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Video: Abendschau | 31.10.2020 | Kersten/Kell/Breitfeld | Gespräch mit Engelbert Lütke Daldrup | Quelle: dpa/Michael Kappeler

Erste Flugzeuge gelandet

Das Wunder von Schönefeld: Der BER ist tatsächlich in Betrieb

Nun ist es soweit. Neun Jahre und einen Tag nach dem ersten geplanten Starttermin 2011 ist am Samstag die erste Maschine auf dem neuen Flughafen BER gelandet - und zwar ein Flug aus Tegel. Begleitet wurde der Eröffnungstag von Protesten.

Nach jahrelangen Verzögerungen hat am Samstag der neue Flughafen Berlin Brandenburg "Willy Brandt" (BER) seinen Betrieb aufgenommen. Um 14:01 Uhr landete im verregneten Schönefeld die erste Maschine auf dem neuen Airport - der Easyjet-Flug EJU 3110, der eine Stunde zuvor am Flughafen Tegel gestartet war. Es folgte um 14:05 Uhr der Lufthansa-Flug LH 2020 aus München.

Wegen der schwierigen Witterungsbedingungen mussten beide Flugzeuge nacheinander auf der Nordbahn landen. Ursprünglich sollten sie zeitgleich auf der Nord- und Südbahn landen. Dass Easyjet dabei als erstes aufsetzen durfte, ist auch ein kleiner Fingerzeig - immerhin streiten beide Fluggesellschaften um die Marktführerschaft am neuen Hauptstadtflughafen. An Bord der Premierenflieger waren Gäste aus Politik und Wirtschaft und Medien sowie Mitarbeitende der Fluggesellschaft, zudem die jeweiligen Firmenchefs Johan Lundgren und Carsten Spohr.

Seit 20 Uhr hat der Flughafen auch für Besucher geöffnet, am Abend landen auch die ersten Linienflüge, etwa aus Madeira oder Fuerteventura. Den Jungfernflug des neuen Airports absolviert dann am Sonntag ebenfalls eine Easyjet-Maschine - um 6:45 Uhr nach London. Dann werden auch erstmals Passagiere am Hauptterminal 1 einchecken.

"Kein historischer Tag, aber ein wichtiger"

Vierzehn Jahre Bauzeit und mehrere verschobene Starttermine gehören dabei zur Geschichte des neuen Airports, die auch in einer eigenen Ausstellung thematisiert werden. Engelbert Lütke Daldrup übernahm im März 2017 die Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH und wurde damit zum Flughafenchef.

Aufgrund der schwierigen Entstehungsgeschichte und der aktuellen Corona-Lage fiel die offizielle Eröffnung im Anschluss allerdings nur sehr klein aus. Lütke Daldrup betonte an seinem Geburtstag, es sei "kein historischer Tag, aber ein wichtiger" für Berlin und Brandenburg. "Endlich können wir unseren Flughafen in Betrieb nehmen. Endlich", sagte Lütke Daldrup erleichtert.

An der historischen Eröffnung nahmen auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke, der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) teil.

"Dieser Flughafen ist auch ein Stück weit Wiedervereinigung und Nachwendegeschichte", sagte Müller. Er erinnerte an die die zahllosen Probleme in der Baugeschichte. "Es gab in den vergangenen Jahren Tage, die waren zum Verzweifeln." Woidke schaute auch auf die nationale Konkurrenz: "Wir brauchen die Augenhöhe mit den Flughäfen Frankfurt am Main und München." Der Start sei ein Zeichen des Optimismus in der Corona-Krise. Auch Scheuer wollte nach vorn schauen: "Die Zeit der Jokes über den BER muss jetzt zu Ende sein."

Klimaaktivisten und Taxifahrer protestieren

Begleitet wurde die Eröffnung des Flughafens BER von mehreren Demonstrationen gegen das Projekt.

Mehrere Dutzend Mitglieder der Gruppe "Am Boden bleiben" hatten am Samstagvormittag im Terminal 1 eine Sitzblockade veranstaltet. Daneben seilten sich Aktivisten mit Protest-Bannern vom Vordach des Gebäudes ab. Die Klimaaktivisten kritisieren, dass in Zeiten der Klimakrise ein großer Flughafen eröffnet wird. Eine Sprecherin der Gruppe kündigte im rbb an, dass es über den Tag verteilt weitere Aktionen des zivilen Ungehorsams geben soll.

Aktivisten der Gruppe Extinction Rebellion hatten versucht, den Start einer Maschine am Terminal 5 in Schönefeld zu verhindern. Ein Aktivist habe sich beim Boarding für einen Flug nach Istanbul mit der türkischen Fluggesellschaft Pegasus Airlines an die Tür des Flugzeugs geklebt, ein anderer an die Gangway, zwei weitere an den Boden des Rollfelds, sagte eine Sprecherin von Extinction Rebellion Berlin am Samstag. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, die Aktion sei inzwischen beendet, die Maschine startete.

Auch andere Gruppen wie Fridays for Future protestierten.

In Berlin hatten sich am Vormittag auch rund 1.000 Taxifahrer mit ihren Wagen zum BER aufgemacht. 50 Taxen durften direkt vor dem Terminal 1 vorfahren und nutzten die Gelegenheit für ein Hupkonzert.

Mit der Sternfahrt wollten sie dafür demonstrieren, dass künftig alle 7.000 Berliner Taxen Fluggäste am BER aufnmehmen dürfen. Bislang ist das nur 300 Berliner Taxen gestattet.

Erster Eröffnungstermin war 30. Oktober 2011

Bereits seit vergangener Woche ist das Regierungsterminal auf dem BER-Gelände in Betrieb. Ein weiteres Fluggastterminal ist fertig, soll wegen des coronabedingten Einbruchs der Passagierzahlen aber erst nächstes Jahr in Betrieb gehen. Zusammen fassen die drei BER-Terminals nach Betreiberangaben bis zu 41 Millionen Fluggäste im Jahr. Der Wirtschaftsplan geht für nächstes Jahr von etwa 18 Millionen aus, halb so viele wie 2019.

Der nächste große Eröffnungsschritt erfolgt Mitte der Woche mit dem Umzug der meisten Linienfluggesellschaften von Tegel zum BER. Ab dann wird auch die Südbahn regulär genutzt. Der Umzug des Flugverkehrs zum BER, in Zukunft dann einziger Berliner Flughafen, wird am 8. November abgeschlossen: Dann stellt der bisher wichtigste Berliner Flughafen Tegel seinen Linienverkehr ein.

Der erste offiziell verkündete Eröffnungstermin war der 30. Oktober 2011. Seitdem hatte es fünf weitere Starttermine gegeben, die alle platzten. Die Kosten für den Bau und den Schallschutz der Anwohner verdreifachten sich auf rund sechs Milliarden Euro.

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