brandenburg beschäftigt die Deutsche Post DHL insgesamt rund 13.500 Mitarbeiter.

Einzig ein Paar Einweghandschuhe zum Schutz

Die Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden stehe dabei an erster Stelle, so Birke. Deswegen habe DHL die betrieblichen Prozesse situationsbezogen angepasst. "Unseren Mitarbeitern, also auch den Zustellerinnen und Zustellern, empfehlen wir gute Handhygiene, eine korrekte Hustenetikette, sowie das Einhalten eines Mindestabstandes zu eventuell erkrankten Personen", erklärt Birke in einem Schreiben an den rbb weiter.

"Das einzige, was wir bekommen haben, war ein Mitarbeiterbrief und ein Paar Einweghandschuhe", erklärt ein Paketbote der DHL, der nicht namentlich genannt werden möchte, gegenüber rbb|24. Geändert habe sich auch, dass die Empfänger nicht mehr auf dem Zustellgerät unterschreiben müssten. "Dafür müssen wir aber immer noch jeden Tag an dutzenden Türen klingeln und stehen in Kontakt mit Menschen, von denen wir nicht wissen, ob sie erkrankt sind."

DHL weist auf die Möglichkeit hin, dass Kunden auch Packstationen nutzen oder einen anderen Ablageort auswählen können, und empfiehlt dieses Zustellverfahren für alle Haushalte in Selbstisolation oder unter Quarantäne. Diese Auswahl obliegt aber ausschließlich den Kunden.

Kontaktlose Lieferung

Hermes und dpd berichten, dass sich die Menge an Sendungen bisher nicht erhöht habe. Bei der Übergabe der Pakete haben sie ihr Procedere geändert und auf eine kontaktlose Lieferung umgestellt. Bei der Übergabe wird auf die Empfangsbestätigung durch den Empfänger verzichtet. Das übernehmen die Zusteller, um die Entfernung zum Kunden einzuhalten. 

Versandapotheken profitieren von der aktuellen Corona-Pandemie - Kunden versorgen sich zunehmend online mit Medikamenten, auch verschreibungspflichtigen. "Das Bestellaufkommen bei Online-Apotheken hat seit Ausbruch der Pandemie um rund 60 Prozent zugenommen", sagt der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken Christian Buse. Die Branche müsse nun Maßnahmen ergreifen, um den Mehraufwand zu bewältigen. "Wir werden jetzt Mitarbeiter für die Logistik aus Branchen einstellen, die durch die aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung von Schließungen betroffen sind", so Buse.

Gegenüber rbb|24 bestätigte Marten Bosselmann vom Bundesverband Paket & Express Logistik dagegen, dass das Sendungsaufkommen auch nach dem Einsetzen der Coronakrise bisher weitgehend unverändert sei: "Tatsächlich laufen die Zustellungen gegenwärtig besonders reibungslos, da sich aufgrund des deutlich geringeren Individualverkehrs die Fahrtzeiten verringern", so Bosselmann. Die Aufhebung des Sonntagsfahrverbotes sei ein richtiger Schritt gewesen, auch um die Versorgung mit Gütern in allen Bereichen zu sichern.

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Rabattaktionen und kostenlose Lieferung von Schuhe und Kleidung

Doch welche Güter sind damit gemeint? Nicht nur überlebenswichtige: Mehrere Onlineversandhändler locken Kunden momentan mit Sales-Angeboten. So verspricht H&M Rabatt auf Onlinekäufe und kostenlose Lieferung, der Modehändler Zalando lockt mit Preisnachlässen und verspricht, eine Lieferzeit von zwei bis vier Werktagen einhalten zu können.

"Seit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens stellen wir negative Auswirkungen in Form von geringerer Nachfrage in den betroffenen Gebieten fest", erklärt Catherine Westphal, Sprecherin von Zalando gegenüber rbb|24. "Natürlich beobachten wir die aktuellen Entwicklungen genau. Wir sind darauf fokussiert, zum einen die Gesundheit unserer Mitarbeiter zu schützen, zum anderen die Fortführung unseres Geschäfts sicherzustellen", so Westphal weiter.

Auch deswegen unterstütze Zalando die bisher unternommenen politischen Maßnahmen. "Das Gleiche gilt für die Aufrechterhaltung von grundlegenden Services bei der Post- und Paketzustellung", so die Sprecherin. Diese Schritte seien entscheidend, um ökonomische Auswirkungen während der Krise abzufedern.

Infektionsrisiko über Paket gering

"Nach den aktuellsten Informationen der WHO", so Westphal weiter, "wird das Infektionsrisiko über ein Produkt oder Paket als gering eingeschätzt. Dies umfasst demnach auch retournierte Artikel."

Paketboten beruhigt das eher weniger. "Klar, wir halten jetzt Abstand. Sobald ich an der Tür klopfe, lege ich das Paket hin und gehe zwei Schritte zurück", sagt der DHL-Paketbote gegenüber rbb|24. "Doch das heißt nicht, dass ich geschützt bin. Ich kann mir während meiner Arbeit ja nicht einmal die Hände waschen - geschweige denn desinfizieren. Desinfektionsmittel hat uns niemand auf der Arbeit gegeben."

 

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