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Audio: Antenne Brandenburg | 29.11.2021 | Sebastian Schiller | Quelle: rbb/Schiller

Grundschule in Cottbus

Wie der Schulalltag mit ausgesetzter Präsenzpflicht funktioniert

Wegen der hohen Corona-Zahlen müssen einige Eltern in Brandenburg ihre Kinder seit Montag nicht mehr zur Schule schicken. Die Präsenzpflicht wurde teilweise aufgehoben. Wie funktioniert das in der Praxis? Sebastian Schiller hat es sich angeschaut.

Es ist ein ganz normaler Montagmorgen in Cottbus: Im Minutentakt halten Autos an der Fröbel-Grundschule, Kinder steigen aus, Eltern bringen den Nachwuchs bis zum Schultor. "Ich finde, dass er hier effektiver lernen kann als zu Hause mit mir vor dem Laptop", sagt eine Mutter. Für eine andere wäre es keine Option, das Kind zu Hause zu lassen: "Aufgrund von Arbeit funktioniert das bei uns gar nicht."

Dass das Brandenburger Bildungsministerium als Reaktion auf die hohen Corona-Zahlen (Inzidenz am Montag: fast 726, in Deutschland 452) die Schulpflicht in einigen Klassenstufen vorübergehend aufgehoben hat, ist zumindest an dieser Cottbuser Grundschule zum Wochenstart kaum zu merken.

Eltern müssen seit Montag ihre Kinder in den Klassen 1 bis 5 nicht mehr ins Schulgebäude schicken. Auch für die Klassen 7 und 8 sowie die Jahrgangsstufen 5 und 6 der Leistungs- und Begabtenklassen und der Förderschulen wurde die Präsenzpflicht aufgehoben.

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Angebot wird bisher kaum genutzt

Von den insgesamt rund 320 Kindern der Fröbel-Grundschule sind nur drei abgemeldet worden, sagt Schulleiterin Andrea Gründer dem rbb. Zwei von ihnen hätten jedoch eine Absage bekommen, weil ihre Kinder Sechstklässler sind - für die eine Präsenzpflicht weiter gilt.

Gründer hatte auf so eine niedrige Zahl gehofft, denn es gebe noch immer viel Stoff nachzuholen. "Die Mehrheit der Kollegen möchte ihre Kinder vor Ort haben. Nun spielt es eine Rolle, wer [von den Lehrerinnen und Lehrern, d. Red.] geimpft ist oder nicht, wo die Ansteckungsgefahr groß ist."

Die Bedingungen bei der "Flex" - also der ersten Grundschulphase, in der Kinder je nach Leistungsentwicklung ein bis drei Jahre bleiben - seien optimal. "Dort gibt es größtenteils eine Teilung. Ansonsten sind die Klassenräume brechend voll", sagt die Schulleiterin.

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Wer in die Schule kommt, muss drei Mal pro Woche einen Corona-Test machen, das gilt auch für die Lehrkräfte [mbjs.brandenburg.de]. Die Cottbuser Fröbel-Grundschule geht noch einen Schritt weiter. Dort werden die Lehrerinnen und Lehrer täglich getestet.

Eltern müssen Schule Bescheid geben

Wer sein Kind zu Hause lassen will, muss die Schulleitung vorher informieren. Diese Entscheidung gilt dann jeweils für eine Woche und als entschuldigtes Fehlen.

"Die Schulen sollen ihre Kinder am Anfang der Woche mit Lernaufgaben versorgen", hieß es in der Bekanntmachung des Bildungsministeriums [mbjs.brandenburg.de]. Ein Anspruch auf Distanzunterricht - also Lernangebote zum Beispiel per Video - bestehe nicht. In der Cottbuser Fröbel-Grundschule werden allerdings ein bis zwei Videoschalten pro Woche angeboten, "mehr ist gar nicht möglich", sagt Schulleiterin Gründer, weil der Großteil der Schüler weiterhin in die Klassen kommt.

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Und das nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen. Das zeigt die stichprobenartige Umfrage in der Cottbuser Schule. Für den siebenjährigen Carlo sei Unterricht im Klassenraum besser, "weil wir da wissen, was wir machen sollen, weil die Lehrer es uns sagen. Da braucht man nicht stundenlang grübeln." Auch Leon gehe lieber zur Schule, weil man da besser lernen könne, sagt er.

Ähnlich reagieren Schülerinnen und Schüler der fünften Klasse. "Ich hätte es schade gefunden, wenn ich zu Hause bleiben müsste", sagt Yasin. Seine Mitschülerin Charlotte sehe das genauso. Außerdem habe ihre Mama sie bewusst in die Schule geschickt, "weil sie sagt, dass das wichtig ist für später und auch so, weil es zu Hause langweilig ist und man braucht auch mehr Zeit für die Aufgaben. Und man kann sich schlechter motivieren, das zu machen."

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Kritik von Elternrat und Personalrat der Lehrkräfte

Der Landeselternrat hält es für falsch, die Präsenzpflicht teilweise zu lockern, weil den Eltern die Verantwortung übertragen werde und damit auch kaum ein planbarer Unterricht möglich sei. Er kritisiert auch, dass die Schülerinnen und Schüler keinen Anspruch auf Lernangebote zum Beispiel per Video haben.

"Das ist ein Armutszeugnis, dass Brandenburger Schulen das immer noch nicht können", sagte der Vorsitzende René Mertens. Dafür fehle nach seiner Einschätzung vielerorts die notwendige Technik wie digitale Tafeln. "Gerade im Grundschulbereich sind sie auf so etwas nicht vorbereitet." In einer ähnlichen Situation seien die Schulen schon vor einem Jahr gewesen.

Kritik an der Maßnahme kommt auch vom Hauptpersonalrat der Brandenburger Lehrkräfte, Frank Kramer. Er hätte sich stattdessen kleinere Klassen und häufigere Tests in den Schulen gewünscht. Ein täglicher Corona-Test würde für mehr Sicherheit sorgen, sagte er am Montag dem rbb. Bisher sollen sich Schüler und Lehrer dreimal wöchentlich testen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 29.11.2021, 14:10 Uhr

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