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Video: Abendschau | 30.08.2021 | Dorit Knieling | Quelle: dpa/Ole Spata

Einschätzung der Corona-Lage

"Die Krankenhausauslastung zeigt nur die halbe Wahrheit"

Zur Beurteilung der Corona-Pandemie soll statt auf die Sieben-Tage-Inzidenz in Zukunft auf die Auslastung der Krankenhäuser geschaut werden. Am Krankenhaus in Rüdersdorf wird dieser Vorschlag kritisch gesehen.

An diesem Tag liegt in der Immanuel Klinik Rüdersdorf kein einziger Patient, der an Covid-19 erkrankt ist. In vielen Krankenhäusern der Region dürfte es im Moment ähnlich aussehen. Wie aus dem Intensivbettenregister hervorgeht, sind aktuell in Brandenburg nur 1,5 Prozent der Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt, in Berlin sind es 4,5 Prozent.

Auch Jüngere leiden mitunter an Spätfolgen

Trotzdem hält es Geschäftsführer Alexander Mommert für falsch, bei der Einschätzung der Corona-Situation nur noch auf die Auslastung der Intensivbetten zu schauen: "Der Wert berücksichtigt nicht die teils schwereren Verläufe bei jüngeren Menschen, die gar nicht ins Krankenhaus kommen müssen", sagt Mommert. So könne das Gefühl entstehen, dass alles in Ordnung sei. "Aber das ist nur die halbe Wahrheit", so Mommert.

Denn immer wieder litten auch jüngere Patienten an Spätfolgen. Er befürwortet eine Ampel-Lösung wie in Berlin. Die Corona-Ampel als Warnsystem hatte der Berliner Senat im Mai 2020 eingeführt. Je nachdem welche Farbe die Ampel anzeigt, muss der Senat die Lage erörtern oder handeln. Ausschlaggebend sind die Sieben-Tage-Inzidenz, die Auslastung der Intensivbetten und die Veränderung der Sieben-Tage-Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche.

Für viel entscheidender hält Daniel Merkel, Chefarzt der Inneren Medizin und Leiter des Covid-Isolationsbereiches in Rüdersdorf, hingegen das kostenlose Testen. "Wir wissen, dass viele Tests helfen, Infektionen früher zu erkennen", sagt Merkel. Hierauf könne dann reagiert werden. "Wenn als Folge aus kostenpflichtigen Tests weniger getestet wird, schneiden wir uns ins eigene Fleisch."

Pflegekräfte denken über Berufswechsel nach

In der Immanuel Klinik in Rüdersdorf wird jeder Patient, der Corona-Symptome zeigt, getestet - inzwischen deutlich schneller als noch zu Beginn der Pandemie. Die Klinik habe dazugelernt: Bei einer Überbelastung kann sie auf ein Netzwerk mit umliegenden Krankenhäusern zurückgreifen. Eine Taskforce aus Mitarbeitern bespricht regelmäßig, auf was aktuell geachtet werden muss.

Weniger Belastung für die Mitarbeiter hieße das aber nicht, sagt Chefarzt Merkel: "Wir arbeiten alle die letzten anderthalb Jahre auf 100, 120 Prozent und könnten eine Phase zum Durchatmen gebrauchen." Diese sei bisher nicht absehbar. Mehrere der rund 300 Pflegekräfte des Klinikums würden auch deswegen darüber nachdenken, den Beruf zu wechseln.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.08.2021, 16:10 Uhr

Beitrag von Marie Stumpf

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