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Video: Brandenburg aktuell | 30.10.2020 | Christoph Hölscher | Quelle: dpa/Soeren Stache

Sondersitzung des Landtags

Woidke verteidigt Corona-Maßnahmen - AfD spricht von "Panikmache"

In einer teils erregten Sondersitzung im Brandenburger Landtag haben die Fraktionen über die neuen Corona-Regeln diskutiert. Ministerpräsident Woidke nannte die Maßnahmen hart, aber "verhältnismäßig". Vonseiten der AfD kam deutliche Ablehnung.

Der Brandenburger Landtag ist am Freitag zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um über die geplanten Corona-Maßnahmen zu debattieren. Dabei lieferten sich die Fraktionen teilweise heftige Wortgefechte.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief Bürger und Unternehmen zur Unterstützung beim geplanten Teil-Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf. "Die verabredeten Maßnahmen sind hart, aber sie sind notwendig, und sie sind auch verhältnismäßig", betonte Woidke in der Sondersitzung vor den Entscheidungen des Kabinetts zu den neuen Beschränkungen. Die Entwicklung der Pandemie mit ständig steigenden Infektionszahlen sei besorgniserregend. Bund und Länder hätten sich deshalb bewusst dazu entschieden, einheitliche Regeln zu vereinbaren.

Hart seien die Kontaktbeschränkungen für alle Bürger und die Schließung der Betriebe in der Gastronomie sowie der Freizeit- und Kultureinrichtungen, räumte Woidke ein. Die betroffenen Branchen würden aber angemessen finanziell unterstützt. Die Pandemie könne nur wirksam bekämpft werden, wenn es eine große Akzeptanz der Beschränkungen in der Bevölkerung gebe. Nur so habe man im Frühjahr die erste Pandemie-Welle brechen können. "Gemeinsam schaffen wir das auch jetzt - gemeinsam brechen wir auch die zweite Welle", versicherte Woidke.

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Nonnemacher: "RKI-Landkarte auch im Osten tiefrot"

Auch Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sprach von einer beängstigenden Entwicklung. Inzwischen seien 16 von 18 Landkreisen und kreisfreien Städten Corona-Risikogebiete. "Die Landkarte des Robert-Koch-Institus färbt sich inzwischen auch im Osten tiefrot", mahnte sie. "In 14 Tagen werden wir noch mehr Fälle von schweren Krankheitsverläufen auf unseren Intensivstationen haben." Daher seien drastische Maßnahmen zur Einschränkung der Infektionszahlen der richtige Weg.

CDU-Fraktionschef Jan Redmann verwies darauf, dass sich die Zahl der belegten Intensivbetten seit gut einem Monat von Woche zu Woche verdoppelt habe. Wenn sich dieser Trend fortsetze, seien in fünf Wochen mit 640 alle Intensivbetten belegt. Daher müsse die Landesregierung mit allen Mitteln einer Überforderung des Gesundheitssystems entgegenwirken.

Berndt: "Ihre Corona-Politik ist falsch"

Scharfe Kritik an den Verordnungen kam vonseiten der AfD. In seiner ersten Rede als AfD-Fraktionschef bezeichnete Hans-Christoph Berndt die neuen Corona-Regeln als "Panikmache". "Ihre Corona-Politik ist falsch und macht den Menschen Angst", so Berndt. "Von einer Überforderung des Gesundheitssystems waren wir während der gesamten Pandemie weit entfernt, und wir sind es auch heute noch", sagte er.

In Brandenburgs Krankenhäusern müssten aktuell 20 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch beatmet werden, dies beanspruche nur zwei Prozent der Intensivbetten. "In dieser Situation verursachen Sie mit Ihrer Politik große Kollateralschäden", warf Berndt Ministerpräsident

Die Sterblichkeit bei Covid-19-Patienten reiche bei weitem nicht an die Werte der Spanischen Grippe heran, meinte Berndt. Die AfD-Fraktion forderte die Landesregierung daher in einem Entschließungsantrag auf, alle Corona-Beschränkungen aufzuheben und die Risikogruppen in der Bevölkerung zu schützen sowie medizinisch zu versorgen. Es gehe um Eigenverantwortung der Bürger, statt Bevormundung durch die Regierung, so Berndt.

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Kritik kam auch von den Linken. Die Maßnahmen seien zwar notwendig, sagte der Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter. Es sei aber nicht verständlich, dass etwa Kinos und Theater zumachen müssten, während die Menschen sich weiter in Einkaufszentren tummelten. Außerdem mahnte er mehr Beteiligung des Parlaments an und erneuerte seine Forderung, Solo-Selbstständigen ein monatliches Grundgehalt in Höhe von 1.180 Euro aus Landesmitteln zu zahlen.

Die Freien Wähler forderten von der Landesregierung, von der Schließung der Gaststätten ganz abzusehen. Nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts seien Infektionen in Gaststätten praktisch bedeutungslos, sagte der Fraktionsvorsitzende Péter Vida. Zudem werde durch eine Schließung der Gaststätten ein gefährlicher Prozess in Gang gesetzt. "Statt im sicheren öffentlichen Raum, trifft man sich dann ohne Abstand und Maske privat."

Stohn: "Müssen erst Menschen sterben?"

Grünen-Fraktionschefin Petra Budke verwies dagegen darauf, dass für die rot-schwarz-grüne Koalition das Offenhalten der Schulen und Kitas absolute Priorität habe. "Denn Kinder, Jugendliche und Eltern haben im Frühjahr am meisten unter den Beschränkungen gelitten." Die Existenz der von Schließungen betroffenen Betriebe und Einrichtungen müsse aber durch schnelle und unbürokratische finanzielle Unterstützung gesichert werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Erik Stohn warb um Verständnis. Die Lage sei angespannt, die Zahl derjenigen, die wegen Corona stationär behandelt werden müssen, steige rasch an. Die Katastrophe wäre erreicht, wenn die Krankenhauskapazitäten nicht mehr ausreichen würden, so Stohn. Den AfD-Fraktionsvorsitzenden Berndt griff er scharf an. "Müssen erst Menschen sterben, damit die AfD bereit ist, zu handeln?", fragte Stohn.

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Die Anträge der Opposition wurden jeweils von einer Mehrheit des Landtags abgelehnt. Am Nachmittag wollte das Kabinett über die neuen Corona-Beschränkungen entscheiden.

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In Reaktion auf dramatisch steigende Infektionszahlen hatten sich die Ministerpräsidenten zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch auf die einschneidendsten Schritte seit dem Frühjahr verständigt. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem die Schließung von Hotels, Restaurants, Kinos und Theater für den gesamten Monat November. In dieser Zeit sollen sich auch nur wenige Menschen öffentlich treffen dürfen. Kitas und Schulen bleiben hingegen offen.

Der Berliner Senat hatte die Maßnahmen bereits in einer Sondersitzung am Donnerstagabend beschlossen und sich dabei weitgehend an die Vorgaben von Bund und Ländern gehalten. Einzig für Kinder bis 12 Jahren gilt eine Ausnahme - sie dürfen gemeinsam im Freien Sport treiben.

Sendung: Heute im Parlament, 30.10.2020, 10 Uhr

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