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Video: rbb|24 | 16.05.2020 | Material: Abendschau, TeleNewsNetwork, Olaf Sundermeyer | Quelle: dpa/Jörg Carstensen

Corona-Proteste in Berlin und Brandenburg

Polizei löst Demo auf Reichstagswiese auf

In Berlin und Brandenburg hat es am Samstag erneut Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung gegeben. Die Polizei löste eine Demonstration vor dem Reichstagsgebäude auf und nahm zahlreiche Protestierende in Gewahrsam.

Die Berliner Polizei hat am Samstag eine Demonstration mit mehreren hundert Teilnehmern gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung vor dem Reichstagsgebäude aufgelöst. Die Menschen hätten die Reichstagswiese "überwiegend friedlich" verlassen, twitterte die Polizei. Es gab jedoch 200 vorläufige Festnahmen und Identitätfeststellungen. In einigen Fällen wehrten sich die Festgenommenen heftig und es kam zu Rangeleien mit der Polizei. Zwei Beamte wurden im Laufe des Tages bei derartigen Vorfällen leicht verletzt.

Zu der Kundgebung hatte der Fernsehkoch Attila Hildmann aufgerufen. Die Polizei sperrte dafür einen Bereich ab und wies darauf hin, dass nicht mehr als 50 Teilnehmer erlaubt seien. Als diese Zahl überschritten wurde, räumte die Polizei das Gelände. Auch Komiker Oliver Pocher zeigte sich am Nachmittag am Reichstag - vor laufenden Kameras diskutierte er mit Hildmann, der als einer der bekanntesten Verschwörungstheoretiker gilt. Anschließend wurde Pocher von der Polizei vom Gelände geleitet - "zu seinem eigenen Schutz", wie es hieß.

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Demos gegen Corona-Maßnahmen

Wie die AfD den Protest organisiert

    

Deutlich weniger Zulauf bei den Demos

Angesichts mehrerer angekündigter Demonstrationen gegen die Corona-Verordnungen in Berlin-Mitte hatte die Polizei 1.000 zusätzliche Beamte eingesetzt. Diese Zahl nannte ein Sprecher am Samstagmittag. Obwohl größere Kundgebungen nicht erlaubt sind, gab es im Internet Aufrufe zu Versammlungen - etwa vor der Volksbühne und auf dem Alexanderplatz. Auch dort wurden die Demonstrierenden am Nachmittag von der Polizei aufgefordert, den Ort zu verlassen.

Um zu verhindern, dass erneut gewalttätige Fußball-Hooligans an Kundgebungen teilnehmen, hatte die Polizei viele von ihnen persönlich angesprochen und gewarnt, wie ein Sprecher sagte. Einen Demonstrationszug, der als Spaziergang angekündigt war, unterbanden die Beamten, indem sie das Brandenburger Tor absperrten. Insgesamt hatten die Demonstrationen deutlich weniger Zulauf als noch in den vorherigen Wochen.

Zu Protesten aufgerufen hatten auch linke Gruppen, die gegen Verschwörungstheorien und für die Rechte von Flüchtlingen auf die Straße gingen.

Andreas Kalbitz auf Corona-Demo in Prenzlau

Auch in Prenzlau fand am Samstag eine Demo gegen die Corona-Maßnahmen statt. Auf der Kundgebung sprach der mittlerweile von seiner Partei ausgeschlossene AfD-Landes- und Fraktionschef Andreas Kalbitz. Kalbitz betonte bei der Kundgebung, dass es in Ordnung sei, gegen die Corona-Maßnahmen zu sein - wie auch "weiß und deutsch" zu sein. 50 Teilnehmer befanden sich innerhalb der für den Protest errichteten Absperrung und über 100 weitere Teilnehmer davor. Unter ihnen befanden sich auch Rechtsextreme. 

Die Ankündigung des Protests sorgte für die Anmeldung gleich mehrerer Gegendemos und Versammlungen in der Innenstadt. Bei zwei Gegendemos in unmittelbarer Nähe nahmen je 50 Personen teil. Dort sprach unter anderem der Fraktionvorsitzende der Linke im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter.

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Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag aus Fürstenwalde ab

Zwei Demos in Jüterbog und Luckenwalde "für Grundrechte" mit 50 beziehungsweise 150 Teilnehmern wurden von polizeibekannten Neonazis organisiert. In Fürstenwalde (Oder-Spree) und Potsdam gab es Protest- und Gegenprotest-Veranstaltungen.

In Brandenburg dürfen derzeit höchstens 50 Personen an Demonstrationen teilnehmen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte am frühen Nachmittag den Eilantrag eines Mannes aus Fürstenwalde (Oder-Spree) gegen diese Auflage ab. Der Künstler hatte eine Protestveranstaltung mit 975 Personen gegen seiner Meinung nach "überzogene Corona-Maßnahmen" angemeldet. Dabei sollte auf der Festwiese von Fürstenwalde ein Sicherheitsabstand von zwei Metern zwischen den Teilnehmern gewahrt bleiben. Personenanzahl und Sicherheitsabstand wurden über ein Computerprogramm berechnet.

In zwei Instanzen hatten brandenburgische Verwaltungsrichter dennoch eine hohe Infektionsgefahr mit dem Coronavirus als gegeben gesehen. Dieser Argumentation haben sich die Karlsruher Richter in diesem konkreten Fall nun angeschlossen. Der Veranstalter hatte vor Gericht auch damit argumentiert, dass in anderen Bundesländern, wie Sachsen und Thüringen, keine personellen Beschränkungen für Demonstrationen bestehen. Nach Informationen des rbb waren am frühen Nachmittag etwa 60 Personen dem Demonstrationsaufruf gefolgt.

Höchstens 50 Teilnehmer erlaubt

Derzeit sind nur Kundgebungen mit höchstens 50 Teilnehmern und Mindestabständen zwischen den Menschen erlaubt. Alle größeren Veranstaltungen sind verboten. Die Polizei hatte daher an den vergangenen Wochenenden viele Demonstrationen aufgelöst.

Mehrfach scheiterte sie dabei allerdings auch wegen der vielen versammelten Menschen, die zum Teil sehr aggressiv waren - so etwa am vergangenen Samstag auf dem Alexanderplatz. Inzwischen hat die Polizei angekündigt, das Vorgehen ändern zu wollen.

Umfrage: deutliche Mehrheit der Deutschen sieht Corona-Demos kritisch

Laut dem ZDF-Politbarometer [zdf.de] stoßen die Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen bei der Bevölkerung überwiegend auf Unverständnis. 81 Prozent der Befragten lehnten die Demonstrationen demnach ab. Lediglich 16 Prozent sind dafür. Mehrheitlich unterstützt wird der Protest nur von von AfD-Anhängern mit 61 Prozent. Zwei Drittel der Befragten finden die geltenden Maßnahmen richtig. Als übertrieben empfinden die Maßnahmen ausschließlich die Anhänger der AfD.

Sendung: Inforadio, 16.5.2020, 10:25 Uhr

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