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Video: Abendschau | 23.05.2020| Tobias Schmutzler | Quelle: dpa/Carsten Koall

Proteste und Gegenproteste in Berlin

Demonstrations-Marathon endet vergleichsweise friedlich

Fast 40 Demos waren in Berlin für Samstag angemeldet - viele von ihnen für oder gegen die Anti-Corona-Maßnahmen. Eine Kundgebung musste vorzeitig beendet werden. Ansonsten blieb es - auch bei einer Demo im Regierungsviertel - vergleichsweise ruhig.  

An verschiedenen Orten in Berlin haben Menschen am Samstag wieder gegen die coronabedingten Einschränkungen demonstriert. Es gab auch erneut Gegenprotest sowie eine Kundgebung gegen Rechts und einen Aktionstag von Radfahrern. Zu insgesamt fast 40 Kundgebungen und Demonstrationen hatten verschiedene Bündnisse, Einzelpersonen und Parteien aufgerufen.

1.100 Polizisten waren rund um die Proteste im Einsatz. Größere Zwischenfälle wurden bis zum Abend nicht bekannt. Viele Versammlungen seinen friedlich und im Einklang mit der Covid-19-Verordnung verlaufen, teilte die Polizei auf Twitter mit. Bei größereren, zum Teil nicht genehmigten Veranstaltungen habe es Strafanzeigen gegeben und rund 180 "Freiheitsbeschränkungen", also vorübergehende Festnahmen.

Fernsehkoch Hildmann bei Kundgebung vor Reichstag festgenommen

Am späten Nachmittag versammelten sich am Reichstagsgebäude zahlreiche Menschen, um gegen die Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie zu protestieren. Aufgerufen zu dem Protest hatte der als Vegan-Koch bekannt gewordene Attila Hildmann. Hildmann fiel zuletzt durch die Verbreitung von Verschwörungsmythen rund um das Corona-Virus auf.

Rund 200 Menschen um den Fernsehkoch protestierten auf der Wiese neben dem Kanzeramt gegen die Maßnahmen der Regierung in der Corona-Krise. Hildmann wurde vorübergehend festgenommen, ihm würden Verstöße gegen das Versammlungs- und das Infektionsschutzgesetz vorgeworfen, sagte eine Polizeisprecherin. Eine Strafanzeige werde gefertigt. Hildmann kritisierte seine Festnahme bei der Versammlung scharf.

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Anzeigen wegen Volksverhetzung

Zuvor hatten sich zahlreiche Demonstranten beim Reichstag versammelt, die Beobachter der Reichsbürger-Szene zuordneten. Nach Polizeiangaben versammelten sich dort auch Schaulustige, die die Redebeiträge verfolgten. Anschließend habe die Polizei Anzeigenvon Passanten gegen den Redner der Versammlung wegen Beleidigung und Volksverhetzung aufgenommen, teilte die Polizei über Twitter mit.  Nach Lautsprecherdurchsagen der Polizei habe sich der Platz wieder geleert.  

Der Platz der Republik vor dem Reichstag war in den vergangenen Wochen ein Hotspot für Demonstranten. Die Kundgebungen waren teils von Reichsbürgern angemeldet worden. Vergangenen Samstag hatte die Polizei die Wiese geräumt, weil sich mehrere hundert Teilnehmer dort versammelt hatten. Aufgrund der Hygiene-Regeln sind momentan nur Demonstrationen mit maximal 50 Teilnehmern erlaubt.

Fahrrad-Demo trifft auf Gegner der Corona-Beschränkungen

An der Straße Unter den Linden war am Nachmittag eine Fahrrad-Demonstration auf eine dort angemeldete Demonstration von Gegnern der Anti-Corona-Maßnahmen. Beide Gruppen hätten ihre Parolen skandiert, teilte die Polizei dem rbb mit. Es habe sich eine spontane Ansammlung von mehr als 200 Personen gebildet, sagte ein Sprecher dem rbb: "Wir konnten beide Gruppen trennen, sie sind in verschiedene Richtungen abgezogen."

Quelle: rbb/Oliver Soos

Demo an der Siegessäule beendet

Gegen Mittag wurde eine Versammlung wegen mangelnder Abstände beendet: Am Großen Stern im Tiergarten hatten sich nach einem Facebook-Aufruf einer Gruppe "Gelbe Westen" rund 100 Menschen zu einer Kundgebung unter dem Motto "Heimat und Frieden" versammelt, wie die Polizei auf Anfrage von rbb|24 bestätigte. Die Anwesenden hätten sich nicht an die Anweisungen des Veranstalters gehalten und nicht die vorgeschriebenen Abstände eingehalten. Daraufhin habe der Veranstalter selbst die Kundgebung beendet.

Quelle: dpa/Carsten Koall

Die Polizei sprach im Anschluss noch anwesende Personen an und forderte sie auf, den Platz zu verlassen. Etwa 60 Personen wurden vorübergehend festgehalten, so die Polizei, weil sie sich den Aufforderungen widersetzt hätten. Die Polizei hat das Areal mittlerweile abgesperrt, um eine neue Versammlung zu verhindern.  

Auf der Veranstaltung waren mehrere schwarz-weiß-rote Fahnen zu sehen, den Farben des Deutschen Reiches, sowie Wirmer-Flaggen. Diese zeigt ein schwarz-goldenes Kreuz auf rotem Grund nach skandinavischem Vorbild. In den vergangenen Jahren wurde sie insbesondere von Reichsbürgern und Anhängern der Pegida-Bewegung verwendet. Unter einigen Rechtsextremen gilt die Wirmer-Fahne als mögliche Flagge für ein angestrebtes "Viertes Reich".

Wie die Polizei am Abend mitteilte, hatte sich am Alexanderplatz und a Rosa-Luxemburg-Platz teilweise Absperrungen errichtet, um die Teilnehmerzahlen begrenzen zu können. Einige Versammlungen hätten nicht die angemeldeten Teilnehmerzahlen erreicht, andere seien gar nicht erst durchgeführt worden.

Am Rosa-Luxemburg-Platz blieb es nach Beobachtung von rbb-Reportern weitgehend ruhig. Dort sollten am Samstag sechs verschiedene Kundgebungen stattfinden, die sich alle gegen die sogenannten "Hygiene-Demos" richten. Vom Gebäude der Volksbühne hingen Transparente mit der Aufschrift "Kein Platz für Antisemitismus" und "Kein Platz für Verschwörungsideologien".

Vor der Volksbühne hatten seit Ende April die sogenannten "Hygiene-Demos" stattgefunden. Das Berliner "Bündnis gegen Rechts" verwies darauf, dass sich unter den Teilnehmern der Demonstration viele Anhänger von Verschwörungsmythen, Akteure der Neuen Rechten und verurteilte Holocaustleugner [tagesschau.de] befänden.

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Am Alexanderplatz blieb es ruhig

Auch rund um den Alexanderplatz in Berlin-Mitte blieb es weitgehend ruhig, obwohl auch hier einige Demonstrationen angemeldet waren, die sich teilweise gegen die Hygiene-Regeln zur Eindämmung der Corona-Epidemie wendeten. Der Platz war mit Absperrgittern eingezäunt, aber zugänglich. Es versammelten sich nur wenige Menschen- viele kamen auch eher zum Einkaufen auf den Platz.

Außerdem waren über den Tag verteilt mehrere Demos mit Titeln wie "Solidarität mit Arbeitern in der Pflege und der Landwirtschaft" oder "Schießt die Nazis auf den Mond, das ist Raumfahrt, die sich lohnt" angekündigt. Die Linke protestierte in der Kleinen Alexanderstraße unter dem Motto "Für Demokratie und Solidarität - Gesellschaft ohne Nazis".

Auf dem Alexanderplatz hatten sich vor zwei Wochen mehr als 1.000 Menschen versammelt, darunter auch gewaltbereite Hooligans. Um das zu verhindern, hatte die Polizei vergangene Woche viele von ihnen persönlich angesprochen und gewarnt, wie ein Sprecher sagte.

Nicht genehmigt wurde an der Straße des 17. Juni eine Demonstration mit dem Titel "Für die Versammlungsfreiheit", der "Kommunikationsstelle demokratischer Widerstand", da diese als Aufzug geplant ist und eine Teilnehmerzahl von 5.000 angekündigt war.

Sendung: Abendschau, 23.05.2020, 19:30 Uhr

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