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Video: Abendschau | 07.10.2020 | Thomas Rostek | Gespräch mit Michael Müller | Quelle: dpa/Jens Büttner

Corona-Hotspots

Länder beschließen Beherbergungsverbot für Reisende aus Risikogebieten

Elf Bundesländer greifen zu neuen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus: Sie beschlossen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Corona-Risikogebieten. Berlin macht aber vorerst nicht mit, wie der Regierende Bürgermeister im rbb erklärte.

Bei Urlaubsreisen innerhalb Deutschlands müssen sich Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen im Herbst auf erhebliche Schwierigkeiten gefasst machen.
Die Länder beschlossen am Mittwoch mehrheitlich, dass solche Reisenden nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test haben.

Die Regelung gilt nur für touristische Reisen. Familienbesuche sind ausdrücklich ausgenommen, ebenso Pendelverkehr. Im Gegenzug für diese Testpflicht entfällt für Reisende zugleich die obligatorische zweiwöchige Quarantäne in mehreren Bundesländern.

Das wurde am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz der Staatskanzleichefs der Länder mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) mitgeteilt. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

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Allerdings haben fünf Länder zu dem Beschluss jeweils unterschiedliche Protokollerklärungen abgegeben: Die Länder Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen.

So plant Berlin derzeit keine Beherbergungsverbote für Einreisende aus inländischen Corona-Risikogebieten. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärte am Mittwoch in der Abendschau des rbb, das Beherbergungsverbot sei ein Baustein für bundesweit niedrigere Infektionszahlen, den Berlin grundsätzlich mittragen könne, aber: "Wir werden zunächst genau beobachten, wie sich die Zahlen in Ländern mit starkem Infektionsgeschehen wie beispielsweise Bayern entwickeln. Wir werden dann sehen, wie wir darauf reagieren müssen." Berlin sage vorerst mit vier weiteren Bundesländern, man könne diesen Baustein ergreifen, aber die Kontrolle und Nachverfolgung dessen sei schwierig: "Viele kommen ja auch privat unter, wie geht man damit um? Wir wollen das beobachten und dann eventuell reagieren", so Müller.

Erneut wehrte sich Müller gegen Kritik vom bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und von CDU-Politikern, wonach das Land Berlin zu wenig gegen die Corona-Pandemie unternehme: "Ich bedaure es sehr, dass es nun doch zu solchen parteipolitischen Spielchen kommt." Politiker von CDU und CSU deuteten auf Berlin, obwohl in ihren eigenen Ländern schlechte Zahlen vorherrschten. "So ein Zufall, dass gerade CDU und CSU mit eigenen Problemen jetzt sehr nach Berlin gucken, nicht nach Frankfurt, nicht nach München, nicht in andere Großstädte, wo wir gleiche Zahlen haben", sagte Müller. "Es geht darum, dass wir bundesweit die Zahlen wieder in den Griff bekommen. Auf Kosten eines anderen sich zu profilieren, hilft nicht, sondern schafft eher Verunsicherung."

Corona-Hotspots auch in Berlin

Zuvor hatte bereits Söder angekündigt, dass Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots ohne negativen Corona-Test von diesem Donnerstag an nicht mehr in bayerischen Hotels und Gaststätten übernachten dürfen.

Das Beherbergungsverbot in Bayern wird Söder zufolge auch für Reisende aus Corona-Hotspots innerhalb Berlins gelten. Damit dürfen Reisende aus Berliner Bezirken, in denen es mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gibt, ohne negativen Corona-Test nicht mehr in bayerischen Hotels und Gaststätten übernachten. Dies soll auch dann gelten, wenn das Land Berlin insgesamt unter der kritischen 50er-Marke bleibt.

Konkret wurden zunächst Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg als Risikogebete festgelegt. Diese Liste werde noch am Mittwochabend im Bayerischen Ministerialblatt veröffentlicht, hieß es aus dem Gesundheitsministerium in München. Ob auch der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf auf die Liste kommt, blieb zunächst offen. Der Bezirk überschreitet seit Mittwoch mit einer Inzidenz von 50,6 ebenfalls die kritische Linie und gilt damit ebenfalls als Corona-Risikogebiet.

Wer aus einem der innerdeutschen Corona-Hotspots nach Bayern einreist und einen negativen Corona-Test vorweisen kann, ist aber weiter willkommen, teilte das Gesundheitsministerium mit.

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Schleswig-Holstein dagegen macht es Reisenden aus Berlin künftig leichter: Das Land hatte die vier Berliner Bezirke bereits nach und nach als Risikogebiete ausgewiesen. Doch ab Freitag wird diese Regelung gelockert: Für Menschen, die von dort nach Schleswig-Holstein kommen, reicht es nun, einen maximal 48 Stunden alten Corona-Test vorzuweisen. Bis dahin gilt noch die Regel, dass sie sich sofort 14 Tage in Quarantäne begeben oder zwei negative Corona-Tests innerhalb von fünf Tagen vorweisen müssen.

Müller erbost über Forderungen von Bund und Ländern

Söder hatte bereits am Dienstag die steigenden Corona-Zahlen in Berlin thematisiert. "Mir macht die Berliner Situation ausdrücklich Sorgen. Ich befürchte, das ist am Rande der Nicht-mehr-Kontrollierbarkeit." Angesichts des "seltsamen Systems" von Bezirksregierungen gebe es in Berlin kaum eine einheitliche Straegie.


In der Berliner Protokollerklärung heißt es: "Bei der Bewertung des Infektionsgeschehens will Berlin als Gesamtstadt und Einheitsgemeinde behandelt werden."

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Der Berliner Regierende Bürgermeister Müller reagierte auf Forderungen an Berlin aus dem Bund und anderen Bundesländern bereits am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz deutlich erbost. "Ich finde es einigermaßen unerträglich, wie einige hier Haltungsnoten vergeben", sagte Müller. Er las Sieben-Tage-Werte anderer Großstädte vor, die teilweise nur wenig unter oder sogar über dem Berliner Wert lagen. "Ich weiß, dass Berlin etwas zu tun hat. Wir alle müssen auf allen Ebenen tätig werden. Aber keiner hat das Recht, mit dem Finger auf andere zu zeigen", echauffierte sich Müller.

Das schlägt sich nun auch in der eigenen Protokollerklärung nieder, mit der Berlin aus der Vereinbarung der Länder ausscherte. Darin heißt es: "Bei der Bewertung des Infektionsgeschehens will Berlin als Gesamtstadt und Einheitsgemeinde behandelt werden."

Brandenburg behält Regel bei

In Brandenburg gilt ein Beherbergungsverbot für Menschen aus Gebieten mit mehr als 50 neuen Infektionen auf 100.000 Einwohner in einer Woche schon seit Juni. Die Landesregierung hatte damals auf einen Virusausbruch in einem Schlachtbetrieb in Nordrhein-Westfalen reagiert. Dieser Beschluss vom Sommer gelte weiter, sagte Regierungssprecher Florian Engels am Mittwoch.

Für Berlin ist ein Verbot der Beherbergung ebenfalls ab dieser Schwelle gültig - aber für die gesamte Stadt, nicht für einzelne Bezirke. Am Mittwoch lag die Hauptstadt insgesamt knapp unter der kritischen Marke: bei 47,2.

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