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Quelle: dpa/Ujetto

Als Zeichen der Solidarität

Grüne fordern, bis zu 1.000 italienische Covid-Patienten nach Berlin zu holen

Die Coronavirus-Pandemie hat Italien bisher deutlich härter getroffen als Deutschland. Nun forderten Vertreter der Berliner Grünen, die 1.000-Betten-Klinik auf dem Messegelände für italienische Patienten zur Verfügung zu stellen. Ein Linken-Politiker zeigte sich zurückhaltend.

Weil in Berlin zurzeit viele Betten auf den Intensivstationen frei sind, fordert die in Berlin mitregierende Grünen-Faktion, dass der Senat bis zu 1.000 italienische Covid-19-Patientinnen und Patienten nach Berlin holt, um sie hier behandeln zu lassen.

"Ich denke, das wir das Behandlungszentrum in der Jafféstraße mit 1.000 Betten komplett zur Verfügung stellen können", sagte die grüne Abgeordnete Catherina Pieroth-Manelli rbb|24 am Mittochmorgen. Sie ergänzte: "Natürlich immer in Abwägung mit dem, was wir hier in Berlin für Kapazitäten benötigen."

Auf Nachfrage, ob Berlin 1.000 italienische Patientinnen und Patienten nach Berlin holen könne, sagte Pieroth-Manelli: "Richtig." Den Vorschlag wolle sie im Namen ihrer Fraktion nun mit den gesundheitspolitischen Sprechern von SPD und Linken besprechen.

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Derzeit nur rund ein Viertel der Betten belegt

Die Zahl der Corona-Infizierten sei in Berlin im europäischen Vergleich gering, viele Krankenhausbetten, auch auf der Intensivstation, seien frei. "Deshalb können und müssen wir den Italienerinnen und Italienern jetzt helfen", bekräftigte auch Susanna Kahlefeld, die Sprecherin für Europapolitik der Berliner Grünen-Fraktion in einer Pressemitteilung.

Und Pieroth-Manelli fragt: "Die große Europäische Idee einer Wertegemeinschaft - was bleibt von ihr übrig, wenn wir nicht jetzt konkrete Solidarität zeigen?"

Nach rbb-Informationen stehen in Berlin seit dem 1. April 633 Intensivbetten für Covid-19-Patienten zur Verfügung. Davon sind gegenwärtig nur 164 mit Patientinnen und Patienten belegt (Stand: 21. April 2020) - das entspricht rund einem Viertel. In Reihen der Grünen-Fraktion und der Linken-Fraktion wird angesichts stark gesunkener Zahlen an Neu-Infektionen bezweifelt, ob das 1.000-Betten-Behandlungszentrum in der Jafféstraße beim Messegelände jemals für die Berliner Bevölkerung gebraucht wird.

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Linke: Warum nur Italiener?

Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Wolfgang Albers, reagierte auf Anfrage von rbb|24 zurückhaltend auf den Grünen-Vorschlag. "Europäische Solidarität ist sicherlich sinnvoll. Aber warum sollten wir solch ein Angebot nur den Italienern machen? Und nicht auch Patienten aus anderen Ländern, die viel stärker betroffen sind als Deutschland?"

Albers stellt fest, dass in Berlin viel weniger Patienten an Covid-19 erkrankten als ursprünglich prognostiziert wurde - warum, sei aber noch unklar. "Entweder stimmte unsere Vorhersage nicht, oder unsere Maßnahmen greifen viel besser als gedacht." Hier brauche es weitere Erkenntnisse. Zudem plädierte er dafür, erst einmal abzuwarten, ob und wie stark die nun beschlossene Lockerung der Maßnahmen die Fallzahlen wieder ansteigen ließen. Erst dann sei denkbar, das Berlin anderen Ländern konkrete Angebote mache, viele Patienten zu übernehmen.

Corona-Klinik: Ende April sollen 500 Betten zur Verfügung stehen

In dieser "Corona-Klink" am Berliner Messedamm sollen Ende April die ersten 500 Betten für die Behandlung von Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen. Auf Wunsch von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) soll die Kapazität weiter auf 1.000 Betten erhöht werden. Dafür ist Vivantes mit 92,5 Millionen Euro in Vorleistung gegangen.  

Bei einem Besichtigungstermin der Bauarbeiten für die "Corona-Klinik" an der Berliner Messe vor rund einer Woche hatte der pensionierte Chirurg Albers ebenfalls Zweifel geäußert, ob das Behandlungszentrum jemals gebraucht werde. Jetzt sei der Punkt erreicht, an dem gemeinsam mit den Kliniken geklärt werden müsse, ob Berlin 300 weitere Betten in der Messe aufbauen sollte oder "in die bestehende Krankenhauslandschaft investiert".

Gesundheitssenatorin Kalayci hatte jedoch an dem Plan festgehalten, am Messestandort Kapazitäten für 1.000 Patienten vorzuhalten. Niemand wisse, wie sich die Epidemie in den nächsten Monaten entwickeln werde, sagte sie vor einer Woche dem rbb: "Dieses Behandlungszentrum ist als Reservekrankenhaus nur dafür gedacht, falls alle Kapazitäten in allen Krankenhäusern überlaufen."

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