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Audio: Inforadio | 30.09.2020 | Wolfgang Albers im Interveiw | Quelle: imago images/Paul Christian Gordon

Kritik an Senatsbeschlüssen

Maskenpflicht in Bürogebäuden stößt auf breite Ablehnung

Ab Samstag muss in Berliner Büro- und Verwaltungsgebäuden ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, so hat es der Senat beschlossen. Deutliche Kritik daran kommt von der Opposition, der Wirtschaft - und auch aus den eigenen Reihen.

An der Entscheidung des Berliner Senats, auch in Büro- und Verwaltungsgebäuden eine Maskenpflicht einzuführen, gibt es massive Kritik, auch aus den eigenen Reihen. Die Berliner Landesregierung hatte am Dienstag beschlossen, mit Wirkung vom Samstag (3. Oktober) eine solche Regelung einzuführen. Am Schreibtisch selbst muss demnach allerdings kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Zudem wurden neue Obergrenzen für private Feiern verabschiedet.

Der Gesundheitsexperte der Berliner Linksfraktion, Wolfgang Albers, warnte mit Blick auf diesen neuen Corona-Beschluss vor Panikmache. Albers sagte am Mittwoch im Inforadio vom rbb, zum Teil sei das Handeln von Emotionen getrieben: "Die Linke trägt die neuen Berliner Beschlüsse zwar mit. Aber die Politik kann nicht so einfach in private Haushalte hineindirigieren. Stattdessen sollte sich die Politik endlich Gedanken darüber machen, was sie in der Vergangenheit zu tun unterlassen hat. Vieles, was jetzt notwendigerweise geregelt wird, ist in der Vergangenheit versäumt worden. Die Gesundheitsämter sind zum Beispiel vernachlässigt worden."

Der Linken-Gesundheitsexperte erklärte zudem, Corona-Beschränkungen müssten gut erklärt werden, um die Menschen mitzunehmen. Deshalb sei Sachlichkeit wichtig. "Es muss zwischen Infektionsgeschehen und Krankheitsgeschehen unterschieden werden. In den vergangenen sieben Tagen hat es knapp 1.110 Neuinfektionen in Berlin gegeben. Davon mussten nur 31 in Krankenhäusern behandelt werden. Wir müssen diese Zahlen zwar ernst nehmen, aber das darf nicht zu Panik führen."

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Kritik an der Senatspolitik kommt auch erwartungsgemäß von der Opposition. CDU-Fraktionschef Burkhard Dregger sagte am Mittwoch, der Senat sei schnell mit Verboten, aber nicht konsequent in der Umsetzung. Bestehende Regeln müssten zunächst durch stärkere Kontrollen in den besonders betroffenen Innenstadtbezirken durchgesetzt werden. Die Maskenpflicht in Büros hält Dregger prinzipiell für vernünftig: "Wir sehen das nicht kritisch", sagte er. "Es ist eine vertretbare Beeinträchtighung. Und wenn sie dabei hilft, das Infektionsgeschehenunter Kontrolle zu halten, dann ist das allemal besser als andere, viel einschneidendere Maßnahmen."

Von FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja hieß es am Mittwoch, "die erneuten Eingriffe in die Grundrechte der Menschen in unserer Stadt sind nur noch schwer zu vermitteln, weil eine klare Linie fehlt." Czaja sagte, statt blindem Aktionismus seien Augenmaß und pragmatische Lösungen das Gebot der Stunde. "Während der Senat daran scheitert, die Corona-Partys in Parks und Waldstücken unter Kontrolle zu bekommen, soll es jetzt eine Maskenpflicht in Bürogebäuden richten." Die Datengrundlage dafür sei nicht klar. "Die Einschränkungen treffen nicht die vernunftlosen Regelbrecher, sondern vor allem die Beschäftigten, die wirtschaftlich Tätigen und damit genau die Vernünftigen, die sich auch bisher schon an alle Regeln gehalten haben", kritisierte der FDP-Fraktionschef. Seine Fraktion behalte sich vor, die Verfassungs- und Rechtmäßigkeit der Verordnung prüfen zu lassen.

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Wirtschaftsvertreter sehen kein erhöhtes Risiko am Arbeitsplatz

Auch von Seiten der Wirtschaft gibt es deutliche Kritik am Beschluss des Berliner Senats, eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz einzuführen. "Wir wissen von einer Reihe von Unternehmen, die die Maskenpflicht im Büro schon längst eingeführt haben", sagte Christoph Irrgang, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin am Mittwoch.

Jedes Unternehmen habe großes Interesse daran, die Ansteckungsrisiken gering zu halten. "Das ändert jedoch nichts daran, dass es für eine Eindämmung des Infektionsgeschehens sicher hilfreicher wäre, wenn die Einhaltung bereits bestehender Regeln konsequenter kontrolliert würde, anstatt neue Vorgaben einzuführen." Es sei hinreichend bekannt, dass die größten Ansteckungsgefahren von privaten Partys mit hunderten Teilnehmern ausgingen. "Hier einzuschreiten, sollte oberste Priorität für die Behörden haben."

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer bei der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), wies darauf hin, dass sich die Unternehmen frühzeitig um ausgefeilte Hygienekonzepte an den Arbeitsplätzen gekümmert hätten. Die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice werde außerdem intensiv genutzt. "Auch deshalb ist die Ansteckungsgefahr an den allermeisten Arbeitsplätzen nach allem, was wir wissen, gering." Amsinck forderte vom Senat, wissenschaftliche Grundlagen für diese Entscheidung offenzulegen.

Kalayci verteidigt Beschlüsse

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hält die Beschlüsse dagegen für genau richtig - und stellte in Aussicht, dass es weitere Verschärfungen geben könnte: "Unser Berliner Ampelsystem zeigt eindeutig in Richtung Handlungsbedarf. Gut, dass die Beschränkungen für private Feiern beschlossen wurden." Es müsse verhindert werden, dass das Infektionsgeschehen aus dem Ruder laufe.

Sendung: Abendschau, 30.09.2020, 19:30 Uhr

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