Angewandte und Molekulare Mikrobiologie an der TU Berlin - Die Schimmelpilz-Forscherin

Do 16.01.14 | 16:47 Uhr | Von Ina Krauß (Text: Anna Behrend)

Pelzig, übelriechend und ungenießbar: Schimmel verbinden die meisten Menschen mit verdorbenen Lebensmitteln. Prof. Dr. Vera Meyer hingegen gerät regelrecht ins Schwärmen, wenn sie über Schimmelpilze spricht. Die Professorin für Angewandte und Molekulare Mikrobiologie erforscht an der Technischen Universität Berlin die nützlichen Eigenschaften dieser sogenannten Hyphenpilze. Im Audio-Beitrag erzählt die Forscherin von der Schönheit des Schimmels und warum er sogar für die Energieversorgung der Zukunft von Bedeutung ist.

Im feuchten Badezimmer oder auf dem vergammelten Brot können Schimmelpilze krank machen - gleichzeitig lassen sich mit ihrer Hilfe aber Medikamente herstellen. Mit dem bloßen Auge betrachtet sind sie eklig - unter dem Mikroskop aber enthüllen sie ihre wahre Schönheit: Es ist diese Zweideutigkeit der Schimmelpilze, die die Mikrobiologin Vera Meyer so fasziniert.

Produzenten nützlicher Säuren und Enzyme

Bei ihrer Forschung an der Technischen Universität Berlin untersucht die Professorin die nützlichen Eigenschaften der Schimmelpilze – vornehmer auch Hyphenpilze genannt. Mit deren Hilfe, so Meyer, lassen sich außer Medikamenten auch viele weitere nützliche Säuren und Enzyme herstellen. Schimmelpilze seien daher "einige der wichtigsten Mikroorganismen in der Biotechnologie" erklärt die Forscherin.

Pilze als Biokraftstoff-Produzenten

Bei ihrer Forschung geht es Vera Meyer darum, etwas zu verstehen, das letztendlich einen Nutzen für die Gesellschaft hat und den Menschen ein besseres, gesünderes Leben ermöglicht. Schimmelpilze, so Meyer, haben sogar eine Bedeutung für die Energieversorgung der Zukunft: Auch bei der Gewinnung von Biodiesel kommen sie zum Einsatz. Dies sei ein weiterer wichtiger Grund, so die Wissenschaftlerin, die Funktionsweise dieser Organismen zu verstehen.

Schwarzschimmel als Tausendsassa unter den Pilzen

Besonders interessiert sich Vera Meyer für "Aspergillus Niger", den schwarzen Gießkannenschimmel. Dieser Pilz, der sich auf verdorbenen Lebensmitteln in Form unerwünschter schwarzer Flecken breit macht, wird in der Industrie eingesetzt, um im großen Stil Zitronensäure herzustellen. Auch Enzyme für die Waschmittelproduktion gehören zu den Stoffwechselprodukten, die "Aspergillus Niger" erzeugen kann.

Verstehen, wie die Natur funktioniert

Die Forscher am Fachgebiet Angewandte und Molekulare Mikrobiologie der TU Berlin wollen verstehen, durch welche Prozesse Schimmelpilze diese nützlichen Stoffe produzieren. Langfristiges Ziel ist es, die Produktion so zu beeinflussen, dass möglichst viel von dem gewünschten Produkt hergestellt wird. "Wir haben eine angewandte Frage, aber letztendlich zoomen wir dann rein in die Zelle und wollen tatsächlich verstehen, wie Natur funktioniert", erklärt Vera Meyer.

Ein Netzwerk aus Zehntausenden von Genen verstehen

Dazu schauen die Forscher sich die Gene, also die Erbgutinformationen, der Pilzzellen an. Sie versuchen zu verstehen, wie diese zusammenwirken, um beispielsweise Zitronensäure herzustellen. "Wir gucken uns parallel das Zusammenwirken von Tausenden von Genen an", sagt Vera Meyer, "Aspergillus Niger hat sogar 14.000 Gene. Das heißt, wir zoomen rein in die Zelle und schauen gleichzeitig: Was machen all diese 14.000 Gene? Und hoffen so, dieses Netzwerk, dieses System zu verstehen."

Nicht eklig sondern wunderschön

Doch es ist nicht nur der Nutzen, sondern auch die Schönheit der Hyphenpilze, von der Vera Meyer begeistert ist. "Sie müssen einmal durch ein Mikroskop geschaut haben", beteuert sie, "die sind wunderschön. Es sind wunderschöne Morphologien und es ist unglaublich, wie aus diesem Chaos vollendete Strukturen entstehen." Besonders beeindruckend sei es, wenn die Zellen leuchtend eingefärbt würden. Laut Meyer ist das, als würde man "nachts auf Mexiko-City anfliegen. Es ist dunkel und dann sehen Sie da beleuchtet die Highways oder die Gebäude. Das ist so ein Moment, das erleben Sie unter dem Mikroskop. Und dann ist man gefesselt."

Beitrag von Ina Krauß (Text: Anna Behrend)

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