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Video: Abendschau | 28.10.2020 | Dorit Knieling (rbb Landespolitik) im Gespräch | Quelle: dpa/Christoph Hardt

Maßnahmen gegen Corona

Bund und Länder: Kontakte werden eingeschränkt, Gastronomie macht dicht, Schulen bleiben auf

Die Corona-Zahlen steigen und steigen. Bund und Länder haben zur Bekämpfung der Pandemie deshalb drastische Maßnahmen beschlossen. Im November kommt nun ein Großteil des öffentlichen Lebens in Deutschland zum Erliegen.

Bund und Länder haben angesichts dramatisch steigender Corona-Infektionszahlen drastische Beschränkungen des öffentlichen und auch des privaten Lebens beschlossen - zunächst vom 2. November an bis zum Ende des Monats. Das gaben Bundekanzlerin Angela Merkel (CDU), der Berliner Regierende Bürgermeister, Michael Müller (SPD) und Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern (CSU)am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt. Zuvor hatten sie mit den anderen Ministerpräsidenten darüber beraten.

So sollen unter anderem Hotels, Restaurants, Kinos und Theater ab dem kommenden Montag für den schließen. In dieser Zeit dürfen sich auch nur wenige Menschen privat treffen. Schulen und Kitas sowie der Einzelhandel sollen aber geöffnet bleiben.

Merkel begründete die Maßnahmen damit, dass eine Gesundheitsnotlage vermieden werden solle. Aktuell verdoppelten sich die Zahl der Intensivpatienten etwa alle zehn Tage. "Wir brauchen nochmal eine nationale Kraftanstrengung, eine befristete Kraftanstrengung", sagte sie. "Das ist ein harter und bitterer Tag", sagte Michael Müller. Die Entscheidungen zu den Maßnahmen seien ihm sehr schwer gefallen.

Merkel: Kontakte wieder nachvollziehbar machen

75 Prozent der Kontakte von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen seien aktuell nicht mehr nachverfolgbar, sagte Merkel. Ziel der Maßnahmen sei es nun, die Kontakte wieder nachverfolgbar zu machen. Außerdem sollen die sogenannten Inzidenzwerte wieder bei "um die 50 pro 100.000" Menschen liegen. Die Bundeskanzlerin kündigte außerdem an, dass die Gesundheitsämter, auch mit Unterstützung der Bundeswehr, aufgestockt werden sollen. Nach zwei Wochen werde man prüfen, welchen Erfolg die Maßnahmen gebracht haben.

Das sind die Beschlüsse im einzelnen:

Kontaktbeschränkungen

Der gemeinsame Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll nur noch Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes mit maximal zehn Personen gestattet werden.

Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen sollen die Ordnungsbehörden sanktionieren. Darüber hinausgehende Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen gelten als inakzeptabel.

Schulen und Kindergärten

Schulen und Kindergärten sollen trotz der stark steigenden Corona-Zahlen geöffnet bleiben.

Aktuell sind in Berlin und Brandenburg Schulen und Kitas geöffnet, es sei denn, aufgrund einer Infektion durch das Coronavirus wird Quarantäne für eine Klasse, Gruppe oder die gesamte Einrichtung angeordnet. "Wir werden alles dafür tun, dass Schulen und Kitas offen bleiben", sagte Müller.

Zu den Bildungsbetrieben, die geöffnet bleiben sollen, zählen in Brandenburg auch Universitäten und Volkshochschulen. Das verkündete der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach den Beratungen in einer Presskonferenz in Potsdam.

Hintergrund

Corona-Grafiken

Das sind die aktuellen Fallzahlen in Berlin und Brandenburg

Groß- und Einzelhandel

Auch die Geschäfte des Groß- und des Einzelhandels sollen offen bleiben - nicht mehr als ein Kunde darf sich dann pro zehn Quadratmeter aufhalten. In der Beschlussvorlage des Bundes war ursprünglich von 25 Quadratmetern die Rede.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sollen Industriebetriebe und Handwerk geöffnet bleiben.

Schließung von Freizeiteinrichtungen

Dagegen sollen Veranstaltungen, die der Unterhaltung und der Freizeit dienen, im November deutschlandweit weitgehend untersagt werden. So sollen Theater, Opern oder Konzerthäuser vom 2. November an bis Ende des Monats schließen. Zu den Freizeiteinrichtungen gehören auch Messen, Kinos, Freizeitparks oder Spielhallen. Schwimmbäder, Saunen und Thermen sowie Fitnessstudios dürfen nicht weiterbetrieben werden, ebenso Bordelle und ähnliche Einrichtungen.

Die Regelung betrifft nach DPA-Informationen auch den Freizeit- und Amateursportbetrieb, Individualsport soll ausgenommen werden.

Weitere Infos

Amateursport in Vereinen untersagt

Profisport im November nur noch ohne Zuschauer erlaubt

Sport

Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder werden geschlossen. Der Amateursportbetrieb wird eingestellt, Vereine dürfen also nicht mehr trainieren. Individualsport, also etwa alleine joggen gehen, ist weiter erlaubt.

Der Profisport soll im November nur noch ohne Zuschauer stattfinden - das soll auch für die Fußball-Bundesliga gelten.

Gastronomie

Restaurants, Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen sollen vorübergehend schließen. Davon ausgenommen sein soll die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu Hause, Kantinen sollen offen bleiben dürfen.

Im Gegenzug erhielten die Gastronomiebetriebe eine Entschädigung des Bundes, vereinbarten Bund und Länder am Mittwoch nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Teilnehmerkreisen.

Dienstleistungen

Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tattoo-Studios werden geschlossen, weil hier der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Medizinisch notwendige Behandlungen, etwa beim Physiotherapeuten, sind weiter möglich. Auch Friseure bleiben geöffnet.

Touristische Übernachtungen

Touristische Übernachtungsangebote im Inland sollen verboten werden. Diese dürften nur noch für notwendige Zwecke wie zwingende Dienstreisen gemacht werden, entschieden Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten.

Anders als bei früheren sogenannten Beherbergungsverbot könne diesmal auch kein negativer Coronatest vorgezeigt werden.

Gottesdienste und Demonstrationen

Wie Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach den Beratungen bekanntgaben, sollen Gottesdienste keinen weiteren Verschärfungen unterliegen, das Gleiche gelte für Demonstrationen. Söder verwies hier auf die durch das Grundgesetz besonders geschützte Religions- und Versammlungsfreiheit.

Blick ins Ausland

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Beratungseinrichtungen

Einrichtungen der Sozial- und Jugendhilfe sowie vergleichbare Beratungseinrichtungen sollen geöffnet bleiben.

Schutz von Kranken und Pflegebedürftigen

Bund und Länder wollen Kranke, Pflegebedürftige, Senioren und Menschen mit Behinderungen besonders gegen die sich verschärfende Corona-Krise schützen. Corona-Schnelltests sollen deshalb zügig und mit Priorität diesen Menschen zur Verfügung gestellt werden.

Der besondere Schutz von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren- und Behinderteneinrichtungen dürfe aber nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation führen, hieß es nach Informationen der Deutschen Presseagentur in den Beschlüssen.

Appell, Heimarbeit zu ermöglichen

Angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen fordern Bund und Länder Unternehmen eindringlich, Heimarbeit zu ermöglichen - wo immer dies umsetzbar ist.

Weitere Nothilfen im Milliardenbereich geplant

Wie am Mittwoch bekannt wurde, plant der Bund milliardenschwere Nothilfen für Unternehmen, die von den vorübergehenden Schließungen zur Eindämmung des Coronavirus betroffen sind.

Unternehmen, Betriebe und Einrichtungen, die von den Maßnahmen betroffen sind, sollen bis zu 75 Prozentihres Umsatzen von November 2019 Unterstützung erhalten. Diese Regel soll für Unternehmen mit bis zu 50 Personen gelten. Die Prozentsätze für größere Unternehmen sollen nach Maßgabe der Obergrenzen der einschlägigen beihilferechtlichen Vorgaben ermittelt. Die Finanzhilfe wird ein Finanzvolumen von bis zu 10 Milliarden haben.

Bundestag, Senat und Landtag tagen

Nach den Bund-Länder-Beratungen vom Mittwoch will Kanzlerin Merkel dem Bundestag am Donnerstag die Corona-Politik der Bundesregierung erläutern. Die Regierungserklärung
ist die dritte seit Beginn der Pandemie. Im Anschluss an die etwa 20-minütige Rede gegen 9 Uhr ist eine anderthalbstündige Debatte geplant.

Der rot-rot-grüne Berliner Senat will ebenfalls am Donnerstag über die Beschlüsse beraten. Erwartet wird eine lange und auch kontroverse Diskussion. Für den Abend ist eine Pressekonferenz geplant.

Voraussichtlich am Freitag soll der Brandenburger Landtag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die Corona-Maßnahmen zu beraten.

Video: Brandenburg aktuell | 28.10.2020 | Stephanie Teisler, Dietmar Woidke im Gespräch

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