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Video: rbb24 | 29.10.2020 | | Quelle: dpa/Julian Stratenschulte

Sondersitzung des Senats

Berlin setzt Teil-Lockdown um, ermöglicht Kindern aber mehr Kontakte

Kitas, Schulen und der Einzelhandel bleiben offen, der Rest des gesellschaftlichen Lebens wird im November in Berlin ruhen: Der Berliner Senat setzt die Regelungen der Bund-Länder-Konferenz um, wie am Donnerstagabend verkündet wurde - mit einer Ausnahme.

Folgende Maßnahmen hat der Berliner Senat beschlossen, sie gelten ab dem 2. November:

- Gastronomie, Theater, Opern, Konzerthäuser, Fitnessstudios, Kosmetiksalons, Tattoostudios, Sport- und Freizeitstätten müssen schließen. Abholen und Liefern von Essen bleibt möglich.

- der Amateursportbetrieb wird eingestellt, Vereine dürfen nicht mehr trainieren. Ausnahme: Kinder bis 12 Jahre. Sie können weiterhin in festen Gruppen an der frischen Luft Sport treiben.

- der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist nur noch Angehörigen zweier Haushalte mit maximal zehn Personen gestattet. Ausnahme: Kinder bis 12 Jahre.

- im Innenraum dürfen nur noch Personen des eigenen Haushalts und zwei weitere Personen aus verschiedenen Haushalten oder ein Haushalt plus ein weiterer Haushalt (maximal zehn Personen) zusammenkommen.

- Hotels und Pensionen dürfen keine Touristen mehr aufnehmen

- Kitas, Schulen, Geschäfte, Volkshochschulen, Bibliotheken und Musikschulen bleiben offen

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird das öffentliche Leben in Berlin ab 2. November für vier Wochen teilweise heruntergefahren. Der Senat beschloss am Donnerstag weitreichende Beschränkungen für die Bürger, für Gastronomie, Kultur und Sport. Er setzt damit einen von Bund und Ländern vereinbarten Teil-Lockdown um.

Die Ministerpräsidenten hatten sich bei einer Video-Schaltkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch auf eine Schließung von Gastronomiebetrieben, Theatern, Opern, Konzerthäusern, Fitnessstudios, Kosmetiksalons, Freizeit- und Sportstätten verständigt. Der Amateursportbetrieb wird eingestellt, Vereine dürfen also nicht mehr trainieren. Für Kinder bis 12 Jahren gilt das in Berlin allerdings nicht - für sie ist weiter Training an der frischen Luft möglich. In festen Gruppen dürften Kinder bis 12 Jahre im Freien gemeinsam Sport treiben, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstagabend nach der Sondersitzung des Senats.

Die Außengehege des Berliner Zoos und des Tierparks Berlin bleiben derweil geöffnet, wie aus der Mitteilung des Senats hervorgeht, die am Donnerstagabend veröffentlicht wurde. Das Aquarium des Zoologischen Gartens sowie die Tierhäuser des Zoologischen Gartens und des Tierparks Berlin Friedrichsfelde bleiben dagegen geschlossen.

Außer-Haus-Lieferung auch nach 23 Uhr möglich

Auf die Bürger kommen zudem strenge Kontaktbeschränkungen zu, die an die Anfangsphase der Pandemie erinnern. Der gemeinsame Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist nur noch Angehörigen zweier Haushalte mit maximal zehn Personen gestattet. Kinder bis 12 Jahren sind von dieser Regel ausgenommen.

Der Aufenthalt im Innenraum ist nur allein oder mit Personen des eigenen Haushalts und zwei weiteren Personen aus verschiedenen Haushalten oder ein Haushalt plus ein weiterer Haushalt (maximal zehn Personen) erlaubt.

Hotels und Pensionen dürfen keine Touristen mehr aufnehmen. Schulen und Kitas sollen ebenso offen bleiben wie Geschäfte. Zu den Regelungen für die Gastronomie erklärte Müller, auch nach 23 Uhr dürften Speisen ausgeliefert oder vom Kunden abgeholt werden. Damit ist die Sperrstunde für den Abholservice aufgehoben. "Theoretisch kann man sich auch um 1 Uhr nachts noch eine Pizza bestellen", so Müller. Das Verkaufsverbot von Alkohol nach 23 Uhr gelte aber weiter, betonte er.

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Bibliotheken, Musikschulen und Volkshochschulen bleiben offen

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hob hervor, dass das Land Berlin vor allem Erleichterungen für Kinder in das Regelwerk eingebaut habe. "Uns war wichtig, dass so etwas stattfinden kann wie Training im Jugendbereich in Sportvereinen, dass Spielplätze offen bleiben." Außerdem bleiben die Bibliotheken, Musikschulen und Volkshochschulen in Berlin geöffnet, betonte der Kultursenator. Zudem würden die Bewohner von Krankenhäusern und Pflegeheimen vor unkontrollierten Ausbrüchen noch stärker geschützt, Obdachlosen müssten mehr Unterkünfte angeboten werden, um sie in der Pandemie von der Straße zu bekommen.

Mit Blick auf die Kultur in Berlin sagte Lederer, hier würden die Soforthilfen aufgestockt: "Die 60 Millionen Euro, die für den Kulturbetrieb bereitgestellt wurden, reichen nicht mehr." Die Kultur brauche einen Plan B, "denn noch einmal machen können wir sowas nicht", betonte Lederer. Er wolle sich dafür einsetzen, dass auch Solo-Selbständige und Kulturschaffende für diesen November 75 Prozent ihres durchschnittlichen Monatsgehalts des Jahres 2019 erhalten. Eine ähnliche Regelung hatte die Bundesregierung am Mittwoch für die Gastronomie in Deutschland angekündigt.

Im rbb sagte Lederer am Abend zudem, dass dieser Lockdown für den Kulturbetrieb nach Ende November nicht noch einmal angeordnet werden könne. "Politik muss erklären was sie macht und ich kann nicht mehr erklären, warum Menschen durch ein Autohaus gehen dürfen, durch eine Galerie aber nicht", so der Kultursenator. Er verstehe die Verzweiflung und auch die Wut der Kulturschaffenden und er werde um jeden einzelnen Kulturbetrieb kämpfen, sagte Lederer.

Weihnachtsmärkte starten nicht vor Dezember

Weihnachts- und Jahrmärkte bleiben derweil bis Ende November in Berlin verboten. Auch damit richte sich das Land nach den Verabredungen der Ministerpräsidentenkonferenz, die für den Zeitraum des Teil-Lockdowns solche Veranstaltungen untersagen, erklärte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne).

Für die Zeit danach habe ihre Senatsverwaltung gemeinsam mit Visit Berlin Hygienerahmenkonzepte entwickelt, die für die Weihnachtsmärkte gelten.Viele Weihnachtsmärkte in Berlin sollten ursprünglich schon im November beginnen. Jetzt können sie frühestens am 1. Dezember erstmals ihre Gäste begrüßen.

Wieder stattfinden sollen nach bisherigen Planungen unter anderem die Weihnachtsmärkte am Charlottenburger Schloss, auf dem Alexanderplatz und in Spandau - hier allerdings nicht wie bisher in der Altstadt, sondern in der Zitadelle. Abgesagt wurden dagegen der Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt sowie zahlreiche Märkte in Brandenburg, darunter der "Blaue Lichterglanz" in Potsdam.

Müller und Pop sprechen von "schwerem Weg"

Müller betonte, die Entscheidungen seien "in großer Gemeinsamkeit und Geschlossenheit" gefällt worden. "Die Situation beherrschen wir nur, wenn wir gemeinsam mit Bund und Ländern nach vorne gehen, um die Situation in den Griff zu bekommen", betonte er. Um die Situation kontrollieren zu können, müsse man jetzt beherzt eingreifen.

Müller und auch Pop sprachen von einem "schweren Weg", den man einschlage. Pop sprach von den "schwierigsten Entscheidungen" ihrer politischen Karriere. Gleichwohl warb Müller für Verständnis, dass auch Bereiche der Unterhaltung wie Profi-Fußball und Kulturveranstaltungen von den strengen Regelungen betroffen sind: "Jedes Fußballspiel, jeder Theaterbesuch löst begleitende Kontakte aus. Anfahrt, Abfahrt, Gespräche vor der Premiere in der Oper." All das trage zur Unkalkulierbarkeit der Coronalage bei.

Sendung: rbb24, 29.10.2020, 22 Uhr

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