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Video: Abendschau | 30.08.2020 | Studiogast: Kabarettist Florian Schröder | Quelle: imago images/Christoph Hardt

Bundesverfassungsgericht entscheidet

Erneut Tausende bei "Querdenker"-Demo - Protest-Camp verboten

Auch am Sonntag haben sich Gegner der Corona-Politik in Berlin versammelt. Eine unangemeldete Zusammenkunft an der Siegessäule endete mit Platzverweisen und Festnahmen. Das Verbot eines Protest-Camps am Reichstag wurde bestätigt.

Gegner der Corona-Politik der Regierung dürfen in Berlin kein Protestcamp auf der Straße des 17. Juni veranstalten. Das Bundesverfassungsgericht hat am Sonntagabend das Verbot der Berliner Versammlungsbehörde endgültig bestätigt. Diese hatte mit dem Schutz vor Infektionsgefahren argumentiert: Die Veranstaltungsteilnehmer würden die Mindestabstände nicht einhalten, wodurch die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet wäre. Gegen dieses Verbot hatte der Antragsteller einen Eilantrag gestellt, der nun abgewiesen wurde. Seine sogenannte Dauermahnwache war vom 30. August bis zum 14. September geplant.

Bereits das Oberverwaltungsgericht hatte bemängelt, es fehle an prüffähigen Angaben des Anmelders dazu, ob und in welchem Umfang Versammlungsort und Infrastruktur für das vorgesehene Versammlungsthema wesensnotwendig seien. Es handele sich überdies um eine weitgehend inhaltsleere Anmeldung. Die Richter in Karlsruhe erwähnten nun auch die Corona-Demo am Samstag, die die Polizei aufgelöst hatte: Mit Blick auf "nunmehr vorliegende Erfahrungen" habe der Antragsteller nicht dargelegt, dass er sein Hygienekonzept angepasst hat.

Im Verlauf des Sonntags haben sich erneut zahlreiche Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen in Berlin versammelt. Am Brandenburger Tor war eine Kundgebung angemeldet mit etwa 2.500 Menschen, wie ein Polizeisprecher sagte. An der Siegessäule versammelten sich etwa 2.000 Menschen. Die Polizei löste die Versammlung dort am Nachmittag auf, weil die Teilnehmer zu eng beieinander standen, wie ein Polizeisprecher erklärte. Dies sei nach der Infektionsschutzverordnung nicht erlaubt.

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Fast 40.000 Menschen bei Corona-Demos - Sperren am Reichstag durchbrochen

Kundgebung am Großen Stern nicht angemeldet

Die Teilnehmer der Demonstration an der Siegessäule hätten überwiegend weder Abstände eingehalten noch einen Mund-Nasen-Schutz getragen, schrieb die Polizei auf Twitter. Die Menschen seien mehrfach per Lautsprecher aufgefordert worden, den Bereich zu verlassen.

Schließlich habe es Platzverweise und in Einzelfällen Freiheitsbeschränkungen gegeben, um die Identität festzustellen und Personalien aufzunehmen, sagte der Polizeisprecher weiter. Teilweise hätten sich die Demonstranten den Anweisungen der Polizei widersetzt. Bei der Ansammlung am Großen Stern handle es sich nicht um eine angemeldete Kundgebung.

Kundgebung am Brandenburger Tor

Eine große Menschengruppe marschierte schließlich auf der Straße des 17. Juni von der Siegessäule zur "Querdenken"-Kundgebung am Brandenburger Tor. Dabei blieb es weitgehend friedlich.

Redner der Kundgebung forderten eine Rücknahme aller Maßnahmen, die die Pandemie eindämmen sollen. Sie warfen Politik und Medien Manipulation vor und forderten eine hohe Entschädigung für Mütter für die Zeit des Lockdowns. Zudem wurde die Wirksamkeit von Maßnahmen wie etwa die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nase-Schutzes bestritten.

Demonstranten und Polizei im Mauerpark | Quelle: rbb/Johannes Schober

Zehntausende bei Kundgebung am Samstag

Im Mauerpark kamen nach rbb-Informationen etwa 200 Protestierende zusammen. Die Polizei war dort ebenfalls vor Ort, griff aber zunächst nicht ein.

Am Samstag hatten sich an der Siegessäule mehrere Zehntausend Menschen zu einer Kundgebung versammelt, um gegen Corona-Auflagen zu protestieren. Die Initiative "Querdenken" aus Stuttgart hatte in Berlin zu einer Demonstration und Großkundgebung aufgerufen. Knapp 40.000 Menschen aus ganz Deutschland hatten nach ersten Schätzungen der Polizei vom Samstagabend in der Hauptstadt demonstriert. Andere Beobachter sprachen von rund 50.000 Demonstranten. In ihrer Bilanz vom Sonntag nannte die Polizei keine konkrete Zahl, sondern sprach von mehreren zehntausend Teilnehmern.

Am Samstagabend kam es am Rande der Demonstrationen zu Gewaltszenen unter anderem an der russischen Botschaft, wo Rechtsextreme Flaschen auf Polizisten warfen. Am Reichstagsgebäude durchbrachen Teilnehmer einer von Rechtsextremen dominierten Veranstaltung Absperrungen und stürmten mit Reichsflaggen die Treppen zum Parlamentsgebäude. Am Montag sollen Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und die Polizeiführung im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses erklären, wie es dazu kommen konnte.

Insgesamt wurden laut Darstellung der Polizei am Samstag 33 Polizisten verletzt. 316 Menschen seien festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Es gab 131 Anzeigen wegen Angriffen auf Polizisten, Widerstandes, Gefangenenbefreiung, Beleidigung, Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz.

Sendung: Inforadio, 30.08.2020, 17 Uhr

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