Proteste in Berliner Regierungsviertel - Demonstranten bedrängen Abgeordnete im Bundestag

Am Rande der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen tauchen im Bundestag unbekannte Menschen auf, die versucht haben sollen, in Abgeordneten-Büros zu kommen und Politiker bedrängten. Offenbar gelangten sie mit Hilfe eines AfD-Abgeordneten ins Gebäude.
Am Tag der Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz haben Bundestags-Besucher für Irritationen gesorgt. "In den #Bundestag eingeschleuste Personen haben u.a. versucht in Büros einzelner Abgeordneter einzudringen", twitterte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast am Mittwoch. "Ich bin fassungslos. Freigewählte Abgeordnete an Abstimmungen zu hindern u. zu bedrängen ist das Allerletzte. Das Ziel: Die Demokratie zersetzen."
Gegen die Änderungen am Infektionsschutzgesetz protestierten am Mittwoch im Berliner Regierungsviertel mehrere Tausend Menschen. Die Novelle soll die Corona-Maßnahmen auf eine klarere rechtliche Grundlage stellen. Kritiker bemängeln zu weitreichende Eingriffe in die Grundrechte.
Konfrontation mit Altmaier
Wie der "Tagesspiegel" berichtet, sollen die Menschen über den AfD-Abgeordneten Udo Hemmelgarn in den Bundestag gelangt sein. Bei den Personen soll es sich um einen rechten Medienaktivisten aus Dresden handeln, außerdem sollen der AfD-Youtuber Stefan Bauer, der AfD-nahe, verschwörungsideologische Publizist Thorsten Schulte und die rechte Aktivistin Rebecca Sommer dabei gewesen sein.
Auf einem von mehreren auf Twitter verbreiteten Videos ist etwa eine Frau - laut "Tagesspiegel" war es Sommer - zu sehen, die Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf einem Flur des Bundestags vor einem Fahrstuhl anspricht und ihn dabei mit einer Handykamera filmt. Die Aufnahme ist nach dpa-Informationen authentisch und dokumentiert eine Szene, die sich am Mittwoch im Bundestag abgespielt hat.
Die Frau redet auf Altmaier ein und sagt dabei unter anderem offenbar über den Minister, er habe kein Gewissen. Auch eine Beleidigung ist zu hören. Altmaier entgegnet, er vertrete seine Wähler. "Sie dürfen gerne demonstrieren, aber ich habe mein freies Gewissen."
Auch FDP-Mann schildert Bedrängung
Der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle sagte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage, er habe die gleiche Frau vor dem Plenarsaal getroffen. Sie habe ihn gefragt, wie er abstimmen wolle. Er habe an dieser Stelle nicht mit einem Treffen gerechnet und sei weitergegangen.
Die Frau habe einen Gästeausweis an der Jacke gehabt, wie ihn Besucher bekämen, die von Fraktionen oder einzelnen Abgeordneten angemeldet worden sein. "Das zeigt symptomatisch, dass unsere Demokratie nur funktioniert, wenn man sich an die Regeln hält", sagte Kuhle, der auf Twitter ebenso davon schrieb, Menschen seien "eingeschleust worden" und hätten Abgeordnete bedrängt.
Besucherregel aus Sicherheitsgründen ausgesetzt
Die normalerweise gültige Regelung, wonach Abgeordnete sechs unangemeldete Besucher mit in den Bundestag nehmen können, wurde für den Mittwoch aus Sicherheitsgründen ausgesetzt. Ein Sprecher des Bundestags erklärte zudem, Besucher müssten weiterhin die Sicherheitsschleuse passieren und ihre Personalien würden auf Auffälligkeiten in Polizeidatenbanken geprüft.
Sendung: Inforadio, 18.11.2020, 15 Uhr