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Quelle: imago images/Joachim Sielski

Kommentar | Pro Bundesliga-Start

Der Sieg der Sachlichkeit

Die Politik hat der Fußball-Bundesliga grünes Licht für eine Fortsetzung der Saison gegeben. Ab Mitte Mai darf es mit Geisterspielen weitergehen. Damit siegt die Sachlichkeit gegenüber populistischen Stimmen, kommentiert Till Oppermann.

Was seit Dienstag schon nach und nach durchsickerte, ist nun klar: Die Bundesliga darf ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen. Endlich! Denn vielleicht kehrt durch die gemeinsame Entscheidung der Ministerpräsidenten und der Bundesregierung nun endlich die Sachlichkeit in die populistische Debatte um den Profifußball zurück. Was den Fußballern gerne vorgeworfen wird - nämlich eine groteske Überhöhung ihrer selbst - betrieben viele Kritiker in den letzten Wochen.

Etwa wenn der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach auf seiner Tingeltour durch die Talkshows immer wieder behauptete, die Bundesliga blockiere wichtige Testkapazitäten. Gerne spielte er Krankenpfleger und Verdachtsfälle auf der einen und die Spieler und Betreuer auf der anderen Seite gegeneinander aus. Dabei kann bei Hunderttausenden ungenutzten Tests pro Woche sicher nicht die Rede davon sein, dass die DFL die Politik daran hindern würde, für eine flächendeckendere Testung im Gesundheitssystem zu sorgen.

Contra-Kommentar

Kommentar | Contra Bundesliga-Start

Der Fußball darf, was andere nicht dürfen

    

Profifußball ist eine Wirtschaftsbranche und keine Spaßveranstaltung

Die Liga zahlt selbst für ihre wöchentlich geschätzt 3.600 nötigen Abstriche. Dass sie dafür die finanzielle Kraft besitzt, stößt vielen sauer auf. Millionengehälter für Sportler seien sozial unverträglich. Dabei geht es um viel mehr als protzige Sportwagen und Goldsteaks. Allein im letzten Jahr führte die DFL 1,4 Milliarden Euro ans Finanzamt ab. Profifußball ist eine Wirtschaftsbranche und keine Spaßveranstaltung.

Hertha-BSC-Finanzvorstand Ingo Schiller bringt das im rbb-Interview auf den Punkt: Liga und Vereine hätten ein Angebot gemacht, wie ihr Wirtschaftsbetrieb weiter gehen könne. "Wir nehmen keine Sonderrolle ein, dagegen verwehre ich mich total", sagt auch Union-Präsident Dirk Zingler der "Berliner Morgenpost".

Die Rechnung ist einfach: keine Spiele, keine Einnahmen. Schon vor einem Monat drohte nach Informationen des "Kickers" 13 von 36 Vereinen aus den ersten beiden Ligen die Pleite. Und dann wären nicht nur die Jobs der hochbezahlten Kicker in Gefahr. Auch die rund 60.000 Beschäftigten der Bundesligavereine stünden vor dem Nichts. Umso mehr verwundert der Vorwurf, die DFL nehme sich zu wichtig. Sie kann gar nicht anders.

Hintergrund

DFL-Entscheidung

Bundesliga geht am 15. Mai mit Geisterspielen weiter

    

Die Liga steht unter Beobachtung - das ist richtig

Skandälchen wie die Aufregung um den vereinsseitigen Maulkorb für den Kölner Spieler Birger Verstraete, der sich kritisch über die Fortsetzung der Saison äußerte, und das Live-Video des Hertha Stürmers Salomon Kalou beweisen, unter welch scharfer Beobachtung die Liga steht. Das hilft bei der Einhaltung der Hygienevorschriften. Die verpatzte Generalprobe sensibilisiert die Vereine. Weitere Verfehlungen wären enorm peinlich. Denn nicht nur die Kritiker in Deutschland betrachten das Geschehen mit Argusaugen.

Solange bei der Konkurrenz in England, Frankreich, Italien und Spanien weiter der Ball ruht, genießt die Liga eine enorme Aufmerksamkeit. Auch in diesen Ländern würden die Klubs gern spielen. Sie müssen wegen des bedrohlicheren Infektionsgeschehens verzichten. Gerade deshalb verbietet sich in meinen Augen ein weiteres Gegenargument: Viele befürchten, dass tumbe Trottel jetzt die Kontaktverbote missachten, um die Spiele gemeinsam zu gucken. Ich finde das anmaßend. Schließlich haben auch die Millionen Fußballfans dazu beigetragen, dass die erste Welle des Virus hierzulande verhältnismäßig glimpflich ablief.

Auch der Freizeitsport profitiert

Auch Freizeitsportler profitieren von der Lobbyarbeit der Fußballfunktionäre. Bewährt sich der Spielbetrieb unter strengen Hygienevorschriften und ohne Publikum, sammeln die gut eine Million Mitglieder der Sportvereine in Berlin und Brandenburg Argumente, demnächst selbst wieder in Bewegung zu kommen. Und das muss doch das Ziel für das Leben mit dem Virus sein: Vorsicht, wo sie geboten ist, und Freiheit, wo sie möglich ist.

Sendung:  rbbUM6, 06.05.20, 18:00 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

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