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Video: rbb|24 | 30.05.2020 | O. Soos, Abendschau, TeleNewsNetwork, | Quelle: dpa/C. Soeder

Proteste und Gegenproteste am Samstag

Zahlreiche Demos in Berlin - die größte vor der US-Botschaft

Viele der Demos am Samstag in Berlin richteten sich für oder gegen die Corona-Maßnahmen. Erstmals versammelten sich die Teilnehmer der "Hygiene-Demo" im Mauerpark. Doch die mit Abstand meisten protestierten vor der US-Botschaft gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Verschiedene Gruppen haben am Samstag zu mehreren Dutzend Demonstrationen aufgerufen - viele von ihnen für oder gegen die von Bundesregierung und Landesregierungen verhängten Corona-Maßnahmen.  

"Gerechtigkeit für George Floyd"

Die weitaus größte Demonstration fand jedoch jenseits von Corona-Themen statt. Zum Abend hatten sich etwa 2.000 Menschen vor der US-Botschaft versammelt, deutlich mehr als erwartet. Die Zahl nannte ein Berliner Polizeisprecher am Abend, sie deckt sich mit abschließenden Schätzungen von rbb-Reportern vor Ort.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer protestierten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Auf Transparenten forderten sie unter anderem "Gerechtigkeit für George Floyd! Gegen rassistische Polizeigewalt". Unter diesem Motto hatten mehrere Initiativen im Internet zu dem Protest vor der US-Botschaft aufgerufen.

Der Afroamerikaner George Floyd war am vergangenen Montag infolge eines brutalen Polizeieinsatzes in Minneapolis gestorben [tagesschau.de]. Die vier beteiligten Polizisten wurden daraufhin entlassen, einer von ihnen ist nun wegen Mordes und Totschlags angeklagt worden. Infolge von Floyds Tod war es in den vergangenen Nächten zu schweren Ausschreitungen im US-Bundesstaat Minnesota und in anderen Städten des Landes gekommen [tagesschau.de].

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Weniger Teilnehmer als erwartet

Bei den Demos mit Bezug auf Corona bewegten sich die Teilnehmerzahlen bis Samstagnachmittag aber deutlich unter den angekündigten Werten, sagte der Polizeisprecher Thilo Cablitz auf Anfrage. Die Lage sei weitestgehend ruhig geblieben. Die Polizei begleitete die Proteste und Gegenproteste mit insgesamt 550 Einsatzkräften, weniger als die Hälfte der Beamten vom vergangenen Samstag.

Sogenannte "Hygiene-Demo" jetzt im Mauerpark

Corona war auch bei der sogenannten "Hygiene-Demo" im Mauerpark das große Thema. Veranstalter war die "Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand", die ursprünglich immer wieder am Rosa-Luxemburg-Platz gegen die coronabedingten Einschränkungen von Seiten der Bundesregierung protestiert hatte.

Nach Einschätzung von rbb-Reportern versammelten sich dort im Laufes des Nachmittag bis zu 300 Teilnehmer. Die Polizei sprach von rund 120 Personen. Im Amphitheater des Parks ergriffen wechselnde Redner das Mikrophon - dort, wo sonst das berühmte Mauerpark-Karaoke stattfindet.

Gegenproteste in kleineren Gruppen

Zeitgleich gab es unter anderem vom Berliner "Bündnis gegen Rechts" Gegenproteste, die sich gegen rechte Hetze und Verschwörungsmythen wandten. Nach Beobachtung von rbb-Reportern versammelten sich diese in kleineren Gruppen von rund zehn Teilnehmern, wurden von der Polizei aber nicht vorgelassen.

Bisher hatten die sogenannten "Hygiene-Demos" vor allem an der Volksbühne vor dem Rosa-Luxemburg-Platz stattgefunden. Das Berliner "Bündnis gegen Rechts" verweist darauf, dass sich unter den Teilnehmern der Demonstration viele Anhänger von Verschwörungsmythen, Akteure der Neuen Rechten und verurteilte Holocaustleugner [tagesschau.de] befänden.

Übergriff auf Fotografen bei Anti-Corona-Demonstration

Zu einer unangemeldeten Versammlung hatten sogenannte Corona-Rebellen über den Messengerdienst Telegram im Volkspark Humboldthain in Berlin-Wedding aufgerufen. Nach Angaben eines Augenzeugen wurde bei der Demo der Kritiker der Corona-Beschränkungen einem Pressefotografen von einer Teilnehmerin gegen die Kamera geschlagen. Ein Polizeisprecher bestätigte die Angaben gegenüber dem Evangelischen Pressedienst und erklärte, der Vorfall werde geprüft. Dem Fotografen sei weder ein Sach- noch ein Personenschaden entstanden und er habe auf eine Anzeige verzichtet.

Wegen nichteingehaltener Abstandsregeln habe die Polizei vor Ort etwa 30 Identitätsfeststellungen durchgeführt, sagte der Polizeisprecher.

Attila Hildmann führt Autokorso an

Bereits am Vormittag war ein Autokorso vor dem Olympiastadion als Protest gegen die Corona-Beschränkungen gestartet. Nach Polizeiangaben folgten rund 50 Fahrzeuge hupend dem Porsche von Attila Hildmann, der einst als Vegan-Koch bekannt geworden war. Er hatte die Demonstration mit rund 1.000 Teilnehmern angemeldet. Die Abschlusskundgebung fand am Kanzleramt statt. Nach Angaben der Polizei versammelten sich dort in der Spitze aber lediglich 150 Teilnehmer.

Hildmann war zuletzt mit der Verbreitung von Verschwörungsmythen aufgefallen, er hatte mehrfach zu Versammlungen aufgerufen. Zum Start am Samstagmorgen posierte er mit einer Deutschlandfahne vor dem Stadion.

Abstandsregeln gelten weiterhin

Vor dem Brandenburger Tor demonstrierten etwa 200 Menschen - nach eigenen Angaben
aus der Friedensbewegung - für die Schließung der US-Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz. Insgesamt waren für Samstag laut Polizei mehrere Dutzend Demonstrationen angemeldet, unter anderem auch am Alexanderplatz und am Großen Stern.

Nach wochenlanger Corona-Einschränkung gibt es bei Demonstrationen in Berlin seit diesem Wochenende keine begrenzte Teilnehmerzahl mehr. Der rot-rot-grüne Senat hatte die Lockerung am Donnerstag beschlossen. Außerdem müssen die Demonstrationen nicht mehr als Kundgebungen an einem festen Ort abgehalten werden. Dennoch gilt das Abstandsgebot von 1,50 Metern, wie die Berliner Polizei am Samstag via Twitter betonte.

Sendung: Inforadio, 30.05.2020, 16 Uhr

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