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Audio: Inforadio | 22.09.2020 | Nina Amin | Quelle: Pudwell

Steigende Corona-Neuinfektionen

Kalayci und Bezirke wollen Partygänger schärfer kontrollieren

Senat und Bezirke schauen besorgt auf die steigende Zahl von Corona-Infektionen - und nehmen vor allem Clubs und Feierfreudige ins Visier: Die sollen nun strenger kontrolliert werden. Auch lokale Alkohol- oder Partyverbote sind bereits im Gespräch.

Clubs und ihre Besucher in drei Berliner Innenstadtbezirken müssen sich wegen der verschärften Corona-Lage auf Kontrollen einstellen. "Wir, das heißt, die drei Bezirke und ich, haben uns zu einer konzertierten Kontroll-Aktion zu den Clubs verabredet, wo manches illegal läuft", erklärte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstagnachmittag nach Gesprächen mit Vertretern der Bezirke Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Diese weisen berlinweit derzeit die höchsten Neuinfektionszahlen im Verhältnis zur Einwohnerzahl auf.

Zwar sind coronabedingt noch immer viele Clubs geschlossen, einige dürfen aber bereits wieder Außenbereiche öffnen oder als Restaurants arbeiten. Das aber werde immer öfter ausgenutzt, um zu feiern, ohne auf Vorgaben wie Maskenpflicht oder Mindestabstand zu achten, heißt es.

Auch werde laut Kalayci überlegt, in den besonders stark betroffenen Bezirken große Treffen und den damit verbundenen Alkoholkonsum im öffentlichen Raum zu bestimmen Zeiten zu verbieten.

Hintergrund

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Kalayci: Clubs treiben Infektionszahlen in die Höhe

Wie Kalayci ausführte, habe sie mit den drei Bezirken insbesondere über private Zusammenkünfte und das "Clubgeschehen" beraten. "Beides treibt die Infektionszahlen." Auch über die einschränkenden Maßnahmen anderer Städte für den öffentlichen Raum sei gesprochen worden. Am Freitag sollen die Beratungen dazu weitergehen, so die SPD-Politikerin. An dem Gespräch mit ihr haben laut Gesundheitsverwaltung teilgenommen: der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikel (SPD), sowie die stellvertretenden Bezirksbürgermeister von Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg, Ephraim Gothe (SPD) und Knut Mildner-Spindler (Linke).

Das Treffen war am Montag einberufen worden, weil das Berliner Ampelsystem zur Bewertung der Corona-Lage nach einem Anstieg der Reproduktionszahl erstmals Beratungsbedarf signalisierte.

Amtsarzt fordert Party-Verbot

Der Amtsarzt des Bezirks Reinickendorf, Patrick Larscheid, hält wegen der steigenden Infektionszahlen neue Kontaktbeschränkungen für wirkungsvoll: "Wenn der Senat es ernst
meint, müsste er jede Form von Party oder Feier untersagen", sagte Larscheid am Dienstag der "B.Z." (Online). Demnach sollte die Grenze für Zusammenkünfte wieder bei acht bis zwölf Menschen liegen - aus höchstens drei Haushalten.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unterstützt unterdessen den Vorschlag einer Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen zur Eindämmung des Coronavirus. "An Plätzen wie dem Stachus in München, der Hasenheide in Berlin oder dem Brüsseler Platz in Köln ist das Infektionsrisiko hoch", sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstag). An solchen öffentlichen Plätzen könnten die Abstände nicht eingehalten werden, und es werde laut gesprochen. "Und wenn man laut spricht und ist infektiös, überträgt man per Tröpfchen das Virus." Die Hasenheide in Neukölln war mehrfach Schauplatz illegaler Partys mit teils mehreren Tausend Menschen.

Liecke fordert Brennpunkt-Streifen

Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) forderte unter anderem, die Infektionsschutzverordnung wieder zu verschärfen. Außerdem brauche es Hundertschaften der Polizei, die als eine Art Brennpunkt-Streife unterwegs seien, sagte Liecke im Interview mit dem rbb-Fernsehen. Diese sollten in die Hotspots gehen und zeigen "Party ist jetzt nicht". Als Drittes forderte Liecke eine Aufklärungskampagne vor allem für jüngere Menschen.

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Kalayci befürchtet mehr Todesfälle

Auch Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD) führte die Entwicklung der Corona-Fallzahlen auf Partys oder private Feiern mit vielen Teilnehmern zurück. Es sei sehr auffällig, dass unter den Infizierten viele jüngere Menschen seien, sagte Kalayci am Montag in der rbb-Abendschau. Zwar würden junge Menschen die Krankheit leichter überstehen; allerdings wisse man aus anderen Ländern, dass es eine Frage der Zeit sei, dass die Jungen dann die Älteren ansteckten. "Und dann ist schon absehbar, dass es mehr Fälle in Krankenhäusern gibt – und auch mehr Todesfälle."

"Nur weggeschickt zu werden, ist keine Abschreckung"

Auch der Bürgermeister von Berlin-Mitte, Stefan von Dassel (Grüne), wünscht sich mehr Konsequenzen: "Bei den Spontan-Partys, gerade bei uns in den Grünflächen, würde ich mir schon wünschen, dass konsequenter Bußgelder verhängt und Personalien festgestellt werden. Nur weggeschickt zu werden, ist keine Abschreckung."

Senatorin Kalayci wies einseitige Forderungen an die bezirklichen Ordnungsämter zurück. Die Bezirke könnten auch eigenständig Maßnahmen ergreifen – diese Möglichkeit biete das Infektionsschutzgesetz durchaus. In diesem Zusammenhang brachte Kalayci auch die Begrenzung des Alkoholausschanks wieder ins Gespräch, den sie bereits früher gemacht hatte. Unter anderem darüber wolle sie mit den Bürgermeistern beraten.

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