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Quelle: dpa/Soeren Stache

TV-Rechte, Spielergehälter, Eintritte

Wie die Corona-Krise Hertha und Union finanziell belastet

Leere Stadien, unbesetzte Büros: Im Profifußball beherrscht das Coronavirus das Denken und Handeln der Klub-Verantwortlichen. Es geht um sehr viel Geld - auch bei den Berliner Bundesligisten Hertha BSC und 1. FC Union. Von Jakob Rüger

Hertha BSC plante die Spielzeit 2019/20 mit 140 Millionen Euro Umsatz. Eine Menge Geld - und doch hat der Bundesligist für einen Teil seiner Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Der Verein muss wie seine Konkurrenten sparen. Kurzarbeit ist dabei zumindest bei den gut bezahlten Spielern kein Mittel, denn es gibt eine Bemessungsgrenze bei einem monatlichen Bruttogehalt von 6.890 Euro. Die Profis, das Trainerteam und leitende Mitarbeiter verzichtet deshalb zunächst für drei Monate freiwillig auf Teile ihres Gehalts.

"Letztlich wird jeder bei Hertha BSC einen Beitrag leisten, damit wir als Verein und Gemeinschaft geschlossen durch diese Krise kommen", sagte Michael Preetz. Laut dem Hertha-Manager spart der Verein allein mit dem Gehaltsverzicht einen siebenstelligen Betrag. Auch in Berlin-Charlottenburg muss man seit Beginn der Corona-Krise jeden Euro zweimal umdrehen. Vor allem das Gehaltsbudget von rund 64 Millionen Euro belastet den Verein. 

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Union Berlin plante mit Rekordumsatz

"Unser Betrieb ist, Fußball zu organisieren. Wenn kein Fußball gespielt wird, heißt es, dass wir aus dem Regelbetrieb in einen reduzierten Betrieb gehen." Das hat Unions-Präsident Dirk Zingler zu Beginn der Corona-Krise verkündet. Mittlerweile sind die Führungskräfte, Mitarbeiter und Angestellte der Tochtergesellschaft Alte Försterei Veranstaltungs GmbH in Kurzarbeit. Fast alle der rund 200 Angestellten arbeiten von zu Hause.

Die Fußballprofis verzichten wie bei anderen Bundesliga-Vereinen ebenfalls auf einen Teil ihres Gehalts. Es soll sich um 20 bis 30 Prozent handeln. "Solange kein Fußballspiel an der Alten Försterei stattfindet, hat der Verein wenige Einnahmen. Mit Merchandising kommst du in diesen Tagen auch nicht voran", begründete Kapitän Christopher Trimmel die Unterstützung. Der Aufsteiger plante in dieser Saison mit einem Rekordumsatz von über 70 Millionen Euro. Ob diese Zahlen noch erreicht werden können, ist wie beim Stadtrivalen derzeit fraglich.  

Mietminderung für das Olympiastadion

Es wirkt, als wäre es bereits Jahre her, dass Hertha BSC mit finanzkräftigen US-Firmen wie Tesla, Amazon oder Facebook in Verbindung gebracht wurde. Diese Deals platzten angeblich Anfang des Jahres nach dem abrupten Rücktritt von Trainer Jürgen Klinsmann. Bislang halten sich die Verantwortlichen bedeckt, was die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise angeht. Klar ist, ohne die vier ausstehenden Bundesliga-Heimspiele fehlen Ticket- und Hospitality-Einnahmen. Mit der Olympiastadion GmbH wurde eine Mietminderung vereinbart. Der Verein zahlt immerhin 5,2 Millionen Euro jährlich für die Nutzung des Olympiastadions.

Im Verein gibt es einen "Investitions- und Ausgabestopp", berichtete Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller. Teure Neuzugänge im Sommer scheinen erst einmal unwahrscheinlich. Schiller sieht den Verein aber gut aufgestellt. Hertha gehe es "durch den Einstieg des strategischen Partners Tennor im vergangenen Sommer hinsichtlich der Liquidität deutlich besser als bei vielen anderen Vereinen", so der Finanzchef. Das Unternehmen von Geldgeber Lars Windhorst war mit insgesamt 224 Millionen Euro bei Hertha eingestiegen. Ob es allerdings bei den wirtschaftlichen Problemen an den Finanzmärkten neues frisches Geld von Windhorst gibt, wie noch im Februar angedacht, ist derzeit mehr als fraglich.

Union-Hauptsponsor hat sich zu Engagement bekannt

Der 1. FC Union hätte noch fünf Heimspiele vor ausverkauftem Haus absolvieren sollen. Nun drohen - bei einem möglichen Bundesligastart im Mai - Geisterspiele und damit Einnahmeverluste. Auch die vielen Union-Unterstützer aus dem Mittelstand haben derzeit wohl andere Sorgen. Den Köpenickern droht der Verlust von Sponsoreneinnahmen, sollten sich die Folgen des Corona-Shutdowns zu einer Finanzkrise auswachsen. Präsident Dirk Zingler hatte schon zu Beginn der Pandemie betont, dass Union als Bundesliga-Neuling nicht über dieselben Reserven wie manch gestandener Bundesligist verfüge.

Immerhin: Der Hauptsponsor hat sich auch in der Corona-Krise zu seinem Engagement beim Aufsteiger bekannt. "Wir stehen Union zu 100 Prozent und unverändert zur Seite. Wir sind in regelmäßigem Kontakt mit dem Präsidium", teilte Andrew Wallis, Geschäftsführer des Immobilienkonzerns Aroundtown, dem "Tagesspiegel" mit. Der Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Verein geht bis 2022 und soll Union jährlich bis zu 1,5 Millionen Euro einbringen.

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Wie immer sind in einer solchen Krisenzeit die Fans der Eisernen ein großer Trumpf. So wurden Tausende virtuelle Bratwürste online verkauft, was etwas frisches Geld in die Kassen spülte. Fanklubs rufen mittlerweile dazu auf, auf etwaige Regressforderungen gegenüber dem Verein für ausgefallene Spiele zu verzichten. Konkret geht es um Dauerkarten-Besitzer, die höchstwahrscheinlich auf Grund der Geisterspiele nicht ihre vertraglich zugesicherten 17 Liga-Heimspiele besuchen können.

TV-Gelder sind überlebenswichtig

Der TV-Vertrag ist der größte Geldgeber der Fußball-Bundesliga. Allein der 1. FC Union bezieht die Hälfte seiner Einnahmen aus Fernsehrechten (rund 36 Millionen Euro). Der Pay-TV-Sender Sky zeigt mit Abstand die meisten Spiele live und ist der bedeutendste Medienpartner der Bundesliga. Dafür zahlt das Unternehmen, das zum amerikanischen Kabelkonzern Comcast gehört, jedes Jahr fast eine Milliarde Euro an die DFL.

Im Mai wird die letzte Rate für diese Bundesliga-Spielzeit fällig. Die gesamte Liga zittert nun davor, dass diese Zahlung aufgrund der unterbrochenen Bundesligasaison ausbleiben könnte. Hertha BSC würde für die noch zu absolvierenden neun Partien 18 Millionen Euro bekommen, rechnete der Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller vor. Fließt die vierte Tranche aus den TV-Vermarktungsrechten nicht, würden dem 1. FC Union rund neun bis zehn Millionen Euro fehlen.

Zingler: "Nicht in unserer Existenz bedroht"

Ein Drittel der 36 Profiklubs der 1. und 2. Bundesliga soll laut einem Bericht des "Kicker" seine Einnahmen aus der vierten Rate der Fernsehgelder bereits für Verpflichtungen bei Banken und anderen Partnern fest verplant haben. Hertha BSC und der 1. FC Union sollen nicht darunter sein. "Es ist eine schwierige Situation für uns, trotzdem sind wir nicht in unserer Existenz bedroht", versichert Dirk Zingler für den 1. FC Union. "Wir haben jetzt ein Szenario entwickelt bis zum Sommer. Wenn es über den Sommer hinausgeht, werden wir noch einmal überlegen müssen ob diese Maßnahmen ausreichen."

Beiden Berliner Profiklubs drängen darauf, wieder zu spielen, auch ohne Zuschauer. Auf die Ticketeinnahmen kann man notfalls verzichten, ohne die Fernsehgelder würden hingegen riesige Löcher in die Budgets gerissen, die auf lange Sicht existenzbedrohend wären. Wie alle Bundesligavereine haben weder Union noch Hertha entsprechende Rücklagen für einen solchen Krisenfall gebildet.

Beitrag von Jakob Rüger

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