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Audio: Antenne Brandenburg | 01.04.2020 | Thorsten Sydow | Quelle: dpa/Soeren Stache

Corona-Pandemie

Woidke: "Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz"

Brandenburg stemmt sich mit milliardenschweren Wirtschaftshilfen gegen einen drohenden Ruin kleiner Firmen und Selbständiger durch die Corona-Krise. In einer Regierungserklärung schwor Ministerpräsident Woidke das Land auf weitere schwierige Wochen ein.

Brandenburg greift Bürgern und Wirtschaft in der Corona-Krise mit einem historischen Rettungsschirm von bis zu zwei Milliarden Euro unter die Arme. Der Landtag beschloss die Hilfen am Mittwoch in Potsdam einstimmig, ein Nachtragshaushalt wurde mit Enthaltungen von Linken und Freien Wählern beschlossen. Das Geld, das über neue Schulden finanziert wird, soll vor allem kleinen Unternehmen, Eltern ohne Kinderbetreuung und Krankenhäusern zugute kommen.

Brandenburg hilft kleinen Unternehmen und Freiberuflern bis 100 Beschäftigten mit einem Soforthilfeprogramm mit Zuschüssen von 9.000 Euro bis 60.000 Euro. Bisher gingen 55.000 Anträge bei der Investitionsbank Brandenburg ein. Den Rettungsschirm bezeichnete er als notwendig und bekräftigte, "um jedes Unternehmen und jeden Arbeitsplatz in Brandenburg zu kämpfen". Dafür stellte der Landtag eine außergewöhnliche Notlage fest, damit Kredite trotz Schuldenbremse möglich sind. "Ich will nie wieder einen Zusammenbruch erleben der Wirtschaftsstrukturen wie Anfang der 90er Jahre", sagte Woidke. 

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Aktuelle Fallzahlen in Brandenburg

Über die momentane Lage der Erkrankten sagte Woidke, dass derzeit 20 Patienten in Brandenburg wegen Covid-19 künstlich beatmet werden müssten. Aktuell gebe es in Brandenburg 979 Infektionen, 84 davon würden sich bereits in Krankenhäusern befinden. 

Um die Krise zu bewältigen, werde das Land den Krankenhäusern mehr Geld zur Verfügung stellen, versicherte Woidke. "Die Infektionszahlen vergrößern sich nicht so schnell wie vor wenigen Tagen oder vor wenigen Wochen. Nur mit der Verlängerung unserer Maßnahmen können wir die Zahl der Infektionen etwas abflachen", so der Ministerpräsident.

Kontakteinschränkungen bis mindestens 19. April

Auf eine vorläufige Verlängerung der strengen Auflagen bis zum 19. April haben sich am Mittwoch auch Bund und Länder geeinigt. In Brandenburg hatte die Landesregierung Kontakteinschränkungen am 23. März beschlossen, ursprünglich waren diese Regeln nur bis zum 5. April vorgesehen. Woidke sagte, er sei froh, dass sich die meisten Brandenburger an die Regeln hielten. Für diejenigen, die sich jedoch nicht an die Regeln halten würden, hatte Woidke klare Worte: "Sie gefährden Menschenleben! Nicht nur Ihr eigenes, sondern auch das anderer - das geht gar nicht!"

Deswegen sei ein Bußgeldkatalog notwendig. Wiederholungstätern drohen dadurch bis zu 25.000 Euro Strafe. Wer vorsätzlich andere gefährde, riskiere sogar eine Freiheitsstrafe. "Wer unterwegs sein muss, hält Abstand. So schützen wir uns und unser Gesundheitssystem." 

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Woidke gegen Grenzschließungen in der Region

Zum Erfolg der Bewältigung der Krise gehöre auch die Kooperation mit Berlin - deshalb sprach sich Woidke gegen Grenzschließungen in der Region aus. "Wir sind ein gemeinsame Gesundheitsregion", sagte Woidke. "Wer die Grenzen dicht machen will, vergisst, dass Berlin ein außerordentliches Gesundheitswesen hat, das viele Brandenburger in den letzten Jahren nutzen konnten, und dass täglich Zehntausende Pendler zwischen beiden Ländern unterwegs sind."

Mit Entschlossenheit, Besonnenheit, Menschlichkeit und Solidarität werde man gemeinsam den Pause-Knopf wieder auf Start umstellen können. "Diese Krise hat leider erst begonnen. Ich bitte Sie, so besonnen und ruhig wie bisher Ihre Verantwortung wahrzunehmen - eben echt brandenburgisch", sagte der Ministerpräsident.

Entegegenkommen und Kritik aus der Opposition

Bei der Sitzung im Landtag verlangte AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz zunächst Gesundheitskontrollen bei Einreisenden an den Flughäfen und an der Grenze zu Polen. Die AfD werde aber in der jetzigen Situation die Parteipolitik zurückstellen und konstruktiv mitarbeiten, sagte Kalbitz.

Kritik an den Maßnahmen der Landesregierung gab es hingegen vom Vorsitzenden der Linksfraktion, Sebastian Walter: "Die Krise zeigt uns: Nicht die, die am meisten verdienen, stützen unsere Gesellschaft." Gerade Menschen im Niedriglohnsektor, wie Angestellte im Supermarkt oder in Pflegeheimen, setzten sich Tag für Tag Risiken aus. "Dank allein reicht nicht aus." Politiker müssten für die gesundheitliche sowie soziale und finanzielle Sicherheit dieser Menschen sorgen, sagte Walter.

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1. April 2020

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Die Beiträge aus der Landtagssitzung und die Regierungserklärung noch einmal zum Nachschauen.

Linke: Mehr Geld für systemrelevante Kräfte

SPD, CDU und Grüne würden sich zu wenig um soziale Aspekte kümmern, kritisierte Walter. Unternehmen würden unterstützt, Arbeitnehmer vor allem im Niedriglohnsektor aber nicht. Walter forderte deswegen für systemrelevante Kräfte aus dem Niedriglohnsektor weitere 500 Euro steuerfrei auf den Lohn und eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent.

Bestürzt über die Kritik der Linken zeigte sich der Fraktionschef der CDU im Landtag, Jan Redmann: "Die Linke hat sich während ihrer Regierungsbeteiligung einen guten Ruf in Brandenburg erworben." Sebastian Walter habe allerdings mit dieser Tradition mit seiner Rede gebrochen. Walter versuche, die Menschen im Land auseinanderzutreiben, so Redmann. "Das ist unverantwortlich und infam."

Hinweis: In einer früheren Version fehlte der Hinweis, dass sich Linke und BVB/Freie Wähler beim Nachtragshaushalt enthalten haben. 

Sendung: Brandenburg aktuell, 01.04.2020, 19:30 Uhr

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