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Video: Abendschau | 06.04.2020 | Iris Marx | Quelle: imago images

Dementi vom US-Botschafter

Geisel bleibt bei Vorwürfen im Streit um verschwundene FFP2-Masken

Warum sind 200.000 von der Berliner Polizei bestellte FFP2-Masken nicht in der Hauptstadt angekommen? Innensenator Geisel hält an seinen Vorwürfen gegen die USA fest. Aus seinem Haus hieß es, nun soll mit dem Händler geklärt werden, was genau geschah.

Im Streit um die verschollene Lieferung von 200.000 FFP2-Schutzmasken für die Berliner Polizei hat Innensantor Andreas Geisel (SPD) seine Vorwürfe gegen die USA erneuert.

"Unsere Schutzmasken sind in den USA gelandet und das ist nicht in Ordnung", sagte Geisel am Montag im Morgenmagazin des ZDF. Er habe "nichts zurückzunehmen". Fakt sei, dass die Berliner Polizei Atemschutzmasken bestellt und bezahlt habe. Diese seien laut Geisel aber nicht in Deutschland angekommen, sondern in den USA - warum sei nicht entscheidend. Verträge müssten eingehalten werden.

US-Botschaft dementiert

Man nehme das Dementi der US-Botschaft zur Kenntnis, bleibe aber bei der bisherigen Darstellung, sagte der Sprecher der Innenverwaltung, Martin Pallgen, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. am Montag. Die Schutzmasken seien von der Berliner Polizei bei einem deutschen Medizinfachhändler bestellt worden. 

Am Freitag war bekannt geworden, dass von der Charge von ingesamt 400.000 bestellten Masken die Hälfte offenbar am Flughafen der thailändischen Hauptstadt Bangkok verschwand. Die Schuld hatte Geisel den USA gegeben. Er warf Washington einen "Akt moderner Piraterie" vor und sprach von "Wildwest-Methoden".

Ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin hatte mitgeteilt, die Regierung der Vereinigten Staaten habe nichts unternommen, um für Deutschland bestimmte Lieferungen umzuleiten, noch irgendetwas von solchen Sendungen gewusst. 

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Bestätigung des Innensenators

200.000 Schutzmasken für Berlin in die USA "umgeleitet"

  

Unklar, was genau in Bangkok passiert ist

"Die Schutzmasken wurden von der Berliner Polizei bei einem deutschen Medizinfachhändler bestellt", sagte Pallgen. Nach Informationen des Vertragspartners der Polizei sei die Lieferung aufgrund einer US-Direktive storniert und das Frachtflugzeug in die USA umgeleitet worden. "Bei wem der Händler die Schutzmasken hat produzieren lassen, entzieht sich unserer Kenntnis", erklärte Pallgen. Zunächst hieß es, die FFP2-Masken seien vom US-Hersteller 3M produziert worden.

"Wir versuchen jetzt gemeinsam mit der Polizei und dem Händler herauszufinden, wie die Kette von Bestellung, Produktion und Lieferung gelaufen und was genau auf dem Flughafen in Thailand passiert ist", erläuterte Pallgen. 

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) teilte dazu auf Twitter mit, das Handeln des US-Präsidenten sei alles andere als solidarisch und verantwortungsvoll. Es sei unmenschlich und inakzeptabel.

Polizei wartet nach Lieferausfall auf Ersatz

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte dem "Tagesspiegel" am Sonntag, Berlin werde Ersatz für die bestellten 200.000 Schutzmasken bekommen. Dafür werde der Vertragspartner der Polizei Sorge tragen. Am Montag wollte die Polizei noch einmal mit dem Händler sprechen, der die Lieferung, die in Thailand abhanden kam, zugesagt hatte.

Die zwei Millionen einfachen Mund- und Nasenschutzmasken, die am Wochenende in Berlin ankamen, sind für die Polizisten weniger geeignet. Sie schützen nicht den Träger der Maske vor Viren, sondern verhindern nur, dass er seine Atemluft weit verbreitet. Getragen werden sie vor allem von Ärzten und Pflegern in Krankenhäusern, Praxen und Altenheimen, um Patienten nicht anzustecken. Die Polizei könne solche Mundschützer für ihren ärztlichen Dienst auch gebrauchen, sagte der Sprecher. Zur Ausrüstung der Polizisten gehörten aber die professionellen FFP2-Schutzmasken. 

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Lieferung aus China

Zwei Millionen Schutzmasken in Berlin eingetroffen

  

Chef der Opposition verlangt eine Entschuldigung

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger warf dem Senat am Montag vor, Berlin mit seinen Äußerungen über die USA erheblich geschadet zu haben. "Die Einschätzung der amerikanischen Botschaft ist eine schallende Ohrfeige für Herrn Geisel und Herrn Müller", sagte Dregger am Montag. Der Oppositionsführer kritisierte, das Verhalten des Senats sei eine Täuschung der Öffentlichkeit. "Das wird Berlin bei der Beschaffung von Schutzausrüstung auf den internationalen Märkten nicht helfen." Dregger verlangte, der Senat müsse sich entschuldigen, auch bei der US-Regierung. 

"Es macht einen großen Unterschied, ob man einem Staat vorwirft, Waren zu konfiszieren oder ob Waren einfach einen anderen Weg nehmen", sagte Dregger. Vom Senat verlangt er Aufklärung darüber, aufgrund welcher Tatsachen er annehme, dass die US-Regierung in der Sache aktiv geworden sei.

Merkel fordert Produktion von Schutzkleidung in Deutschland

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, Deutschland müsse eine eigene Produktion für Schutzbekleidung aufbauen. Dazu werde im Bundeswirtschaftsministerium ein eigener Stab eingerichtet, kündigte Merkel am Montag in Berlin an. "Es ist wichtig, dass wir als eine Erfahrung aus dieser Pandemie lernen, dass wir hier auch eine gewisse Souveränität brauchen oder zumindest eine Säule der Eigenfertigung", sagte Merkel. "Das kann in Deutschland sein. Wir werden es aber auch versuchen, europaweit abzustimmen. Auf jeden Fall brauchen wir hier Fähigkeiten."

Merkel sagte, man sei bei der Versorgung mit Gesichtsmasken vorangekommen, aber noch nicht im wünschenswerten Umfang. "Wir müssen hart arbeiten, damit Krankenhäuser, Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, damit das Personal dort wirklich ausreichend und auch nicht von Tag zu Tag lebend mit den entsprechenden Schutzgütern ausgestattet ist."

 

Sendung: Abendschau, 06.04.2020, 19:30 Uhr

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