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Video: rbb24 | 01.09.2019 | Quelle: dpa/Fischer/Nietfeld

Reaktionen zur Landtagswahl Brandenburg

"Jetzt geht es erst richtig los"

Haarscharf ist die SPD in Brandenburg doch noch stärkste Kraft geworden - entsprechend erleichtert zeigen sich am Wahlabend die Parteivertreter. Kampfbewusst tritt die AfD auf, als neue zweitstärkste Kraft im Land.

Die Sozialdemokraten sind bei der Landtagswahl in Brandenburg erneut stärkste Kraft geworden - wenn auch nur mit geringem Vorsprung vor der AfD. SPD-Vertreter aus Bund und Land haben sich am Sonntagabend erleichtert gezeigt - auch wenn ihre Partei deutlich an Stimmen verloren hat.

Ergebnis

Landtagswahl 2019

SPD gewinnt Brandenburg-Wahl knapp vor der AfD

  

Auch der bisherige Koalitionspartner, die Linke, büßte an Stimmen ein - ein "bitteres Ergebnis", hieß es. Für die Fortführung eines rot-roten Regierungsbündnisses auf Landesebene reicht es nicht mehr, die SPD muss sich nach einer dritten Kraft umsehen. "Es wird nicht einfach", so Woidke mit Blick auf die Regierungsbildung. Verluste hinnehmen musste auch die CDU, deren Spitzenkandidat Senftleben dafür noch am Abend die Verantwortung übernahm.

AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz zeigte sich dagegen am Wahlabend "sehr zufrieden" mit den Ergebnissen - die AfD ist zweitstärkste Kraft mit Zugewinnen in zweistelligen Bereich.  

Positive Reaktionen auf die ersten Hochrechnungen kamen auch von den Grünen, die  ein zweistelliges Ergebnis erreichen, von BVB/Freie Wähler, die ihr Wahlergebnis fast verdoppeln konnten, sowie von der FDP. Die Liberalen ziehen voraussichtlich nicht in den Landtag ein - können ihr Ergebnis aber voraussichtlich mehr als verdreifachen.

Ausgewählte Stimmen:

Reaktionen

SPD

Ministerpräsident Dietmar Woidke

"Ich bin erstmal froh, dass das Gesicht Brandenburgs auch in Zukunft ein freundliches bleiben wird", sagte Woidke in der ARD. Er ergänzte aber auch: "Die Herausforderungen sind nicht geringer worden. [...] Jetzt geht es darum, eine stabile Regierung zu bilden [...], es wird nicht einfach. Aber ich glaube, dass wir alle gut beraten sind, uns da schnell zusammenzusetzen."

"Wir sind geschlossen in diesen Wahlkampf gegangen, mit vielen Inhalten. Vor allem sind wir immer besser geworden, was Mobilisierung, was Einsatz betrifft. Ich bin froh, dass wir ein sehr, sehr gutes Ergebnis haben. Sorge macht mir das Ergebnis der AfD. Wir stehen in diesem Land weiter vor großen Herausforderungen, auf die Menschen zuzugehen." Woidke ergänzte: "Die Arbeit beginnt erst."

"Im 30. Jahr des Mauerfalls fühlen sich viele Menschen nicht gerecht behandelt. Es geht beim Lohn los, bei der Rente weiter, es geht um soziale Fragen, Infrastruktur. Wenn man zwölf Jahre braucht, um ein Stück Gleis zu verlegen, dauert das einfach zu lange. Wir haben in den kommenden Jahren viel zu tun, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen."

Erik Stohn, Generalsekretär der SPD Brandenburg

"Wir sind den Brandenburgern sehr dankbar, die AfD auf den Platz zu verschieben und dass eine demokratische Kraft stärkste Kraft wird." Im Wahlergebnis sieht Stohn einen "klaren Regierungsauftrag", dass die SPD auch weiterhin den Ministerpräsidenten stellt.

Matthias Platzeck, früherer Ministerpräsident

"Das ist wirklich eine große Freude - wissend, dass große Aufgaben vor uns liegen." Die Regierungsbildung werde kompliziert, sagte Platzeck im rbb. "Und es gibt einen zweiten Punkt: Wenn jeder vierte oder fünfte Bürger einer Partei seine Stimme gibt, die deutlich dafür steht, dass die Gesellschaft gespalten wird, dass die Weltoffenheit keine Rolle spielt, dass Intoleranz wieder Raum bekommt, dass man sich nicht mehr so streitet, dass die Würde des anderen obsiegt - das macht mir große Sorgen."

In der ARD sagte Platzeck: "Das ist etwas, was wir in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sehr, sehr ernst nehmen müssen und da müssen wir uns auch neue Wege, deutlich neue Wege einfallen lassen, um diese Menschen wieder zu erreichen, sie mitzunehmen und sie davon zu überzeugen, dass ohne Weltoffenheit uns diese Zukunft nicht gehören wird."

Lars Klingbeil, Generalsekretär

"Vor ein paar Wochen waren wir fast auf Platz vier", so Klingbeil im ZDF. "Dann haben Dietmar Woidke und sein Team losgelegt. Nun sieht es so aus, dass wir Platz 1 behalten." Woidke und die Brandenburger SPD hätten "gekämpft, waren geschlossen, haben klare Kante gegen rechts gezeigt. Jetzt haben wir ein Ergebnis bekommen, in dem die SPD klar vorne liegt".

In der ARD zeigte sich Klingbeil zuversichtlich, was die Regierungsbildung in Potsdam betrifft: "Ich bin mir sicher, Dietmar Woidke wird mit allen Gesprächen führen - außer mit den Rechtsextremen, da haben wir immer klare Kante gehabt."

 

AfD

Andreas Kalbitz, Landeschef der AfD Brandenburg

"Ein knappes Viertel der Brandenburger hat sich für uns entscheiden - das steht erstmal für sich", sagte Kalbitz im rbb. "Nun ist es an den anderen Parteien zu zeigen, wie weit es her ist mit ihrem Demokratieverständnis, wenn man allen Ernstes glaubt, ein Viertel der Menschen ausgrenzen zu können."

"Wir werden eine sehr starke Opposition bilden", sagte Kalbitz im rbb. "Jetzt werden wir mal sehen, was sich politisch in diesem Land so tut. Man hat ja noch keine so glücklichen Verlierer gesehen wie die SPD, die sich dafür feiern, dass sie konsequent den Weg nach unten fortsetzen."

"Die AfD ist gekommen, um zu bleiben, es wird keine Politik um uns herum mehr möglich sein", so Kalbitz im ZDF. In der ARD fügte er hinzu: "Viele haben ja gesagt, sie freuen sich, wenn der Wahlkampf vorbei ist. Gar nichts ist vorbei - jetzt geht es erst richtig los."

Zur anstehenden Regierungsbildung äußerte sich Kalbitz im rbb: "Es ist tatsächlich so im Status Quo, dass niemand mit uns arbeiten will." "Ich denke, wenn wir uns mal die Ergebnisse in anderen Ländern anschauen: Irgendwann wird sich der Ton der Union auch mal ändern." Kalbitz weiter: "Ich denke da an einen politischen Langstreckenlauf."

Alexander Gauland, Bundesvorsitzender

"Wir sind sowohl in Brandenburg wie in Sachsen sehr zufrieden", sagte Gauland in der ARD und fügte hinzu: "Wir sind nicht stärkste Kraft geworden, dazu fehlt noch ein Stück, deswegen beginnt die Arbeit erst jetzt."

Im ZDF kommentierte Gauland die Rolle der CDU: "Wenn Sie sich in Brandenburg die CDU angucken, existiert sie als bürgerliche Opposition nicht mehr." Weiter sagte er: "Wir wollen und werden in Sachsen und Brandenburg die bürgerliche Opposition sein." Die AfD, so Gauland im rbb, sei die "große nationalkonservative Oppositionspartei und wir werden die bürgerlichen Kräfte zusammenbringen".

Björn Höcke, Parteichef in Thüringen

"Es ist ein historisches Ergebnis. Wir haben unser Ergebnis im Vergleich zur Landtagswahl 2014 verdoppeln können, in Sachsen haben wir es fast verdreifachen können. Wir haben es hier tatsächlich mit einer friedlichen Revolution an der Wahlurne zu tun."

Jörg Meuthen, Bundesvorsitzender

"Wir haben uns in Brandenburg mehr als verdoppelt, ich glaube, viel besser kann es nicht laufen", so Meuthen. "Es ist ein Stück weit eine Zeitenwende. Das hier ist 'Helldeutschland", hier haben die Leute verstanden, welcher Veränderungen es bedarf."

CDU

Ingo Senftleben, CDU-Landeschef in Brandenburg

"Wir sind enttäuscht", sagte Senftleben im ZDF. "Wir müssen das aufarbeiten. Wir haben für Inhalte geworben und wollen das auch umsetzen - das ist schwieriger in der Opposition. Wir sind zerrieben worden von der Frage: Wird die AfD stärkste Kraft oder nicht? Und daran haben wir auch Wähler verloren."

Im rbb sagte Senftleben: "Wir stehen in der Verantwortung für die, die uns heute gewählt haben, in der Verantwortung für unsere Themen und in der Verantwortung für unser Land." Senftleben führte aus: "Und deshalb ist auch klar: Wir sind bereit, mit den Partnern in Brandenburg, die mit uns Gespräche führen wollen, dazu auch Gespräche zu führen, um eine stabile Regierung in Brandenburg hinzubekommen."

"Wir haben nicht das erreicht, was wir erreichen wollten", räumte Senftleben in der ARD ein. Politische Konsequenzen zieht er nach jetziger Lage nicht: "Ich bin für dieses Ergebnis natürlich verantwortlich, aber auch für den künftigen Kurs", sagte er im rbb.

Dieter Dombrowski, Landtagsvizepräsident

"Das fühlt sich natürlich überhaupt nicht gut an", sagte Dombrowski im rbb zu den Verlusten der CDU. Allerdings sei es so, "dass sich die Parteienlandschaft insgesamt ja dramatisch verändert und verschoben hat. Wir sind über das Ergebnis betrübt, aber die Politik im Land Brandenburg muss verantwortlich gestaltet werden. Fakt ist eines: Die rot-rote Regierung ist abgewählt worden. Und die CDU in Brandenburg hat auch eine Quittung bekommen für die Unzufriedenheit mit der Politik. Denn über 50 Prozent der Wähler in Brandenburg haben angegeben, dass es eine Denkzettel-Entscheidung für sie gewesen ist. [...] Da sind wir auch mit drin, in diesem Sack, wo alle drauf knüppeln."

Die Linke

Sebastian Walter, Spitzenkandidat

"Das Ergebnis ist eine Katastrophe für uns", sagte Walter im rbb. "Nichtsdestotrotz fangen wir jetzt wieder an." Denn die Fragen - nach fairen Löhnen und Perspektiven auf dem Land - würden ja bleiben. Im rbb sagte Walter aber auch: "Ein Weiter-so wird es so nicht geben können."

Kathrin Dannenberg, Spitzenkandidatin in Brandenburg

"Das Ergebnis ist natürlich bitter für uns und jetzt müssen wir erstmal in uns gehen und überlegen, was wir tun", so Dannenberg am Abend in der ARD. "Es scheint ja so zu sein, dass wir mit unseren Inhalten - was die soziale Frage betrifft, die Spaltung in dieser Gesellschaft, die Teilhabe oder Angst vor sozialem Abstieg - dass wir die zu wenig erreicht haben. Wir haben Politik von oben gemacht, wir waren zu wenig in den Regionen, wir haben nicht mit den Menschen geredet. Das ist ein Thema, das wir verpasst haben und zu spät begonnen haben."

Susanna Karawanskij, Ministerin für Arbeit und Soziales

"Das sind Ergebnisse, die uns alle sehr nachdenklich stimmen. Das ist ja nicht nur die Linke, die Stimmen eingebüßt hat. Das ist ein bitteres Ergebnis - das kann man nicht schönreden." Die Linke habe im Wahlkampf versucht, an bestimmten Stellen Akzente zu setzen, "aber möglicherweise zu spät". "Ein Weiter-so kann es nicht geben."

Diana Golze, Landesvorsitzende

 “Dass wir jetzt nochmal unter diesen Umfragen liegen, hat mich doch erschrocken. Ich glaube, dass es zum großen Teil damit zu tun hat, dass die Menschen taktisch gewählt haben, dass sie um jeden Preis verhindern wollten, dass die AfD stärkste Partei, stärkste Fraktion im Landtag wird."

Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Linken

"Solche Ergebnisse schmerzen echt", sagte die Bundesvorsitzende Katja Kipping im ZDF. "Die Frage ist ja immer: Um welchen Protest geht es? Die Linke stand immer für einen Protest, der voll Achtung vor den Menschen und der Demokratie war." Dem stellte Kipping die Politik der AfD gegenüber: "Die Form des Protestes der AfD steht voller Verachtung für Menschen, für Demokratie. Insofern ist das eine besorgniserregende Entwicklung."

 

Bündnis90/Die Grünen

Ursula Nonnemacher, Fraktionschefin und Spitzenkadidatin

"Wir sind zweistellig - das ist ein ganz tolles Signal", sagte Nonnemacher im rbb. "Wir haben wirklich kräftig zugelegt." Dass die Grünen trotz der Zuspitzung im Wahlkampf auf die Frage - SPD oder AfD als stärkste Kraft - so gut abgeschnitten hätten, sei sehr positiv.

"Wir können uns rein rechnerisch zwischen mehreren Bündnissen entscheiden", sagte Nonnemacher in der "Tagesschau". "Wir haben gesagt, wir sind bereit, Verantwortung zu tragen. Aber natürlich kann es das nicht geben, ohne dass auch grüne Programmatik Eingang findet. Wir möchten grüne Inhalte umsetzen." Als Beispiel nannte Nonnemacher: "Wir wollen nicht, dass ein weiteres Dorf in Brandenburg abgebaggert wird."

Benjamin Raschke, Spitzenkandidat

"Heute feiern wir erst mal", kommentierte Benjamin Raschke im rbb. "Das ist das beste Ergebnis, was wir jemals in Brandenburg hatten." Zum Thema Regierungsbildung sagte Raschke: "Wir sind bereit, das haben wir von Anfang an gesagt."

"Wir spielen eine Rolle bei den Koalitionsverhandlungen, und nicht eine ganz unwesentliche", so Raschke im rbb. "Wir haben in der Opposition wirklich gut [mit den Regierungsparteien] zusammengearbeitet. Wir haben auch im Landtag zusammen mit Linke und SPD gestimmt, wenn wir es inhaltlich richtig fanden. [...] Und das ist für uns immer der Kompass gewesen, das an den Inhalten festzumachen."

In der ARD ergänzte der Grünen-Politiker: "Egal in welcher Konstellation muss das Thema Klimaschutz, muss das Thema Kohle auf den Tisch."

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende, frühere Landeschefin in Brandenburg

"Wir haben hier in Brandenburg das beste Ergebnis, was wir jemals hatten - so wie es ausschaut, ist es auch das beste Ergebnis, das wir in Ostdeutschland jemals hatten: Deshalb freuen wir uns sehr", sagte Baerbock im rbb. "Wir haben gespürt, die Menschen wollen Neuerungen hier, gerade im Klimaschutz, aber auch bei der Frage 'Ländliche Räume', starke soziale Gerechtigkeit in diesem Land, aber vor allem Weltoffenheit."

Aus dieser Stimmung sei nicht aus "jeder Stimme eine grün geworden", sondern es hätten sich auch "gerade rot-grüne Wechselwähler [...] am Ende noch zähneknirschend für die SPD entschieden [...], damit Rechtsextreme hier nicht stärkste Kraft werden". Nun dürfe es keine Gespräche mit der AfD geben.

Ska Keller, Abgeordnete im Europaparlament aus Brandenburg

"Das Ergebnis ist wirklich gut", so Keller im rbb. "Wir sind bei 6,2 Prozent das letzte Mal gestartet. Wenn wir jetzt über zehn Prozent sind, dann ist das wirklich ein klasse Ergebnis. In den letzten Tagen hat die SPD noch einmal mobilisiert und hat gesagt: 'Wir oder die AfD', was ein komisches Argument ist. Aber ich glaube, das hat viele Leute, die uns wählen wollten, davon doch überzeugt, dass die SPD stärker ist als die AfD und das war für viele ein entscheidendes Argument."

BVB/Freie Wähler

Spitzenkandidat Peter Vida

"Es zeichnet sich ab, es ist der größte Erfolg, den wir hier in Brandenburg jemals errungen haben", sagte Vida im rbb. In der ARD sagte er: "Ich glaube, das Ergebnis ist eine Bestätigung unserer Sacharbeit der letzten Jahre und unserer fachorientierten, nicht ideologischen, nicht auf Parolen setzenden, sondern auf Inhalte setzenden Arbeit."

Zum Thema einer möglichen Regierungsbeteiligung sagte Vida im rbb: "Wir denken nicht in harten Oppositionen und Koalitionen, Regierungskategorien, sondern wir wollen Inhalte voranstellen und gerne auch mit wechselnden Mehrheiten einzelne inhaltliche Fragen entscheiden."

FDP

Spitzenkandidat Hans-Peter Goetz

"Wir haben tatsächlich im Land Brandenburg noch nie so einen Wahlkampf geführt wie jetzt. Wir hatten großartige Unterstützung der Bundespartei. Wir werden jetzt auf die Landkarte auch schauen, auf die einzelnen Landkreise."

 

"Wir hätten uns eine deutlich größere Zahl gewünscht, das ist gar keine Frage. Aber wir kennen ja vergleichbare Ergebnisse, aus Sachsen-Anhalt, wo es schief gegangen ist. Und aus Hessen und Bayern, wo es gut gegangen ist. Wir müssen wirklich abwarten, was am Ende kommt."

 

Christian Lindner, FDP-Bundestagsfraktionschef

"Ich war optimistisch durch die gut besuchten Veranstaltungen und die Stimmung im Land", sagte Lindner im ZDF. "Sehr viele werden aus taktischen Gründen, trotz Sympathie für die FDP, anders gewählt haben."

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