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Audio: Inforadio | 07.10.2020 | Interview mit Dilek Kalayci | Quelle: doa/Gerald Matzka

Kalayci verteidigt Sperrstunde in Berlin

"Jetzt ist Schluss damit, nachts Party zu machen"

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci verteidigt die strengeren Corona-Maßnahmen. Eine Minderheit von Bürgern missachte bewusst die Regeln und gefährde viele Menschen, sagte sie am Mittwoch. Weitere Regel-Verschärfungen schloss die Politikerin nicht aus.

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat im rbb die neuen Corona-Einschränkungen in Berlin verteidigt. In der ersten Phase der Pandemie seien die Bürgerinnen und Bürger sehr diszipliniert gewesen, bilanziert sie am Mittwoch im rbb-Inforadio. Die Infektionszahlen seien zunächst stark gesunken. "Aber jetzt merken wir, dass die Disziplin nachgelassen hat - gerade bei jungen Menschen, die sagen: Mein Gott, für mich ist das nicht schlimm." Diese jungen Leute aber hätten eine Verantwortung, denn sie könnten wieder andere anstecken. Kalayci betonte: "In einer Pandemie kann man nicht von einer Minderheit sprechen, denn eine Minderheit kann sehr, sehr gefährlich sein, wenn sie sehr mobil ist."

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"Die Zeit der Geselligkeit ist vorbei"

Das Nachtleben sei in den vergangenen Tagen und Wochen als Infektionsquelle ausgemacht worden, wiederholte Kalayci. Daher seien hier gezielt Maßnahmen ergriffen worden. "Es ist Schluss, nachts Partys zu machen, sich zu treffen", konstatierte Kalayci. "Die Zeit der Geselligkeit ist vorbei. Die Lage in Berlin ist ernst. Und da trägt jeder einzelne auch mit Verantwortung, diese Pandemie mit Berlin in den Griff zu bekommen." Es gebe aber "einige wenige, die diese Regeln sehr wohl kennen, aber sie bewusst ignorieren".

Weitere Verschärfungen der Regeln schloss die Senatorin nicht aus. "Die Schärfe der Beschlüsse hängt von der Entwicklung ab. Und diese Entwicklung ist nicht gottgegeben, sondern hängt vom Verhalten jedes einzelnen ab."

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Katina Schubert, Landesvorsitzende der Linken in Berlin, sagte am Mittwoch im rbb-Inforadio, die Maßnahmen seien "gut vertretbar". Entscheidend sei nun, dass das Beschlossene wirke. Dazu werde nun auch eine neue Informationskampagne gestartet, auch mehr Kontrollen solle es geben. Schubert warnte zugleich davor, Berlin dürfe nicht in einen "Strudel von Maßnahmen" kommen.

Die Bezirksbürgemeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD), erklärte am Mittwoch, sie sei froh, dass die Corona-Maßnahmen zeitlich begrenz seien. "Dass die Bars ganz besonders darunter leiden, das ist mir vollständig klar", sagte Schöttler der rbb-Welle Radioeins. Deswegen sei es ihr wichtig gewesen, dass es gleichzeitig eine Hilfszusage für Barbetreiber gibt, damit diese durch den Monat kommen. "Wir müssen ihnen helfen, sonst geht das nicht."

Unterstützung erhält der Senat auch vom Amtsarzt des Berliner Bezirks Reinickendorf, Patrick Larscheid. Wenn Partys mit wenig Abstand und viel Alkoholkonsum als Problem identifiziert seien, sei es auch konsequent zu sagen "Wir unterbinden das", wie Larscheid am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Das kann ich nachvollziehen." Aus seiner Sicht besteht eine Chance, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitragen können, wenn sie durchgesetzt werden.

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Von Samstag an gilt in Berlin für Bars und Restaurants eine Sperrstunde zwischen 23 und 6 Uhr. Außerdem dürfen sich in dieser Zeit nur noch höchstens fünf Menschen draußen versammeln. An privaten Feiern in geschlossenen Räumen dürfen nur noch maximal zehn statt bisher 25 Personen teilnehmen. Die Regeln sollen zunächst bis Ende des Monats gelten.

Kritik daran kommt von der Opposition im Abgeordnetenhaus. CDU-Fraktionschef Burkard Dregger bemängelte, der Senat sei unfähig, die Regeln durchzusetzen und die Infektionsherde einzudämmen. Wenn Schutzmaßnahmen nicht konsequent durchgesetzt würden, würden sie als Bestrafung derjenigen empfunden, die sich an die Regeln halten. CDU-Landeschef Kai Wegner forderte Schwerpunkteinsätze, "insbesondere gegen Personengruppen, die wild feiern und Abstände nicht einhalten".

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja teilte mit, die weitere Verschärfung der Regeln mache keinen Sinn, wenn der Senat die bisherigen Maßnahmen nicht durchsetzen könne. "Die Verschärfung der Maßnahmen trifft immer nur diejenigen, die sich an die Regeln halten, während die Regelbrecher weiter ungeschoren davonkommen", so Czaja am Mittwoch. Seine Fraktion behalte sich vor, gegen die erneute Verschärfung der Corona-Maßnahmen zu klagen.

Der AfD-Abgeordnete Herbert Mohr (AfD) teilte mit, die jüngsten Beschlüsse entbehrten jeglicher Strategie. "Fakt ist, dass die bestehenden Regelungen ausreichend waren."

Sendung: Abendschau, 07.10.2020, 19:30 Uhr

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