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Audio: Inforadio | 30.03.2020 | Jürgen Wittke im Interview | Quelle: dpa/Kitty Kleist-Heinrich

Branche fordert schnelleres Handeln

"Bei vielen Berliner Handwerksbetrieben brennt die Hütte"

Viele Handwerksbetriebe dürfen weiter arbeiten - und trotzdem sind auch sie von der Corona-Krise stark betroffen. Die Berliner Handwerkskammer beklagt Bremsklötze in manchen Behörden. Und fordert schnelle finanzielle Hilfe.

Die Corona-Pandemie trifft auch das Berliner Handwerk ins Mark. In der Breite gebe es keinen Betrieb, der keine Einbußen hinnehmen müsse, sagte der Hauptgeschäftsführer der Berliner Handwerkskammer, Jürgen Wittke, am Montag im Inforadio des rbb. Betriebe aus den Bereichen der Kosmetik und des Friseurhandwerks seien ganz geschlossen. Aber auch Handwerker, die weiter arbeiten dürften, seinen betroffen, so Wittke. "In einer bundesweiten Umfrage klagen drei Viertel der Handwerksbetriebe über Umsatzrückgänge, über die Hälfte verzeichnet Stornierungen größerer Aufträge, einem Drittel der Betriebe fehlt Personal wegen eigener Quarantäne oder Kinderbetreuung", so Wittke.

Genehmigungen für Baugerüste dauern zu lange

Hinzu komme, dass die Berliner Genehmigungsbehörden zu langsam seien: “Manche unserer Mitgliedsbetriebe teilen uns mit, dass sie erst Anfang Mai Genehmigungen für Gerüste auf Gehwegen erhalten“, so Wittke. Diese müssten jetzt viel schneller erteilt und auch per Internet beantragt werden können, fordert Wittke. Es könne nicht sein, dass Betriebe für Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragen müssten, die eigentlich arbeiten könnten. "Wir haben nicht die Zeit für die sechste Stelle hinter dem Komma und jede Einzelbestimmung", so der Hauptgeschäftsführer der Berliner Handwerkskammer. Seiner Organisation gehören mehr als 30.000 Betriebe in der Hauptstadt an.

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Wittke: Mit Betrügern besser später befassen

Schnelligkeit sei nun auch bei der Bewältigung der finanziellen Probleme gefragt. "Unter unseren Mitgliedern ist die Angst groß, bei den Anträgen auf Soforthilfe hinten runter zu fallen. Entscheidend ist, dass hier jeder zum Zug kommt, der berechtigt ist. Es muss schnell gehen, in vielen Betrieben brennt die Hütte", so Wittke.

Die Gelder müssten möglichst schnell ausgezahlt werden - selbst wenn es dadurch zu Betrug komme. Dieses Risiko müsse man jetzt wohl eingehen, sagte Wittke: "Natürlich muss man sich Betrüger vornehmen und wegen Subventionsbetrugs anklagen. Wenn man jetzt aber den Prüfprozess so klein und engmaschig macht, damit kein Betrüger mehr eine Chance hat, dann dauert das für alle anderen sehr lange", mahnt Wittke. Zunächst müssten die drängendsten Probleme gelöst werden, "mit den Betrügern befassen wir uns später, wenn wir Zeit zum Luftholen haben", meint Wittke.

Die Investitionsbank Berlin hat nach eigenen Angaben bei Anträgen auf Soforthilfen eine Reihe mutmaßlicher Betrugsversuche festgestellt. Um wie viele Fälle es sich handle, sei noch unklar. Seit Freitag können kleine Firmen, Freiberufler und Solo-Selbständige einen Zuschuss von bis zu 5.000 Euro als Soforthilfe beantragen. Die ersten Gelder sollen am Montag ausgezahlt werden. Das Soforthilfeprogramm für Darlehen an kleine Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern liegt allerdings derzeit auf Eis. Hier ist der bislang verfügbare Kreditrahmen schon jetzt ausgefüllt.

Sendung: Inforadio, 30.03.2020, 7:05 Uhr

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