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Inforadio | 19.11.2020 | Interview mit Andreas Geisel | Quelle: dpa/F. Kern

"Neue Form der Radikalisierung"

Geisel rechtfertigt Polizeieinsatz bei Protestdemo in Berlin

Einen Tag nach dem eskalierten Protest gegen die Corona-Maßnahmen im Berliner Regierungsviertel hat Innensenator Geisel den Einsatz der Polizei gerechtfertigt. Es seien "harte Rechte" dabei gewesen, die die demokratische Grundordnung angreifen wollten.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat den Polizeieinsatz bei den Protesten gegen die Corona-Politik der Bundesregierung verteidigt. Im rbb sprach er am Donnerstagmorgen von einem "professionellen Einsatz der Polizei".

Er bedauere den Einsatz, aber er sei notwendig gewesen, sagte Geisel im Inforadio. Es sei sehr viel Aggression unter den Demonstranten gewesen, die zu mindestens 90 Prozent nicht aus Berlin stammten. "Bei aller berechtigten Kritik gibt es keine Freiheit dafür, die Gesundheit anderer Menschen zu gefährden", so Geisel.

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"Sie instrumentalisieren die Sorgen der Menschen"

Geisel sprach von einer neuen Form der Radikalisierung. Der Rechtsstaat müsse hier wehrhaft sein und das sei er gewesen. Zwar sei eine Auseinandersetzung mit den Corona-Regeln in einer Demokratie ganz normal, aber es seien "harte Rechte dabei gewesen, die die freiheitlich demokratische Grundordnung angreifen." Diese hätten ganz andere Ziele als gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, erklärte Geisel. "Sie instrumentalisieren die Sorgen der Menschen."

Dass die AfD tatsächlich bewusst Demonstranten in den Bundestag geschleust hat, dafür gebe es noch keine Beweise, so Geisel weiter. "Die Indizien sprechen aber eine ganz klare Sprache."

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Wasserwerfereinsatz und 365 Festnahmen

Bei den Protesten sind 365 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Als Grund nannte die Polizei Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz. Auch Geisel betonte, dass "die Infektionsschutzregeln ganz bewusst nicht eingehalten wurden".

Gegen 12 Uhr am Mittwoch hatte die Berliner Polizei den Protestzug für beendet erklärt und die Teilnehmenden aufgefordert, den Versammlungsort zu verlassen. Es kamen auch Wasserwerfer zum Einsatz, weil die Menschen nach dem erklärten Ende nicht weichen wollten. Geisel betonte, dass er das habe vermeiden wollen. "Der Polizei blieb aber keine andere Wahl", sagt er. Allerdings richteten die Beamten den Wasserstrahl nicht direkt auf die Menschen, weil sich auch Kinder und Senioren in der Menge befanden, hieß es zur Begründung.

Geisel lehnt Demoverbot ab

Einem generellen Demonstrationsverbot erteilte Geisel aber eine Absage. Es wäre zwar sicherlich eine geeignete Maßnahme, allerdings sei es ein Zeichen der Demokratie, Meinungsaustausch und Dialog zuzulassen. "Demokratie lebt von ihrer Vielfalt und von Meinungsstreit." Das zu beschränken wäre ein Zeichen, mit dem die Kritiker der Demokratie noch bestärkt würden. Ob man das durchhalten könne, würde das Infektionsgeschehen zeigen.

Sendung: Inforadio, 19.11.2020, 7 Uhr

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