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Audio: Inforadio | 02.09.2019 | Lotte Glatt | Quelle: dpa/Annette Riedl

Reaktionen zur Landtagwahl in Brandenburg

CDU-Abgeordneter Bommert: Senftleben war der falsche Mann

Die CDU hat bei der Landtagswahl in Brandenburg mit 15,6 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt. Nun gibt es erste Rücktrittsforderungen an Spitzenkandidat Senftleben. Bei der SPD herrscht derweil Zufriedenheit, bei der AfD Aufbruchstimmung.

Nach dem schlechten Abschneiden der Christdemokraten bei der Landtagswahl in Brandenburg gibt es erste Rücktrittsforderungen an den CDU-Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Ingo Senftleben. "Wer solch ein Ergebnis eingefahren hat, kann nicht Vorsitzender bleiben", sagte der CDU-Politiker Frank Bommert am Montagmorgen der Deutschen Presse-Agentur.

"Wir müssen neue Wege gehen", so Bommert weiter. Die von Senftleben eingeschlagenen seien eindeutig die falschen gewesen. "Wir waren stärkste Oppositionspartei und haben nun acht Prozent verloren", sagte er. Es sei wohl einmalig in der CDU.

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Bommert hatte Senftleben wiederholt öffentlich wegen dessen Aussage kritisiert, notfalls eine Koalition mit der Linkspartei nicht auszuschließen. Der Spitzenkandidat habe es trotz des erheblichen Widerstandes nicht unterlassen, das Angebot an die Linkspartei zu unterbreiten, sagte Bommert. "Damit werden wir zerrieben. Man kann nicht im Vorfeld sagen, mit wem man koalieren will und wem nicht."

Nun müsse gesehen werden, wer in Koalitionsverhandlungen eintrete - denn Senftleben könne es nicht sein, da er von vornherein ausgeschlossen habe, mit SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke zu sprechen.

Zurücktreten will Senftleben als Parteivorsitzender aber offensichtlich nicht. Er wolle "Inhalte umsetzen, für die wir im Wahlkampf geworben haben", so Senftleben am Montag im rbb. Es gehe nun um die Frage, "ob wir das Land hier mitgestalten können". Trotz des schlechten Ergebnisses wolle man im Land Brandenburg Brücken bauen und Themen setzen. "Ich bin ein Freund von Taten", so Senftleben im Inforadio. Der Generalsekretär Steeven Bretz sagte über die Frage nach Konsequenzen, die CDU werde Sondierungsgespräche mit anderen Parteien über eine Zusammenarbeit führen. "Und erst wenn der Inhalt entschieden ist, wird es auch um das Personal gehen."

Woidke: "Gute Basis für die Zukunft"

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Montagmorgen im rbb, er sei mit dem Wahlergebnis seiner Partei zufrieden, obwohl die SPD bei der Landtagswahl das bisher schlechteste Ergebnis erzielte. In Anbetracht der Rahmenbedingungen der vergangenen Wochen, könne die SPD froh sein. "Wir haben innerhalb von knapp vier Wochen zehn Prozentpunkte aufgeholt und waren am Ende deutlicher Sieger. Das ist eine gute Basis für die Zukunft", so Woidke im rbb-Inforadio.

Die Sozialdemokraten sind bei der Landtagswahl mit 26,2 Prozent stärkste Kraft geworden, haben aber deutlich an Stimmen verloren. Da die SPD eine Koalition mit der AfD ausschließt, die mit 23,5 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft ist, wird die nächste Regierung wohl aus drei Parteien bestehen.

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Stohn: "Hinter uns liegt ein erheblicher Endspurt"

Der Brandenburger SPD-Generalsekretär Eric Stohn äußerte sich im rbb erleichtert über den Wahlausgang. "Hinter uns liegt ein erheblicher Endspurt. Es ist gut, dass eine demokratische Partei in Brandenburg vorne liegt, auch hinsichtlich der Außenwirkung unseres Landes", so Stohn im rbb-Inforadio. Er sei trotz der Verluste von mehr als fünf Prozentpunkten im Vergleich zur vorigen Landtagswahl nicht enttäuscht. Das Ergebnis von 26,2 Prozent müsse man auch im Lichte der wesentlich stärkeren SPD-Verluste bei der Bundestags- und Europawahl betrachten.

Dass die SPD letztlich vor der AfD liege, könne unter anderem auf die Beliebtheit des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke zurückgeführt werden, "außerdem haben wir immer eine klare Haltung gegen die AfD gezeigt", so der Generalsekretär. In den kommenden Jahren müsse man den bereits begonnenen Bürgerdialog noch intensivieren, "wir müssen stärker über die Erfolge in Brandenburg sprechen und Menschen, die aus Enttäuschung AfD gewählt haben, zurückholen", so Stohn weiter. 

AfD: Noch aktiver in den Landtag einbringen

Bei der Brandenburger AfD herrscht nach ihrem guten Abschneiden nach wie vor Freude und Aufbruchsstimmung. Als zweitstärkste Fraktion im neuen Landtag (23,5 Prozent) will sich die Partei noch aktiver einbringen. Die stellvertretende Landeschefin Birgit Bessin sagte am Montagmorgen dem rbb, man habe jetzt andere Möglichkeiten, die künftige Landesregierung unter Druck zu setzen.

"Wir konnten in der abgelaufenen Legislaturperiode auch mit deutlich weniger Abgeordneten den ein oder anderen Punkt setzen. Durch den deutlichen Zuwachs haben wir jetzt bessere Möglichkeiten anzugreifen und unsere Anträge darzustellen", so Bessin im rbb-Inforadio. Vor allem die Themen innere Sicherheit, Bildung, ländliche Räume müssten laut AfD stärker behandelt werden. Außerdem will die Partei stärker gegen Linksextremismus in Brandenburg vorgehen.

AfD-Chef Alexander Gauland sieht den Kurs seiner Partei bestätigt: "Ich wüsste nicht, was wir anders machen sollten - wir sind auf der Erfolgsstraße", sagte Gauland am Montag im ARD-Morgenmagazin. Er machte zugleich deutlich, dass die AfD auf Dauer Verantwortung übernehmen müsse.  "Mit Protest beginnt es, dann müssen Inhalte produziert werden", sagte Gauland. Die AfD sei jetzt gewählt worden, "weil die anderen in wichtigen Fragen völlig versagt haben".

Grüne wollen in eine Regierungskoalition

Die Grünen wiederum meldeten ihre Bereitschaft an, in Brandenburg mitzuregieren. Ihre Spitzenkandidatin und Fraktionschefin, Ursula Nonnemacher, sagte am Montagmorgen im rbb: "Wir sind bereit zu regieren, aber es muss eine Koalition der Erneuerung und auch des Aufbruchs sein. Es kann kein 'Weiter so' geben." Die Grünen wollten maximal Inhalte durchsetzen. Dazu zählten: keine neuen Tagebaue sowie klare grüne Signale in den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft. Nonnemacher betonte, die Grünen würden keine Mehrheitsbeschaffer für die bisherige rot-rote-Regierung.

"Es geht uns um Erneuerung, die muss deutlich sichtbar werden", sagte die Landeschefin Petra Budke am Montag. Kein weiteres Dorf dürfe für den Braunkohletagebau abgebaggert werden. Die Grünen sind auch für einen früheren Kohleausstieg als 2038.

Die Grünen könnten sich an einer möglichen rot-rot-grünen Regierung sowie an einer Koalition aus SPD, CDU und Grünen beteiligen. Sie erhielten bei der Brandenburger Landtagswahl nach vorläufigen Ergebnissen 10,8 Prozent der Stimmen.

Walter: Stimmenverluste der Linke teilweise hausgemacht

Die Brandenburger Linke äußerte sich am Tag nach der Wahl angesichts des schlechten Ergebnisses (10,7 Prozent) selbstkritisch. Spitzenkandidat Sebastian Walter sprach im rbb-Interview von "hausgemachten Problemen im Landesverband". "Wir haben in den letzten Jahren viele Fehler gemacht und ich glaube, wir haben auch zu spät bestimmte Herausforderungen und Probleme der Menschen erkannt." In den letzten Wochen des Wahlkampfes hätte die Linke diese Fehler nicht mehr wettmachen können, sagte Walter im Inforadio. Außerdem habe "die Polarisierung zwischen entweder SPD oder AfD der letzten Tage" die Partei Stimmen gekostet. Die Linke müsse nun in ganz Ostdeutschland darüber reden, wie sie wieder mehr an die Menschen herankomme.

Der Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg nannte das Wahlergebnis katastrophal. Er ließ offen, ob die Linke weiter regieren will: "Wir können beides. Wir können regieren, wir können auch Oppositionsarbeit machen."

Freie Wähler freuen sich über "größten Erfolg" in Brandenburg

Péter Vida von den Freien Wählern bezeichnete das Ergebnis im rbb als den "größten Erfolg, den wir hier in Brandenburg jemals errungen haben". Zum Thema Regierungsbeteiligung sagte er: "Wir denken nicht in harten Oppositionen und Koalitionen, Regierungskategorien, sondern wir wollen Inhalte voranstellen und gerne auch mit wechselnden Mehrheiten einzelne inhaltliche Fragen entscheiden."

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