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Audio: Antenne Brandenburg | 26.04.2020 | Dominik Lenz | Quelle: dpa

Brandenburger Schulen

Schulleiter sehen Rückkehr zum Präsenzunterricht skeptisch

Der Unterricht in Brandenburgs Schulen wird stufenweise wieder hochgefahren. Das Abitur läuft, ab Montag kommen die zehnten Klassen dazu, anschließend neunte, elfte und zwölfte Klassen. In den Schulen aber gibt es Zweifel, ob sich das umsetzen lässt. Von Dominik Lenz

"Nicht praktikabel", das ist der Grundtenor in Gesprächen mit Brandenburger Schulleitern zur Handreichung des Bildungsministeriums. Was mit der Onlinebeschulung in den letzten Wochen ganz gut funktionierte, werde nun "zerschossen". Zwei Systeme müssten nun gleichzeitig laufen: Eine Hälfte der Schüler wird weiter zu Hause beschult, die andere in der Schule. Schwierig findet das Matthias Vetter, Leiter des Schillergymnasiums in Potsdam.

Auch Thomas Meinecke, Schulleiter am Marie-Curie-Gymnasium in Hohen Neuendorf (Oberhavel) würde lieber das Homeschooling fortführen. Das funktioniere gut, bis hin zu Belohnungssystemen für die Klassen, die um 7:50 Uhr geschlossen online sind. Das alles habe bisher erstaunlich gut geklappt, nun aber müsse man wieder völlig neu denken.

Dass ab Montag die Zehntklässler in die Schulen geholt werden, hält Meinecke für falsch, zumindest am Gymnasium, wo die Schülerinnen und Schüler ohnehin weiter Richtung Abitur gingen. So würden Lehrkräfte in der Schule gebunden, die für den Online-Unterricht nicht mehr zur Verfügung stehen.

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Lehrer gehen von Raum zu Raum

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) betont: Es gibt keinen festen Lehrplan. Stunden können angepasst, Unterricht reduziert werden. Lerngruppen und Arbeitsplätze sollen nicht wechseln, eineinhalb Meter Mindestabstand müssen in den Schulräumen gewahrt werden. All das sei aber kaum umsetzbar, heißt es von Seiten der Schulleiter. So werden im Marie-Curie-Gymnasium Klassen in bis zu drei Lerngruppen geteilt, die von einem Lehrer beschult werden. Dieser Lehrer muss dafür von Raum zu Raum gehen und gleichzeitig Online-Unterricht abhalten, so Meinecke.

Klebestreifen auf dem Boden

Was die praktische Umsetzung der Hygieneregeln angeht, haben die Schulen nach eigener Aussage vorgesorgt. Die Zusammenarbeit mit dem Landkreis klappe hervorragend, heißt es am Marie-Curie-Gymnasium, die Putztrupps hätten ganze Arbeit geleistet. Auch in Potsdam gibt es Desinfektionsmittel für die Schülerinnen und Schüler und Plexiglasscheiben fürs Sekretariat.

In der Oberschule Glöwen in der Prignitz markieren Klebestreifen, Punkte und Kreuze am Boden die nötigen Abstände. Dennoch hofft Schulleiter Werner Krüger auf Einsicht und Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler gerade in den Pausen, anders gehe das nicht. Die Stimmung sei aber relativ entspannt, denn der Landkreis hat bislang kaum Corona-Fälle.

Allerdings rechnet Krüger damit, dass sich viele Schwierigkeiten erst am Montag zeigen. Als Leiter einer Landschule mit einem weiten Einzugsgebiet fragt er sich zum Beispiel, wie der Schulbus eigentlich unter Hygiene-Auflagen und mit gestaffeltem Unterricht funktionieren soll.

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Britta Ernst: "Belastungssituation für alle"

Ein Problem für alle Schulen: das Personal. Wer über 60 Jahre alt ist, wird zur Risikogruppe gezählt und soll von zu Hause die Kollegen unterstützen. Noch so ein Punkt, den die befragten Schulleiter als "nicht umsetzbar" bezeichnen. Im Marie-Curie-Gymnasium fällt damit nach Aussage des Schulleiters ein Drittel des Kollegiums aus. Die könnten aber nicht von zu Hause die Jüngeren unterstützen.

Bildungsministerin Britta Ernst bittet um Geduld, bis sich alles eingespielt hat, und betont: Es ist eine Belastungssituation für alle. In einer Woche wären wohl alle wieder etwas klüger, dann müsse sicher auch an der einen oder anderen Stelle nachgebessert werden.

Auch von den Schulleitern heißt es, man wisse, dass alle derzeit unter hohem Druck stünden. Dennoch: Die Weisungen der Politik in den letzten Wochen seien immer wieder zu spät gekommen. So könne man kaum mehr sinnvoll reagieren. Wie es derzeit laufe, sei es nicht mit seiner Verantwortung für Bildung und Gesundheit vereinbar, sagt ein Schulleiter, der nicht genannt werden möchte.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.04.2020, 16:12 Uhr

Beitrag von Dominik Lenz

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