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Video: rbb|24 | 14.10.2020 | Material: Bundesregierung | Quelle: dpa/Christian Charisius

Corona-Gipfel von Bund und Ländern

Strengere Maskenpflicht, neue Kontaktbeschränkungen, Begrenzung von privaten Feiern

Bund und Länder haben am Mittwoch nach langen Beratungen schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angekündigt. Nicht in allen Punkten gab es Einigkeit. Derweil werden soviele Neuinfektionen wie noch nie gemeldet.

Bund und Länder haben angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen schärfere Maßnahmen in der Bekämpfung der Pandemie beschlossen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich am Mittwoch in langen Verhandlungen auf einheitliche Regeln für Städte und Regionen mit hohen Infektionszahlen. Dazu gehören eine Ausweitung der Maskenpflicht, eine Begrenzung der Gästezahl bei privaten Feiern, strengere Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum sowie eine Sperrstunde für die Gastronomie.

Eine Einigung beim umstrittenen Beherbergungsverbot gab es nicht. Die unterschiedlichen Regelungen werden deshalb auch während der Herbstferien weiterhin bestehen.

Die von den Regierungschefs und -chefinnen beschlossenen Regeln gelten nicht automatisch, sondern müssen von jedem Bundesland in entsprechenden Verordnungen festgelegt werden. Der Berliner Senat will am Donnerstagvormittag über die Beschlüsse beraten.

Limitierung bei Zusammenkünften im öffentlichen Raum

Einigen konnten sich Bund und Länder bei neuen Kontaktbeschränkungen in Corona-Hotspots mit mehr als 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Dort dürfen sich bundesweit nur noch maximal zehn Personen im öffentlichen Raum treffen.

Sollten die neuen Maßnahmen den Anstieg nicht zum Stillstand bringen, sollen die Zusammenkünfte sogar auf bis zu fünf Personen oder die Angehörigen aus zwei Haushalten begrenzt werden.

Für Berlin galt bisher: Zusammenkünfte im öffentlichen Raum waren tagsüber mit unbegrenzter Personenanzahl möglich - zwischen 23 und 6 Uhr dagegen nur mit fünf Personen.

Regionen in Brandenburg sind von der Neuregelung zunächst nicht betroffen, da die 7-Tage-Inzidenzwerte bislang nirgendwo über 50 liegen.

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Begrenzung privater Feiern, Sperrstunde für die Gastronomie

Darüber hinaus wollen Bund und Länder, dass private Feiern in Hotspots in zwei Stufen begrenzt werden. Ab einem 7-Tage-Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner dürfen Feiern künftig mit maximal 25 Teilnehmern im öffentlichen und 15 im privaten Raum stattfinden.

Wird die Schwelle von 50 Neuinfektionen überschritten, sollen höchstens noch zehn Personen an Feiern im öffentlichen Raum teilnehmen dürfen. Im privaten Raum wird die Teilnehmerzahl dann ebenfalls auf zehn Menschen aus höchstens zwei Haushalten begrenzt.

Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt am späten Abend, während einer Pandemie zu feiern, könne unumkehrbare Konsequenzen nach sich ziehen. "Irgendwann geht man aus dieser Feier wieder raus." Jeder müsse sich bewusst sein, dass man eine dort erworbene Infektion anschließend weitertragen könne.

Ebenso soll ab 50 Neuinfektionen künftig eine generelle Sperrstunde ab 23 Uhr in der Gastronomie gelten. In Berlin greift bereits sowohl eine Sperrstunde als auch eine Regelung zur Begrenzung von privaten Feiern.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: "Eine Stunde weniger Alkohol kann ja nicht wichtiger sein als eine Triage-Situation an den Krankenhäusern." Müller mahnte, dass man sehen müsse, inwiefern die Sperrstunde ab 23 Uhr sich positiv auf das Infektionsgeschehen auswirke. Sie könne auch auf 22 Uhr oder noch früher vorgezogen werden.

Strengere Maskenpflicht

Bereits ab einem Wert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern gilt in betroffenen Regionen künftig zudem eine erweiterte Maskenpflicht - überall dort, wo Menschen dichter beziehungsweise länger zusammenkommen. Was das genau bedeutet, ist bislang unklar.

In Berlin würde diese Regelung aktuell greifen. Am Mittwoch lag dort der 7-Tage-Inzidenzwert berlinweit bei 76,3. Von den Bezirken liegen lediglich Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick unter 35; die letztgenannten jedoch nur knapp. In Brandenburg wären aktuell Cottbus (44) und der Landkreis Oder-Spree (43,1) betroffen.

Flickenteppich beim Beherbergungsverbot bleibt vorerst bestehen

Eine einheitliche Lösung beim Beherbergungsverbot konnten Bund und Länder dabei nicht finden. Dies sei "ein Teil des Beschlusses, der mich noch nicht ganz zufrieden stellt", sagte Bundeskanzlerin Merkel nach den Verhandlungen. An die Bürger ergehe aber der "dringende Aufruf", von "nicht notwendigen Reisen abzusehen". Bis zum 8. November soll das umstrittene Berherbergungsverbot nun auf seine Wirksamkeit überprüft werden. Dann werde man, so Merkel, erneut beraten.

Brandenburg machte sich demnach neben Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt für ein einheitliche Regelung des Verbots stark - die Mehrheit der Länder, darunter Berlin, lehnte es dagegen ab. Müller hatte Beherbergungsverbote kürzlich offen kritisiert.

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"Entscheidende und kritische Phase"

Die Bundeskanzlerin sagte, sie hoffe, die Pandemie sei eine Herausforderung, wie sie nur einmal innerhalb eines Jahrhunderts bewältigt werden müsse. Sie appellierte an die Bürger, in dieser "entscheidenden und kritischen Phase", dass alle mitmachten und die Regeln befolgten. "Ich persönlich bin der Meinung, dass wir die Mittel in der Hand haben, um mit diesem Virus umzugehen", sagte sie. "Und das ist uns im März ja auch schon gelungen." Wichtig sei die Beschränkung von Kontakten.

Müller nannte die Beschlüsse am Donnerstag im rbb-Inforadio einen "Schritt nach vorn". Es habe eine breite Verständigung in der Runde gegeben, es sei aber auch "viel Sorge" da. In Berlin seien viele der am Mittwoch beschlossenen Maßnahmen bereits in Kraft. Wo die erweiterte Maskenpflicht infrage komme, müsse der Senat nun beraten. "Wir müssen mal sehen, ob es auch auf öffentlichen Plätzen wirklich Sinn macht." Bei der Begrenzung von privaten Feiern appellierte Müller an die Eigenverantwortung der Berlinerinnen und Berliner - "wir können und wollen nicht vor jede Wohnungstür einen Polizisten stellen".

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte zu den Beherbergungsverboten dem rbb: "Ich weiß, dass viele Berliner sauer sind, ich weiß auch dass in Brandenburg viele Menschen sauer sind, weil sie Menschen nicht unterbringen können." Auf der anderen Seite stehe eine riesige Herausforderung vor der Tür, die nur bewältigt werden könne, wenn die Kontakte deutlich wieder beschränkt würden. Er sei überzeugt, dass es in den kommenden Wochen "noch deutlich schwierigere Entscheidungen" brauche, sagte Woidke auf Radioeins.

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Neuinfektionen auf Höchststand seit Beginn der Pandemie

Wenige Stunden nach der Runde im Kanzleramt gab das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Rekordzahl von Coronavirus-Neuinfektionen in Deutschland bekannt. Wie das RKI am Donnerstagfrüh unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden binnen eines Tages 6.638 neue Ansteckungsfälle erfasst - die bislang höchste Zahl in Deutschland seit Beginn der Pandemie.

In Berlin waren die Corona-Zahlen zuletzt überdurchschnittlich hoch. Die Gesundheitsämter meldeten am Mittwoch 503 neue Fälle. Auch in Brandenburg bleibt die Dynamik des Infektionsgeschehens auf hohem Niveau: Am Mittwoch wurden erstmals seit April wieder mehr als 100 neue Fälle registriert.

Sendung: Inforadio, 14.10.2020, 20:00 Uhr

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