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Video: rbb spezial | 26.03.2020 | Quelle: dpa

Touristische Reisen verboten

Ostprignitz-Ruppin wird für Abschottung scharf kritisiert

Wegen der Corona-Krise appelliert die Brandenburger Landesregierung an alle Berliner, vorerst keine Ausflüge in die Mark zu unternehmen. Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin hat sogar ein explizites Verbot erlassen - und erntet dafür Kritik von höherer Stelle.

Das Einreiseverbot im Landkreis Ostprignitz-Ruppin stößt auf deutliche Kritik - auch auf höchster Landesebene. Die Maßnahme sei nicht ausreichend abgewogen worden, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke am Donnerstagabend im rbb. Zudem hält Woidke die Verordnung des Kreises für "schwer durchsetzbar" und auch für rechtlich fragwürdig. Außerdem helfe sie nicht, das Ziel, die Kontakte zu minimieren, zu erreichen. Gebraucht werde das Verständnis der Menschen für die Einschränkungen.  

Staatskanzleichefin Kathrin Schneider (SPD) mahnte ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen an. "Ein Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen in wesentlichen Fragen ist für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar und erhöht die Unsicherheit", sagte sie am Donnerstag.  

Der Präsident des Brandenburger Landkreistags, Wolfgang Blaisig (SPD), sagte auf Anfrage der Zeitung "Märkische Allgemeine", er halte die Verfügung des Landkreises für "überzogen und nicht praktikabel". Der Verordnung zufolge sind seit Donnerstag Reisen in den Landkreis oder Tagesausflüge untersagt.

"Wettlauf um die drastischsten Einschränkungen"

Ronny Kretschmer, Vorsitzender der Linke-Fraktion im Kreistag Ostprignitz-Ruppin, forderte Landrat Ralf Reinhardt (SPD) auf, die Beschränkung noch einmal zu überdenken und zurückzunehmen. "Andernfalls wird ein unheilvoller Wettlauf um die drastischsten Einschränkungen zwischen den Landkreisen in Gang gesetzt", teilte Kretschmer mit.

Nach Angaben von Sebastian Steinecke, CDU-Fraktionschef im Kreistag und Bundestagsabgeordneter, wurden die Kreistagsabgeordneten von der Anordnung des Landrats überrascht. Der Landrat sei "kopflos" vorgeprescht, zitiert die "MAZ" den CDU-Politiker. Laut Steinecke wird die Anordnung rechtlich überprüft.

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Landkreis rudert nur teilweise zurück

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin reagierte nach eigenen Angaben mit dem Verbot vor allem auf viele Touristen, die seit den Autokontrollen an wichtigen Zufahrtsstraßen zum Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern in der Region gestrandet seien. "Ob Wohnmobile, aber auch die Datschen und Bungalows, die Region ist voll", sagte Landrat Reinhardt. Der Schritt sei nötig gewesen, um diese Touristen zur Abreise zu bewegen. Die medizinischen Kapazitäten seien schon für die einheimische Bevölkerung äußerst knapp, so Reinhardt: "Wenn sich über Ostern nochmal zusätzlich Menschenkolonnen hierher bewegen, reicht die Versorgung nicht."

Zwar hält es der Landkreis nach wie vor für richtig, den touristischen Verkehr unbedingt einzuschränken, wie er mitteilte. Er ruderte am Donnerstag aber teilweise zurück. Die Allgemeinverfügung werde präzisiert, hieß es. Ziel sei es, denjenigen, die bereits länger im Landkreis sind, ein Bleiberecht in ihrem Zweitwohnsitz zu ermöglichen und Einreisen entsprechend bis mindestens 19. April einzudämmen.

Oberhavel bevorzugt einheitliche Lösung

Nach Angaben des Landkreistages Brandenburg ist Ostprignitz-Ruppin die bislang einzige Kommune im Land, die eine solche Maßnahme getroffen hat.

Der Landkreis Oberhavel teilte am Donnerstag mit, dass er solche Regelungen für nicht notwendig erachte. Das sei für seinen Kreis keine Lösung, sagte Landrat Ludger Weskamp (SPD), im rbb. Er respektiere aber, dass der benachbarte Kreis Ostprignitz-Ruppin wegen der Corona-Krise ein striktes Aufenthaltsverbot erlassen hat, das auch für Besitzer von Ferienhäusern gilt. Weskamp sagte, er hätte eine einheitliche, für ganz Brandenburg geltende Lösung besser gefunden.

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Brandenburger Appell: keine Wochenendausflüge

Die Brandenburger Landesregierung hat alle Berliner dazu aufgerufen, auf Ausflüge ins Nachbarland zu verzichten. "Sozialkontakte vermeiden. Das ist der entscheidende Weg, um die Pandemie einzudämmen", erklärte Regierungssprecher Florian Engels am Donnerstag in Potsdam. "Darum bitten wir auch und gerade die Berlinerinnen und Berliner."

Seit Montag gelten in beiden Ländern drastische Einschränkungen, um die Ausbreitung des Coronavirus abzubremsen. Die Brandenburger Landesregierung betonte, es gebe im Land keine Ausgangssperre. "Dennoch sollten nicht notwendige Wege und Fahrten, zum Beispiel Wochenendausflüge, unterbleiben." Eigene Ferienhäuser oder Ferienwohnungen dürften genutzt werden, erklärte die Staatskanzlei. Touristische Übernachtungen im Hotel oder Campingplatz sind in Brandenburg verboten, aber Betten oder Plätze dürfen an Berufstätige - etwa Pendler aus Polen - vermietet werden.

Angeln und Jagen sind beruflich oder privat weiter grundsätzlich möglich - die Jagd vor allem zur Vorsorge gegen die Afrikanische Schweinepest. Dabei müsse aber 1,5 Meter Abstand gelten - und Kontakt nur zu einer einzigen Person außerhalb des Hausstands.

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